Читать книгу Sommer Roman-Paket Unterhaltungsromane und Erzählungen: In Paris und andernorts - Sandy Palmer - Страница 92
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Nachdem ich nun einmal mit keuschen Küssen und harmlosen Zärtlichkeiten angefangen hatte, fuhr ich damit unverdrossen fort, und Erika ließ sie weiterhin unverdrossen über sich ergehen. Sie stellte mich sogar ihren Eltern vor. Und die zeigten sich hocherfreut und begannen unverzagt Heiratspläne zu schmieden. Ich sollte auch sehr bald erfahren, wieso sie so erfreut waren. Erika erzählte, genauer, schwärmte immer wieder von einem Burschen, der offenbar weniger strenge moralische Prinzipien hatte als ich und von ihren Eltern als Heiratskandidat strikt abgelehnt wurde. Jedenfalls stellte ich später bei unserem ersten Geschlechtsverkehr zu meiner Überraschung fest, dass Erika schon entjungfert war, hütete mich aber, diesen Umstand auch nur mit einer Silbe zu erwähnen. Ich bin ja nicht so. Mein Grundsatz hat stets gelautet: Eine Frau soll man nie bedrängen.
Erika deutete mehrmals an, ihre Eltern wünschten, ich möge vor sie, genauer, vor ihren Herrn Papa, hintreten und feierlich um die Hand seines Töchterleins anhalten. Nun ja, so blöd und antiquiert ich dieses Begehren fand, ich nahm mich halt zusammen und erfüllt ihnen diesen Herzenswunsch, frei nach dem Motto: Wenn das ihre einzige Sorge ist. Es folgte eine nicht weniger antiquierte Verlobungsfeier, und ein Jahr später wurde geheiratet; und erst von da an durften wir im Haus ihrer Eltern, in einer eigenen Wohnung, zusammenleben. Und wenn du mich jetzt fragst, wie wir es mit der von Mutter Kirche vorgeschriebenen vorehelichen Keuschheit gehalten haben, so muss ich sagen: Ja, wir waren keusch, bis zuletzt, bis zur Hochzeitsnacht. Du weißt ja, der eheliche Akt, so nennt man das im Theologenjargon, darf nur in das Sakrament eingebettet sein, weil er der mystischen Ehe zwischen Christus und seiner Kirche dienstbar sein muss. Oder so ähnlich.
Übrigens hätte es zwei Gelegenheiten für eine Hochzeitsnacht gegeben, die nach der standesamtlichen Trauung und, aus irgendwelchen Gründen erst mehrere Wochen später, die nach der kirchlichen Zeremonie. Und wann fand sie, die Hochzeitsnacht, nun wirklich statt? Natürlich erst nach der kirchlichen Zeremonie. Gültig ist ja angeblich nur diese. Und ich Idiot tat bei diesem ganzen Unsinn mit und war sogar noch stolz auf den von mir aufgebrachten „Heroismus“, wie die Kirchenmänner ein solches idiotisches Verhalten nennen.
Dabei litt ich nicht wenig unter diesen Entbehrungen und Zumutungen. Oh, wäre ich doch über meinen Schatten gesprungen. Hätte ich doch die Fesseln dieser repressiven katholischen Moral mit einem Schwerthieb zerhauen wie Alexander der Große den Gordischen Knoten. Vieles wäre mir erspart geblieben; das kannst du mir glauben, liebste Irmi. Ich hätte nämlich rechtzeitig entdeckt, dass Erika und ich überhaupt nicht zusammenpassen. Und warum nicht? Ich will es dir sagen: Weil sie mich, meine Liebe, meinen Körper, meine Sexualität innerlich ablehnte und darunter natürlich auch selber litt. Später warf sie mir in regelmäßigen Abständen vor, sie habe sich von mir so schrecklich gedrängt gefühlt, mich zu heiraten, und dem habe sie infolge ihrer Jugend nicht widerstehen können, zumal ihre Eltern ... und so weiter.
Das Problem war nämlich: Bei mir wurde ihr nie der Segen des Liebesgottes zuteil, während unserer gesamten Ehe nicht. Im Klartext: Mit mir hatte sie, ausgenommen ein einziges Mal, niemals einen Orgasmus. Aber du weißt sicher, wenn eine Frau einen Mann innerlich ablehnt, so kann er sich auf den Kopf stellen; er wird sie niemals glücklich machen können.
Erika hat den sogenannten ehelichen Akt immer wie eine Strafe über sich ergehen lassen und sich folglich auch nur so selten wie irgend möglich dazu bereiterklärt, und wenn, dann natürlich nur auf die althergebrachte Weise auf dem ehelichen Lager. Unter freiem Himmel, so wie wir zwei es gemacht haben? Undenkbar. Einmal zum Beispiel, da badeten wir an einem See in einer einsamen Bucht, und mich überkam plötzlich süßes Verlangen nach Erikas aphrodisischem Körper und umhüllte mir die Sinne, und ich versuchte sie mit aller Behutsamkeit zu einem Schäferstündchen in Gottes freier Natur zu bewegen. Nun, ich hätte es mir denken können; aber meine Sinne waren ja „umhüllt“. Ich stieß auf empörte Ablehnung. Ja, ja, auch so kann eine Frau das süße Verlangen eines Mannes dämpfen.