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Interlude – Club Business

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»Hat sich dein Bruder gemeldet?«, fragte Scar, als er sich neben Emma an die Theke setzte.

Sie schüttelte den Kopf und nippte an ihrem Bier. Nach wie vor konnte sie sich nicht erklären, weshalb sie ihm so viel über ihre Familie erzählte; sogar Dinge, von denen sie glaubte, sie niemals jemandem anvertrauen zu können. Zuhören war gewissermaßen Scars Superkraft – in seiner Gegenwart gerieten die Leute ins Plaudern, bevor sie es merkten. Keine Ahnung, wie er das machte.

»Ich denke, er will es allein regeln.« Emma zuckte betont unbekümmert mit den Schultern. Es hatte zwar keinen Zweck, weil Scar sie ohnehin immer durchschaute, aber sie versuchte zu verbergen, wie sehr sie die Sache mit ihrem Großvater belastete. Er war gestürzt und lag seit einigen Tagen in einem Krankenhaus in Phoenix – mehr wusste sie nicht. Tyler sah sie längst nicht mehr als Schwester oder überhaupt als Mitglied seiner Familie an, weshalb er es nicht für nötig erachtete, Emma weiterhin zu informieren oder bei ihren Anrufen ans Telefon zu gehen. »Soll mir recht sein. Tyler ist schließlich in der Nähe. Und … er kann das bestimmt besser.«

Scar verengte die eisblauen Augen zu zornigen Schlitzen. Ihm war selten anzusehen, was er dachte, aber es war offensichtlich, dass er Tyler für ein Arschloch hielt.

»Willst du hinfahren?«, fragte er.

Das hatte sie sich überlegt. Doch um ehrlich zu sein, hatte sie ziemlich Bammel davor, bei ihrer Familie aufzukreuzen. Sie wollte keinesfalls allein dort hingehen. Aber Scar zu fragen, ob er mitkam, war albern. Oder? Ja, ganz bestimmt. Vor allem bei dem Scheiß, der hier gerade los war. Deshalb schüttelte Emma den Kopf.

»Na, alles klar hier?« Blaze war hinter sie getreten, legte einen Arm um Emmas Schultern und lächelte sie breit an.

»Aber sicher. Und selbst?« Sein Lächeln war so ansteckend, dass sich ihre Mundwinkel automatisch hoben. Seit Wochen war er nicht mehr so gelaunt gewesen. »Du siehst aus, als hättest du im Lotto gewonnen.«

»Das hab ich«, meinte er. »Mein Mädchen ist zurück, mein Pres ist bald draußen und nimmt mir diesen Sauhaufen hier ab, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir die Wichser Sonny und JJ finden. Könnte nicht besser laufen.«

Emma drückte ihm freundschaftlich den Arm. »Ich freu mich für dich, B. Ehrlich. Es wurde Zeit, dass es für dich bergauf geht.«

»Ja.« Er musterte sie skeptisch. »Aber bei dir, sag mal, ist alles okay?«

»Klar.« Sie setzte ein noch breiteres Lächeln auf und ignorierte Scars erhobene Augenbraue. Endlich war B wieder glücklich, da würde sie ihn nicht mit irgendwelchem privaten Familienscheiß runterziehen. »Ich überlege nur die ganze Zeit, wie wir die Party aufstylen können. Das muss etwas Besonderes werden, unbedingt. Soll ich Lulu nach ein paar Mädels zur Unterhaltung fragen, was meinst du?«

»Ja, sehr gute Idee.« Er drückte sie kurz an sich, dann löste er seinen Arm von ihr und wandte sich Scar zu. »Solange wir in San Diego sind, hast du hier das Sagen. Pass auf, dass die Rüben keinen Blödsinn machen.« Er deutete auf die beiden neuen Prospects hinter der Theke. »Und hab ein Auge auf unsere Ladys, verstanden?«

Scar nickte. »Alles klar, Boss.«

Emma konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Dass B ihm die Verantwortung übertrug, war definitiv ein Anzeichen dafür, dass er Scar nicht mehr als einfachen Prospect ansah. Bestimmt überreichte ihm der Club bald seinen Member-Patch.

B klopfte ihm auf die Schulter und bedachte ihn mit einem deutlichen Finde lieber nicht heraus, was passiert, wenn du mich enttäuschst – Blick.

»Wir haben eine Sichtung.« Smitty stürmte herein und wedelte mit einem Stapel Papier.

Sofort kam Leben ins Clubhaus. Die Jungs ließen alles stehen und liegen, redeten wild durcheinander und versammelten sich um den Glatzkopf. Emma konnte von ihrem Platz an der Theke nicht genau erkennen, was auf den Ausdrucken zu sehen war, aber es schien sich um Fotos von Sonny und JJ zu handeln.

Inzwischen hatten sie mitbekommen, dass die beiden Ex-Advocates unerlaubt einen neuen Club an der Grenze von Nevada zu Utah gegründet hatten. Die beiden Ratten scharrten eine ganze Menge Leute um sich, wie man hörte, und da sie sich diesen Machtkampf gegen ihre ehemaligen Brüder in die wirren Köpfe gesetzt hatten, verhieß das wahrscheinlich nichts Gutes.

Obwohl es sich nur um zwei Verräter handelte, durften die Jungs ihre ehemaligen Member nicht unterschätzen. Sie mussten vorsichtig sein, sich vorbereiten. Auf was, wusste Emma nicht genau, aber es war sicherlich kein besonders gutes Zeichen, dass sie am nächsten Tag zum Mutterclub nach San Diego fahren wollten.

»Alle an den Tisch«, übertönte Bs raue Stimme die anderen. Der VP knuffte Scar gegen die Schulter. »Los, du auch.«

»Siehst du, die haben wir bald. Die Glückssträhne reißt nicht ab.« B drückte ihr einen Kuss auf die Wange, ehe er sich den Prospects zuwandte. »Hey, Dick und Doof, ihr ruft Don, Bennie und Pat an, die sollen so schnell wie möglich hier antanzen. Danach sagt ihr San Diego Bescheid, dass wir uns verspäten und packt unser Equipment zusammen. Verstanden?«

»Ja, Sir«, antworteten sie unisono.

Diensteifrig wie sie waren, wollten sie zur gleichen Zeit in entgegengesetzte Richtungen losrennen und rempelten natürlich prompt gegeneinander.

»Ach, du scheiße … Bringt euch dabei aber nicht um, ja?« B rollte übertrieben mit den Augen, dann zwinkerte er Emma zu und marschierte schließlich in den Raum, zu dem nur Clubmitglieder Zutritt hatten.

Emma kicherte. Es war schön zu sehen, wie ausgelassen er war. Und er hatte Recht, der dicke Woods und der dürre Lucky, dem ständig der Mund offenstand, ähnelten tatsächlich Laurel und Hardy.

Sie beobachtete, wie die Tür zum Nebenraum geschlossen wurde. Es war ein schmuckloses Zimmer mit einem langen Tisch und einer Reihe Stühle, soviel wusste Emma. Hier wurden die Clubinterna besprochen und alle Entscheidungen gefällt. Noch bis Samstag musste B am Kopf der Tafel sitzen und den Richterhammer schwingen.

Emma trank einen kräftigen Schluck aus ihrer Bierflasche, drehte sich auf dem Barhocker zur Raummitte und beobachtete, wie sich einige der Frauen mit der Deko für die Party abmühten. Es war mal ganz schön, wenn die Jungs beschäftigt waren und man nur die leisen, unaufdringlichen Stimmen der Ladys hören konnte.

»Wurde Zeit, dass sie den Ratten näher kommen«, sagte Misha, die lautlos neben sie getreten war.

»Ja, er hat sich große Vorwürfe gemacht.«

»B? Wieso?«

Emma seufzte. »Die haben das erst durchgezogen, als Syd weg war. B denkt, er ist dafür verantwortlich.«

Misha lachte rau. »Das sieht ihm ähnlich. Trägt die Last der gesamten Welt auf seinen Schultern.« Sie schüttelte den Kopf. »Die miesen Ratten hätten diese Scheiße in jedem Fall abgezogen – ob Syd nun in Pahrump sitzt oder nicht.«

»Mir brauchst du das nicht erzählen. Aber du kennst B. Er sucht immer zuerst die Schuld bei sich selbst.«

»Ja, das hat ihm sein Adoptivvater eindringlich genug beigebracht.« Misha lehnte sich neben Emma an die Theke und bedachte sie mit einem finsteren Blick. »Brown, dieses Arschloch. Die Welt ist zweifellos ein besserer Ort ohne ihn. Aber du weißt ja, wie es heißt: Niemand ist je gänzlich tot, wenn die Erinnerung bleibt. Browns Geist wird bis in alle Ewigkeit über Bs Kopf schweben und einen Teil seiner Seele in Dunkelheit hüllen.«

Ein eiskalter Schauder fuhr über Emmas Rücken, wie immer, wenn Misha die Düsterfrau raushängen ließ und in der Mythensammlung ihrer hawaiianischen Vorfahren kramte. Wenn diese Frau über Geister sprach, wollte man instinktiv einen Blick nach oben werfen, ob nicht einer über einem schwebte.

Emma schüttelte sich. »Zurzeit ist er jedenfalls sehr gut gelaunt. Keine dunklen Geister in Sicht.«

»Meinst du?« Misha zog die fein geschwungenen Brauen zusammen. »Was ist mit dieser Bea? Was hältst du von der?«

Irgendetwas sagte ihr, dass es nicht unbedingt ratsam war, der old Lady des Pres zu erzählen, dass sie der old Lady des VP nicht über den Weg traute. Deshalb zuckte sie stattdessen lieber mit den Schultern. »Ich bin nicht sicher. Es fällt mir schwer, sie einzuschätzen.«

»Ich habe sie vorhin getroffen«, erzählte Misha. »Sie ist ein hübsches Ding, keine Frage, aber sie stinkt gewaltig nach Ärger. Und das sage ich nicht nur, weil irgendein ›beschissenes Arschloch‹ ihre Kreditkarte sperren ließ. Ich werde noch herausfinden, was da passiert ist.«

»Sie hat einen schlechtbezahlten Job und ihre Mutter säuft; vielleicht ist sie einfach nur knapp bei Kasse.«

»Du müsstest inzwischen wissen, dass wir nicht in der Position sind, um an das Gute im Menschen zu glauben.« Misha warf ihr einen herausfordernden Blick zu. »Wir dürfen nicht zulassen, dass sich B von irgendeiner Muschi den Verstand vernebeln lässt. Das ist weder gut für ihn noch für den Club.«

Emma drehte die Bierflasche in ihren Händen. »Ich denke nicht, dass Bea nur irgendeine Muschi für ihn ist.«

»Scheiße.« Misha lachte kehlig auf. »Du meinst also, wir haben ein richtiges Problem?«

»Ich weiß nur eins: Ich habe B noch nie so happy gesehen.« Sie schaute Misha direkt in die rabenschwarzen Augen. »Sie kennen sich schon ewig, und vielleicht gehören sie wirklich zusammen.«

»Och, wie süß.« Nachsichtige Belustigung sprach aus Mishas Miene. Sie beugte sich über die Theke, gab Lucky, der noch immer eifrig telefonierte, ein Zeichen und wartete, bis der Prospect eine Flasche Bier vor ihr abgestellt hatte, ehe sie weitersprach: »Ich bin keine Romantikerin, das weißt du; ich stehe auf Taten, nicht auf Worte.« Sie trank einen Schluck aus ihrer Flasche. »Diesem Mädchen traue ich kein Stück, bis sie sich bewiesen hat. Ich will sehen, wie weit sie bereit ist, für den Club zu gehen.«

Emma brummte. Das klang gar nicht gut. »Ich verspreche dir, ich behalte sie im Auge. Lass uns bitte noch ein klein wenig abwarten. Schauen, wie sich die ganze Geschichte entwickelt, ja?«

Nur zögerlich stimme Misha zu. »Gut. Aber sobald sich die Gelegenheit bietet, werde ich ihre Loyalität testen.«

Emma traute Bea zwar ebenfalls nicht, aber das betraf eher ihre Liebe zu Blaze. Sie war sicher, dass mit dieser Beziehung etwas nicht stimmte – wieso tauchte Bs old Lady denn sonst nie hier an seiner Seite auf? Vermutlich würde diese Yankee-Zicke bei der kleinsten Schwierigkeit abhauen und ihn einmal mehr im Stich lassen.

»Lass B noch eine kurze Weile glücklich sein, okay?«

»Je glücklicher er ist, desto niedergeschlagener wird er später sein.« Misha legte eine Hand auf ihren Arm und bedachte sie mit einem durchdringenden Blick. »Oft liegt es an uns, den Club zu schützen, Süße. Die Jungs können das nicht immer. Sie haben sich nicht im Griff, lassen sich von einer fremden Hand in ihrer Hose leiten. In diesen Momenten müssen wir einschreiten, verstehst du das? Bevor das Verhalten dem Club schadet.«

Emma nickte. Misha hatte immer das große Ganze im Auge: das Wohl des Clubs und ihrer Familie. Das war absolut richtig so, da konnte Emma ihr keinen Vorwurf machen. Aber sie wollte nicht, dass Bs Herz ein weiteres Mal brach. Sie konnte nicht abschätzen, zu welcher Art Mann ihn das machen würde.

Sie sollte sich schnell etwas überlegen. Bea musste den Club nicht nur akzeptieren, sondern besser gleich an ihn gebunden sein. Und das, bevor Misha ihre Krallen in Bea schlug.

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