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Der Weg dorthin

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Die Tranceinduktion beginnt damit, dass sich die Klienten im Hier und Jetzt wahrnehmen dürfen. Sie können dabei die Augen offenlassen und einen Punkt fixieren oder sie bereits schließen. Viele Klienten wählen eine bequeme Haltung und legen die Beine auf einen Hocker. Die gesamte Induktion ist im Anhang (s. S. 289) komplett abgedruckt.

Zuerst wird der Körper an verschiedenen Stellen wahrgenommen und dann die Atmung symbolisiert. In einem dritten Schritt folgt der Weg zum sicheren Ort über eine Treppe.

Regen Sie dazu an, in den eigenen Körper zu fühlen und den Kontakt zur Umgebung zu spüren. Dies entspricht der ersten Ebene. Dann beginnen Sie mit den Händen und den Armen bis zu den Schultern. Anschließend lassen Sie Kopf und Nacken entspannen und gehen den Körper abwärts.

Sobald der Oberkörper mit seinen Atembewegungen angesprochen wird, laden Sie als zweite Ebene dazu ein, dem Weg des Sauerstoffs zu folgen. Viele Klienten stellen sich ein kleines Luftbläschen vor, dem sie gedanklich auf seinem Weg in den Körper folgen. Um eine Muskelentspannung zu initiieren, wird der Weg des Sauerstoffs bis in jede Muskelzelle imaginiert. Dort angekommen, suggerieren Sie die Entspannung aller Muskelzellen.

Mit der dritten Ebene beginnen Sie, wenn die Beine erspürt werden. Hierzu werden die Klienten auf einer imaginären Treppe in 20 Schritten4 an ihren sicheren Ort geführt. Die Trancevertiefung wird mit jedem Schritt suggeriert, ebenso die weitere Entspannung der Muskelzellen.

Der Verwirrtechnik von Milton H. Erickson (Erickson, Rossi u. Rossi 1976) folgend können Sie die drei verschiedenen Ebenen zunehmend ineinanderfließen lassen. Ziel ist es, am Ende der Treppe an einem sicheren Ort anzukommen. Die Treppe kann nach oben oder unten führen. Auf den letzten Stufen machen Sie verschiedene Angebote, wie dieser Ort aussehen kann. Dazu gehören schöne Urlaubsorte ebenso wie fiktive Orte aus Filmen oder Büchern. Auch fantastische Ziele wie eine Wolke sollten im Angebot sein. Für manche Menschen ist es einfach nur eine Farbe oder ein Gefühl.

Je offener Ihre Angebote sind, desto mehr Entfaltungsmöglichkeiten hat der Klient. Es ist wichtig, sich als Therapeut des eigenen Wahrnehmungstyps bewusst zu sein. Wenn Sie – wie die meisten Menschen – ein überwiegend visueller Typ sind, sollten Sie ganz bewusst auch andere Ebenen mit anbieten, damit sich Ihr Klient gegebenenfalls wiederfindet.

Sie können stattdessen natürlich jede Ihnen bereits vertraute Methode anwenden, um einen Klienten an einen sicheren Ort zu führen. Sollte für Sie eine andere Reihenfolge der Körperwahrnehmung passender sein, dann wählen Sie Ihre Variante. Ich halte es für sehr wichtig, dass Sie als Therapeut authentisch sind in Ihrer Klientenbegleitung. Für einen guten Rahmen ist es unerlässlich, dass auch Sie sich wohlfühlen!

Während der Tranceinduktion und der gesamten Körperreise darf der Klient jederzeit unterbrechen, wenn etwas Besonderes auftaucht. Ansonsten folgt er den Anleitungen zum sicheren Ort passiv. Sollten Sie sich während der Induktion versprechen, einzelne Stufen weglassen oder sie mehrfach benennen, ist es kein Grund zur Beunruhigung. Das kritische Bewusstsein des Klienten wird damit beschäftigt, sodass das Unbewusste noch besser entspannen kann. Auch inhaltliche Unstimmigkeiten harmloser Art können zur Trancevertiefung dienen. So sage ich gerne:

»… Spüren Sie mal in Ihre Arme … ist der linke leichter als der rechte … oder der rechte schwerer als der linke …«

Das entspricht der ericksonschen Verwirrtechnik (ebd.).

Praxis

Der Klient wird aufgefordert, eine bequeme Haltung einzunehmen. Diese darf jederzeit noch verändert werden. Gerade in den ersten Sitzungen ist es wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen, dass ein Klient die Sitzung unterbrechen darf. Wenn die Haltung unbequem ist, kann keine gute Entspannung erfolgen. Auch das Ausprobieren, ob die Augen lieber geschlossen werden oder offenbleiben, können Sie aktiv unterstützen.

THERAPEUT Ich lade Sie nun ein, eine möglichst bequeme Haltung einzunehmen … die jederzeit noch verändert werden kann … um dann erst einmal einen tiefen Atemzug zu nehmen … Sie können immer unterbrechen, wenn irgendetwas ist … und mir Bescheid geben …

Während Sie nun erst einmal tief ein- und ausatmen … können die Augen offenbleiben oder schon geschlossen werden … und solange Sie jetzt meinen Worten folgen … kann Ihr bewusstes Denken gut auf Sie aufpassen … je mehr Gedanken sich einmischen … umso besser kann das Unbewusste den inneren Bildern folgen …

Ein unerfahrener Klient hat anfangs oft kritische Gedanken, die ihn von seinen Körperwahrnehmungen ablenken. Je selbstverständlicher Sie diese als normal mit ansprechen, umso wohler fühlt sich der Klient in seiner neuen Rolle.

THERAPEUT Nun lade ich Sie ein, in Ihren Körper zu spüren … alles, was Sie wahrnehmen, ist okay … nehmen Sie einmal den Kontakt zur Rückenlehne wahr … und spüren in Ihre Hände … fühlen in jeden Finger … wie ist der Unterschied zwischen links und rechts … und gehen dann auf die Arme über … ist der rechte Arm schwerer als der linke … oder der linke leichter als der rechte … wo liegt er auf … und gehen dann auf die Schultern über …

Zwischendurch eingestreute Pausen sind sehr wichtig. Wenn eine Wahrnehmung angeregt wird, braucht der Klient Zeit, dieser nachzuspüren. Sie können Ihr eigenes Tempo testen, indem Sie Ihre Tranceinduktion einmal aufnehmen (Diktiergerät oder Handy) und sich selbst als Ihr Klient die Aufnahme anhören. In den meisten Fällen kommt man sich in der Rolle des Therapeuten schon sehr langsam vor, empfindet es aber als Klient immer noch als schnell. Bei geübten Klienten ändert sich dies häufig, da deren Unbewusstes dem Therapeuten schon voraus ist und weiß, was kommt.

Neben abschweifenden Gedanken können auch andere Körperwahrnehmungen den Klienten irritieren. Dem können Sie durch eine Formulierung vorbeugen:

THERAPEUT Und während Sie so den Körper wahrnehmen … können sich auch andere Stellen melden … nachdem Sie kurz dorthin gespürt haben … können Sie meinen Worten weiter folgen …

Von den Schultern wandern Sie den Nacken nach oben … können hier einfach loslassen … den Kopf mit jedem Atemzug mehr und mehr locker auf den Schultern ruhen lassen … den Kiefer leicht öffnen … und fallenlassen …

Wenn Sie jetzt wieder zu den Schultern gehen … lade ich Sie ein … den Rücken abwärts zu spüren … wo fühlt er sich am besten an? … um dann in den Brustkorb zu fühlen … den Atembewegungen zu folgen … täglich atmen wir unzählige Male … unbewusst … und ich lade Sie ein, mal dem Sauerstoff auf seinem Weg in den Körper zu folgen … vielleicht wie einer kleinen Luftblase … durch die Nase … den Rachen … über den Kehlkopf in die Bronchien …

So haben Sie bereits die zweite Ebene der Trancegeschichte begonnen, und beide Ebenen laufen nun parallel.

THERAPEUT Sie können auch den unteren Rücken spüren … während der Sauerstoff weiterwandert … die Bronchien verzweigen sich wie die Äste eine Baumes … nach oben und … immer tiefer … in eine immer tiefere Entspannung … atmen dann in den Bauch …

Bei den Begriffen »tiefer« und »Entspannung« sollten Sie auch Ihre Stimme tiefer werden lassen. Die kursiv gesetzten Worte können Sie anders betonen als den Rest. Es wäre schön, wenn Sie ihnen eine gewisse Tiefe geben könnten. Dies bezieht sich sowohl auf die Betonung als auch die Tonhöhe. Es bedarf unter Umständen einiger Übung.

THERAPEUT Das kleine Luftbläschen kann, in der Lunge angekommen, seine Reise ins Blut fortsetzen … durch den ganzen Körper … während Sie einmal in Ihr Becken spüren … das sich, je länger Sie jetzt ruhen … umso schwerer anfühlt … mit dieser gewissen Leichtigkeit …

Der Widerspruch »schwerer … Leichtigkeit« beschäftigt das bewusste Denken, sodass die Trance dadurch vertieft wird.

THERAPEUT Bis der Sauerstoff an jeder Muskelzelle ankommt … und ich lade Sie ein, mal genau hinzusehen … wie es aussieht, wenn die Zelle … aufatmet … und vielleicht etwas heller wird … wie es sich anfühlt, wenn Zelle für Zelle aufatmet … und loslässt

Spüren Sie auch einmal in Ihre Beine … wo liegen sie auf … wie ist der Kontakt zur Unterlage … Beine führen durchs Leben … ich lade Sie ein, sich vor dem inneren Auge eine Treppe vorzustellen, die nach oben oder unten in die noch tiefere Entspannung führt … zu Ihrem sicheren Ort … wie auch immer der aussehen mag …

Nun kommt die dritte Ebene hinzu, die parallel eingewoben wird.

THERAPEUT Und während ich von eins bis zwanzig zähle, gehen Sie Schritt für Schritt auf dieser Treppe in eine noch tiefere Entspannung … spüren hier in Ihren Körper … während Zelle für Zelle aufatmetund loslässt

Eins … zwei … drei … vielleicht ist die Treppe ganz deutlich … oder auch diffus … in die Beine atmen … vier … fünf … sechs … Stufe für Stufe zu Ihrem sicheren Ort … wie fühlen sich die Unterschenkel an? … sieben … acht … neun … während immer mehr Zellen aufatmen … das bewusste Denken passt auf Sie auf, während das Unbewusste immer tiefer entspannen kann … zehn … elf … zwölf … Sie können schon ganz gespannt sein, wie Ihr sicherer Ort aussieht … dreizehn … vierzehn … fünfzehn … und spüren in die Füße, die Sie sicher durchs Leben tragen … sechzehn … siebzehn … achtzehn … der Ort kann eine schöne Erinnerung sein … ein Urlaubsort … drinnen oder draußen … neunzehn … aber auch eine Wolke … eine Farbe oder nur ein Gedanke, ein Gefühl … oder etwas ganz anderes … zwanzig … … ankommen … …

Der Klient braucht etwas Zeit, sich zu orientieren. Dann erfragen Sie, genauso wie in der Landschaft bei der Spiegeltechnik, alle Wahrnehmungsebenen (s. »Arbeit am äußeren sicheren Ort«, S. 40).

Lassen Sie sich berichten, ob der Klient auf seiner Treppe nach oben oder unten gegangen ist. Auch das Aussehen der Treppe sollte festgehalten werden (s. Kap. 19.1). So können Sie ihn später wieder zurückführen und in den nächsten Sitzungen entsprechend begleiten.

THERAPEUT Nun gehen Sie wieder auf Ihrer Holztreppe mit 20 Schritten nach oben zu ihrem Nordseestrand …

Imaginäre Körperreisen

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