Читать книгу Imaginäre Körperreisen - Sabine Fruth - Страница 20

4 Der Körper von innen 4.1 Die Reise im Körperinnern

Оглавление

In Kapitel 3 wurde gezeigt, wie der Klient auf unterschiedliche Weise in seinen Körper geführt wird. In allen Fällen sollten Sie an dieser Übergangsstelle Angebote machen, wie es im Körper aussehen kann.

Die Wahrnehmung des eigenen Körpers von innen wird in der Imagination individuell übersetzt. Alle früheren Erlebnisse dieses Menschen sind mit verantwortlich für das entstehende Bild. Das Gehirn Ihres Gegenübers ist einzigartig und kann daher auch einzigartige Bilder entstehen lassen.

Der Körper von innen kann aussehen wie

•in der Anatomie/Physiologie

•in einer Landschaft

•in einer Science-Fiction-Welt

•in einer Geschichte aus einem Buch oder Film

•in einem Computerspiel

•eine Farbe

•ein Gefühl

•oder ganz anders.

Machen Sie Angebote, die zu Ihrem Klienten je nach Alter und Gewohnheiten passen könnten. Am Ende Ihrer Einladungen, wie es im Körper aussehen könnte, sollte immer »oder ganz anders« stehen. Dadurch erhält der Klient den Spielraum zu eigenen neuen Varianten. Fühlen Sie sich als Lotse und Begleiter – niemals als Kommandant oder für den Weg der Reise Verantwortlicher. Lassen Sie den Klienten im Körper ankommen und rückmelden, was er wahrnimmt.

Das Spiegelbild kann zu Fuß unterwegs sein, es kann schweben, schwimmen oder sich an Orte »beamen«. Eine Alternative wäre, ein Transportmittel zu nutzen. Dies können Sie passend zum Einstieg anbieten.

Hier sind einige Varianten aufgelistet:

•eine Art U-Boot (wird gerne im Blut genutzt)

•Fahrzeuge wie Auto, Moped, Fahrrad

•ein Pferd (gerne bei Mädchen)

•ein Skateboard

•ein Schlitten (meist im Winter)

•auch Gleitschirm, Eisenbahn oder ein Papamobil

•oder etwas ganz anderes.

In einigen Fällen begegnen die Klienten zeitnah einem Begleiter. Dieser stellt ein erstes Helferwesen (s. Kap. 7) dar. Er gibt Sicherheit und kennt meist den Weg. Sollte der Klient ohne Begleitung im Körper unsicher sein, so kann das Angebot einer Helferfigur entlastend wirken.

Die Information, dass der Klient sein Spiegelbild jederzeit noch weiter verkleinern und durch Wände gehen kann, ist ebenfalls hilfreich. Zunächst darf er sich im Körper orientieren. Anschließend motivieren Sie ihn durch die Aussicht, etwas Positives zu erleben. Laden Sie dazu ein, den inneren Wohlfühlraum zu finden (nicht zu suchen!).

Praxis

In der Arbeit mit Erwachsenen ist es sinnvoll vorher zu besprechen, dass Sie gerne mit dem Spiegelbild im »Du« reden (Freigang u. Schütz 2013). Wenn ich es vorher vergessen habe, dann füge ich die Frage jetzt noch ein: »Ist es für Sie in Ordnung, wenn ich das Spiegelbild mit Du anspreche?« Das ist auch an dieser Stelle völlig unproblematisch.

Spiegelbild bei Erwachsenen

THERAPEUT Kleines Spiegelbild, du kannst nun ganz gespannt sein, wie der Körper von innen aussieht … es kann irgendwie anatomisch aussehen … kann aber auch eine Landschaft sein … vielleicht wie in einer Geschichte aus einem Buch oder Film … manchmal ist es auch nur eine Farbe … oder etwas ganz anderes …

Es kann sein, dass du an einer Stelle noch kleiner werden musst … du kannst durch Wände reisen … in der Imagination ist alles möglich … vielleicht möchtest du auch ein Transportmittel nutzen … eine Art U-Boot, auf einem Pferd reiten oder etwas ganz anderes … alles, was kommt, ist genau richtig so …

Spiegelbild bei Kindern

THERAPEUT Kleines Spiegelbild, du kannst nun ganz gespannt sein, wie der Körper von innen aussieht … es kann irgendwie wie in einem richtigen Körper aussehen … kann aber auch eine Landschaft sein … vielleicht wie einer Geschichte aus einem Buch oder Film … wie in einem Computerspiel … es kann aber auch nur eine Farbe sein … oder etwas ganz anderes …

Es kann sein, dass du manchmal noch kleiner werden musst … du kannst durch Wände reisen … hier hast du Zauberkräfte, und alles ist möglich … vielleicht möchtest du auch auf einem Pferd reiten … auf einem Fahrrad fahren … einen Schlitten nehmen … oder etwas ganz anderes … alles, was kommt, ist genau richtig so …

Diese Angebote dürfen Sie individuell auf den Klienten zuschneiden. Ein Chirurg entwickelt sicherlich andere Bilder als ein Teenager. Trotzdem kann die Darstellung des Körpers von innen jederzeit wechseln. Eine Kombination beispielsweise aus Physiologie, Zeichentrick und Landschaften ist durchaus möglich.

Der magische Schritt

THERAPEUT Vielleicht ist der Spiegel auch ein magisches Tor, und Sie können einfach hindurchtreten … und landen dann im Körperinnern … wenn das der Fall ist, können Sie ganz gespannt sein, wie der Körper von innen aussieht …

Sobald der Klient diesen Schritt gemacht hat, ist er auf einer anderen Ebene. Die nächste Dissoziation ist erfolgt. Statt des Spiegelbilds ist hier ein kleines Ich direkt unterwegs – klein deshalb, weil das Ich nun im Körper der großen Person reist. Es ist hilfreich, auch diesen inneren Anteil, der durch diesen Schritt entwickelt wurde, beim Vornamen und mit Du anzusprechen. Für einige Kollegen ist dies nicht stimmig, und sie bleiben beim Sie und der indirekten Anrede des Spiegelbilds im Sinne von »Sagen Sie bitte dem Spiegelbild, dass es …«

THERAPEUT Kleiner XY (Vorname des Klienten), du kannst nun ganz gespannt sein, wie der Körper von innen aussieht … es kann irgendwie anatomisch aussehen … kann aber auch eine Landschaft sein … …

Start vom äußeren sicheren Ort

Zunächst bitten Sie den Klienten, es sich an seinem sicheren Ort bequem zu machen. Nachdem er dort eine Leinwand aufgebaut hat, initiieren Sie daraufhin die Körperreise.

THERAPEUT Nun bitten Sie einmal Ihren inneren Filmvorführer, auf dieser Leinwand den Körper von innen darzustellen … Sie können ganz gespannt sein, wie das aussieht … es kann irgendwie anatomisch aussehen … kann aber auch eine Landschaft sein … vielleicht wie in einer Geschichte aus einem Buch oder Film … manchmal ist es auch nur eine Farbe … oder etwas ganz anderes …

Wenn auf der Leinwand ein Bild aufgebaut wurde, gibt es zwei Möglichkeiten, wie Sie weiter vorangehen:

Einstieg in die Leinwand

Wurde die Induktion über den äußeren sicheren Ort gewählt, weil zunächst eine Entspannungstrance gewünscht war, so kann der Klient nun direkt in den Körper geführt werden. Dazu wird das beschriebene Bild auf der Leinwand aufgegriffen.

THERAPEUT Nun lade ich Sie ein, in diese Leinwand einzusteigen … ein Teil von Ihnen kann dort eintauchen und auf die Reise gehen … während Sie ganz entspannt an Ihrem sicheren Ort sitzen … kann das kleine Ich, das dort unterwegs ist … wahrnehmen, wie es in Ihrem Körper aussieht …

Ebenso wie bei der Spiegeltechnik nehmen Sie mit dem kleinen Ich Kontakt auf und laden den Klienten dazu ein, sich damit zu assoziieren. Auch mit diesem Teil empfiehlt es sich, in die persönlichere Form im Du zu wechseln.

THERAPEUT Wenn ich nun mit diesem Teil spreche … lade ich dich, kleines Ich, ein, dich erst einmal zu orientieren …

Es kann sein, dass du an einer Stelle noch kleiner werden musst … du kannst durch Wände reisen … in der Imagination ist alles möglich … vielleicht möchtest du auch ein Transportmittel nutzen … eine Art U-Boot, auf einem Pferd reiten oder etwas ganz anderes … alles, was kommt, ist genau richtig so …

Die Körperreise erfolgt dann genauso wie bei der Spiegeltechnik.

Distanz wahren

Es gibt Fälle, in denen Sie oder der Klient Bedenken haben, in den Körper zu reisen. Dann ist es wichtig, die Distanz zur Leinwand aufrechtzuerhalten. Der Klient sitzt bequem an seinem sicheren Ort und betrachtet die Leinwand, ohne einzusteigen.

THERAPEUT Das Unbewusste kann Ihnen auf der Leinwand den Körper von innen zeigen … Lassen Sie sich überraschen, wie es dort aussieht … es kann irgendwie anatomisch aussehen … kann aber auch eine Landschaft sein … vielleicht wie in einer Geschichte aus einem Buch oder Film … manchmal ist es auch nur eine Farbe … oder etwas ganz anderes …

In diesem Fall sprechen Sie immer mit dem Teil, der dort am sicheren Ort sitzt. Zur Wahrung der Distanz soll er im Folgenden die Reise auf der Leinwand beobachten. Eine Assoziation ist zunächst unerwünscht. Bei dieser Form der Reise wechseln Sie nicht ins »Du«. Sollten im Verlauf sehr schöne Szenen im Körper kommen – wie zum Beispiel im Ressourcenraum –, kann die Distanz für kurze Zeit aufgehoben werden. Sie lassen sich den Klienten in diesem Fall mit dem Ich auf der Leinwand assoziieren.

Beginn der Reise

Egal, auf welchem Weg das kleine Ich in den Körper gelangt ist, kann die Reise nun beginnen. Sie sollten bereits früh erwähnen, dass der Weg zunächst zu einem angenehmen Ort führt. Die therapeutische Arbeit folgt erst nach einer vorherigen Stabilisierung durch das Auffinden von Wohlfühl- und Ressourcenraum (s. Kap. 5 und 6).

THERAPEUT Nun lade ich dich ein, dich erst einmal zu orientieren … vielleicht begegnet dir ein Helferwesen, das den Weg kennt … während du unterwegs bist zu deinem inneren Wohlfühlraum … der Stelle im Körper, an der es sich am besten anfühlt …

Die meisten Patienten gelangen mit ihrem Spiegelbild in den Körper. Daher beschreibe ich ab jetzt die Vorgehensweise bei den Körperreisen exemplarisch im Kontakt mit dem Spiegelbild. Bei den alternativen Einstiegen (magischer Schritt, äußerer sicherer Ort) erfolgt die Kommunikation stattdessen mit dem kleinen Ich oder dem reisenden Anteil.

KATJA, 29 JAHRE

KLIENTIN Das kleine Spiegelbild verschwindet durch eine Pore in der Hand, und da ist so ein Röhrensystem … ich schwimme irgendwie durch eine Flüssigkeit … vielleicht ist es das Blut …

THERAPEUTIN Kleines Spiegelbild, du kannst dich in Ruhe orientieren … durch diese Flüssigkeit schwimmen … wie auch immer das aussehen mag … ich lade dich ein, in deinem Tempo die Stelle im Körper aufzusuchen, an der es sich am allerbesten anfühlt … den inneren Wohlfühlraum … …

KLIENTIN … Jetzt ist da plötzlich eine Tür … die passt eigentlich nicht hierher …

THERAPEUTIN In dem Röhrensystem kann plötzlich ein ganz anderer Ort zu finden sein … das kann ein normaler Raum sein … eine Landschaft … eine Farbe … oder etwas ganz anderes … das Unbewusste spürt meist, wenn man am Wohlfühlraum angekommen ist …

KLIENTIN Ja, die Tür fühlt sich gut an … dahinter ist ein normales Zimmer …

In Trance ist es durchaus üblich, dass Bilder aus verschiedenen Ebenen ineinander übergehen. So können sich zum Beispiel anatomische Vorstellungen mit Zeichentrickfiguren und Bildern von richtigen Räumen oder Landschaften abwechseln.

LEVIN, 12 JAHRE:

KLIENT Ich gehe durch die Nase rein, und es sieht aus wie auf einer Eisenbahnplatte. Da kommt eine Lok, auf die ich mich setze … ich fahre durch eine Landschaft mit vielen Häusern … auf einem steht »Lunge« … »Magen« … und der Trafo ist das Herz …

Dieser 12-Jährige mit einer rheumatischen Erkrankung hat seine ganze Therapie auf dieser Eisenbahnplatte erlebt und dort erfolgreich gegen »die Mafia« gekämpft.

MONA, 42 JAHRE:

KLIENTIN Das Spiegelbild ist durch eine Pore in der Hand verschwunden und reitet nun auf einem Pferd den Arm rauf … Wenn es in den Rumpf kommt, ist da eigentlich alles nur eine Farbe … die Farbe ändert sich … es ist eher ein Gefühl …

Bei dieser Patientin – einer Reiterin – haben sich diffuse Farbwahrnehmungen immer wieder mit ganz konkreten Bildern von Landschaften und Räumen abgewechselt.

NICK, 12 JAHRE:

KLIENT Das Spiegelbild geht durch den Mund rein … es sieht aus wie bei Harry Potter … in Hogwarts … eins ist nur komisch, da liegt überall Schnee … und der kleine Nick fährt Snowboard …

Dieser Junge hat seine unklaren Gelenkbeschwerden rein symbolisch in seiner Harry-Potter-Welt erfolgreich therapiert, ohne dass er irgendetwas aufgedeckt hat.

Imaginäre Körperreisen

Подняться наверх