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2.1 Die Thematisierung von Jugend als Indiz für Modernisierung

2.1.1 Standardisierung des Lebenslaufs

Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften

Das Bedürfnis, sein eigenes Leben niederzuschreiben, die verschiedenen Lebensetappen in eine nahezu geschlossene Form zu bringen, kann auch mit gesellschaftlichen Veränderungen zusammenhängen. Ein Kennzeichen für Modernisierungsprozesse, die Einfluss in Gesellschaften bekommen, ist der Grad des individuellen Bewusstseins hinsichtlich der eigenen Rolle und Funktion im System, hinsichtlich einer sinnstiftenden Verknüpfung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sowie der Blick auf die eigene Kindheit und Jugend.

Man kann außerdem davon ausgehen, dass es sich bei der zunehmenden Beschäftigung mit Jugend aus individueller wie aus öffentlicher Perspektive ebenfalls um ein Modernisierungsphänomen handelt. Moderne Gesellschaften sind durch Ausdifferenzierungen geprägt, das heißt, ihre Systeme und deren Funktionsweisen haben sich verfeinert und vielfach aufgeteilt. Dies betrifft auch die Arbeitsvorgänge, das politische Geschehen und die soziale Gliederung einer Gesellschaft. Zugleich aber sind die einzelnen Mitglieder einer Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen in komplexe Strukturen eingebettet.

Standardisierung und Normalbiographie

Eine erste Folge dieser Modernisierung zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts war eine eindeutige Regelung des Lebenslaufs und seine Standardisierung. Darunter wird hier folgendes verstanden: Durch feste und institutionell begleitete Vorgaben wie Schulpflicht und Berufsqualifizierung sowie durch sozialpolitische Regelungen, wie beispielsweise die der Altersversorgung, wurden die Lebenswege in mehr oder weniger feste Abschnitte eingeteilt. Der Lebenslauf des Einzelnen schien bei aller Individualität standardisiert und institutionell gerahmt.

Auch die Aufmerksamkeit für Jugend erschließt sich durch ein allgemeines Interesse an einem normierten Lebenslauf. Somit kristallisierten sich allmählich männliche und weibliche „Normalbiographien“ heraus, zu denen, je nach sozialer Herkunft, eine spezifisch gestaltete Jugendzeit gehörte. Gegenwärtig geht man angesichts struktureller ökonomischer, politischer und sozialer Veränderungen von einer „Destandardisierung“ des Lebenslaufs aus, weil sowohl die Beschäftigungs- als auch die Geburtenquote auf absehbare Zeit die Biographien stark verändern werden. Eine wichtige Frage ist derzeit auch, in welchem Ausmaß die Gestaltung der Jugendphase davon betroffen ist. Erste Konsequenzen zeigen sich in Deutschland zum Beispiel im Bereich der Berufsausbildung. So verliert beispielsweise die im zwanzigsten Jahrhundert etablierte duale Ausbildungsstruktur von Betrieb und Berufsschule an Bedeutung.

Einführung in die Jugendforschung

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