Читать книгу Phönixliebe - Sabrina Georgia - Страница 7
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Gedankenverloren starrte sie aus dem Fenster und beobachtete, wie sich eine männliche Gestalt in den Motorraum eines schicken alten Rolls Royce beugte. Tobi mochte die Arbeit an den Wagen ihres Vaters und Samantha sah ihm gern dabei zu. Es gefiel ihr, wenn er dieses Leuchten in den Augen hatte. Leider teilte nicht jeder ihre Vorliebe und so machte sich Benedikta, Sams beste Freundin, mal wieder Luft.
»Wäre es nicht langsam Zeit, etwas zu unternehmen, statt nur zu schmachten? Schnapp dir den Typ oder schieß ihn in den Wind, aber hör auf, ihn ständig zu beobachten! Das ist pervers.« Beni rollte mit den haselnussbraunen Augen und ließ sich auf Sams Bett nach hinten in die Kissen fallen.
»Ach Beni, wenn es nur so einfach wäre«, seufzte Samantha und riss sich von der Aussicht los, die sie in der Ferne erhaschte. Ein kurzer Blick auf ihre Freundin genügte und sie ließ das Thema fallen.
Benedikta Van Rosen war einfach nicht der Typ für romantische Gefühle. Sie liebte es pompös und überschwänglich, war von ihrer Energie eine echte Rothaarige, auch wenn sie sie meist in bunten Fransen trug. Die regenbogenfarbenen Haare waren jetzt, da sie in Sams Bett lag und an die Decke starrte, wild durchgewuschelt, doch sie standen ihr einfach fabelhaft. Die meisten Jungs flogen auf sie. Dagegen sah Samantha stets aus wie ein Mauerblümchen und fühlte sich auch so.
»Ich habe dir doch schon vor ein paar Jahren gesagt, dass ich dir dabei helfen könnte. Dieser Tobi scheint dich zu mögen, also glaube ich, wäre ein Schubs in die richtige Richtung nicht wirklich schlimm«, bot Beni Sam es abermals an und Samantha schüttelte zum geschätzt hundertsten Mal den Kopf.
»Das geht nicht. Deine Gedankenkontrolle wäre echt nicht der richtige Weg.«
Obgleich dieser Weg einfach war, denn Benedikta konnte normalen Menschen das tun lassen, was sie wollte. Samantha hatte aber nicht vor, es zu riskieren. Zum Glück für die Menschheit gehörte ihre Freundin zu den Guten und wandte ihre Gabe nicht allzu häufig an. Jetzt allerdings seufzte sie widerwillig und runzelte die Stirn.
»Wie du meinst. Aber du weißt, dass ich alles für dich tun würde, mein Schatz!«
Es klopfte und Sam öffnete mit einem Gedanken die Tür. Sie hatte ihre Mutter bereits gespürt. Alexandra Terrin wirkte blass und aus irgendeinem Grund fahrig, als sie Sam und Beni zum Tee nach unten einlud. Was hatte sie denn dieses Mal?
Ehe Samantha etwas entgegnen konnte, war sie auch schon verschwunden. Das Verhalten ihrer Mutter war merkwürdig, jedoch für Sam nicht unbedingt überraschend. Sie verhielt sich nie, wie andere es erwarteten. Leider hielten die anderen Vampirfamilien und die Normalsterblichen Alexa oftmals für verrückt.
»Geht es deiner Mutter gut? Sie macht mir heute einen besonders gestressten Eindruck.« Benedikta betrachtete die Tür, durch die Samanthas Mutter Alexandra verschwunden war und sah dann zurück zu Sam, die jetzt ihrerseits seufzte.
Seit sich Samantha erinnern konnte, war ihre Mutter scheinbar nicht sie selbst. Visionen quälten sie und niemand schien eine Lösung dagegen zu haben. Die Einzige, die Alexa ab und an Linderung verschaffen konnte, war Sams Tante Jessica, die während ihrer Anwesenheit die Gabe abschalten konnte. Das war jedoch wieder einige Zeit her. Jessica und ihr Mann Andreas Ludwig befanden sich auf irgendeiner Mission im Ausland. Das hatte Samantha zumindest aus ihrem Großvater heraus gequetscht.
»Du bist genauso neugierig wie Evelyn«, hatte Robert danach gebrummt, kurz darauf dennoch gelächelt, nachdem Sam ihn den besten Großvater der Welt genannt hatte. Sie liebte ihn!
»Hallo? Erde an Sam!« Beni war aufgestanden und fuchtelte mit den Händen vor Samanthas Gesicht herum. Ihre Augen funkelten amüsiert.
»Entschuldige. Ja, sie ist gestresst. Mein Dad ist unterwegs und sie ist nicht gern mit mir allein.«
Zumindest kam es ihr oft so vor. Was sollten diese seltsamen Blicke sonst bedeuten, mit denen Alexandra sie bedachte, wenn sie im gleichen Raum waren?
»So wie du drauf bist, wäre das niemand gern«, murrte Benedikta und deutete in Richtung Fenster. »Ich möchte, dass du heute etwas unternimmst. Es geht so echt nicht weiter.«
Da hatte ihre beste Freundin tatsächlich Recht. So ging es nicht mehr weiter. Sam war mittlerweile neunzehn und hatte nie einen Freund gehabt, da sie unentwegt den Chauffeur anschmachtete. Beni hielt sie für einen hoffnungslosen Fall.
»Es gibt Tage, da ärgere ich mich, dass diese Gedankenkontrolle nicht bei Vampiren funktioniert! Ich glaube nicht, dass der alte Knacker nein sagen würde, wenn du es geschickt anstellst. Und solltest du auf den Trichter kommen, dass er doch nicht der Richtige für dich ist, bin ich immer für dich da, Schatz!« Mit einer überzogen dramatischen Geste zog Benedikta ihre Tasche zu sich heran und erklärte, dass sie nachhause musste. »Du wirst dich vorher ja eh nicht besinnen.«
Zu Sams Überraschung wandte sich ihre beste Freundin noch einmal um, nachdem sie an ihr vorbeigeschritten war, und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. Das Gefühl war eigenartig, obgleich nicht unangenehm.
Beni seufzte.
»Ich schätze, du weißt nicht, was gut für dich ist.«
Samantha schluckte. Vermutlich nicht.
***
»Ist Benedikta böse mit dir? Sie hat gerade sehr seltsam ausgesehen«, fragte Alexa verunsichert, nachdem Samantha zu ihr nach unten marschiert war, um mit ihr gemeinsam Tee zu trinken.
»Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit.«
Sam zuckte mit den Schultern. Sie überlegte, sich ihrer Mutter anzuvertrauen, verwarf den Gedanken jedoch rasch.
»Nichts Ernstes. Morgen hat sie es vergessen.«
Das glaubte Samantha zwar nicht wirklich, aber zumindest würde Benis Ärger verraucht sein. Zum Glück konnte ihre beste Freundin nie lange böse auf Sam sein – eine Eigenschaft, die ihre Freundschaft am Leben hielt. Wobei ihr dieser Kuss im Kopf herumschwirrte. Was sollte das? War es ein komischer Versuch von Benedikta, sie zu manipulieren? Das hatte sie noch nie zuvor getan.
»Dein Vater hat vorhin angerufen. Er hat die Antiquitäten bekommen, für die er verreist ist. Thomas kommt morgen nachhause.« Sams Mutter lächelte.
Samanthas Vater war in letzter Zeit sehr oft unterwegs gewesen, sodass sie bereits gedacht hatte, mit der Ehe ihrer Eltern würde etwas nicht stimmen. Dieses Lächeln ihrer Mutter deutete allerdings auf Vorfreude hin, die Sam beruhigte. Egal, was ihr Vater auch suchte, wenn er wegfuhr, irgendwann würde er es finden und dann hoffentlich zufrieden sein und zuhause bleiben.
»Ich glaube, ich gehe heute etwas früher zu Bett. Ich bin ziemlich müde«, murmelte Samantha und griff nach ihrer Teetasse, um sie wegzuräumen.
Alexandra war genau in dem Moment wohl auf die gleiche Idee gekommen, denn ihre Fingerspitzen berührten plötzlich Sams Handrücken. Ihre Mutter zuckte zusammen, der Ausdruck in dem fahlen Gesicht erlosch. Sie hatte eine Vision. Eine heftige Vision!
»Nein! Bitte nicht!«, keuchte sie.
Samantha bemühte sich, ihre Mutter zu beruhigen, doch die schlug auf einmal um sich. Alexandra japste nach Luft.
»Bitte ... Bitte nicht ...« Dieses Flehen brach Sam das Herz. Sie wollte ihre Mutter umarmen, doch Alexa erzitterte stets bei jeder Berührung. Nur langsam erholte sie sich.
»Geht es dir gut? Was hast du gesehen?«, wollte Sam leise wissen, doch sie antwortete nicht.
Egal, was ihre Mutter sah, sie behielt es stets für sich.
»Ich muss mich hinlegen«, ächzte diese nur und zog sich hastig zurück.
Alexandra würde ihr Zimmer die nächsten Tage nicht verlassen, da war sich Samantha sicher. So geschah es nach jedem Zwischenfall. Hoffentlich kam Tante Jessica bald wieder vorbei.