Читать книгу Sommer Roman-Paket Unterhaltungsromane und Erzählungen: In Paris und andernorts - Sandy Palmer - Страница 93
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Dabei gehörte Erika keineswegs zu der Gattung Frauen, für die Sex grundsätzlich gleichbedeutend ist mit Horror. Dies wurde mir naturgemäß erst später klar, konkret, im Sommer 1971, ein Jahr nach unserer Hochzeit. Damals begab sich für mich völlig Ungewohntes: ein Badeurlaub am Meer, an der italienischen Riviera, gemeinsam mit Erikas Eltern. Dort freundeten wir uns mit Lore und Lothar, einem etwa gleichaltrigen Ehepaar aus Innsbruck, an. So weit, so gut. Indes, wie gut sich Erika mit Lothar anfreundete, sollte ich erst nach dem Ende des Urlaubs erfahren. Da gestand sie mir nämlich, nein, da eröffnete sie mir frisch und fröhlich, sie habe sich in ihn verliebt, und ja, sie habe sich von ihm bereits verführen lassen und habe durchaus vor, dies auch in Zukunft so zu halten.
Ganz schön mutig, meinst du? Aber woher denn. Sie kannte mich ja unterdessen zur Genüge und wusste, dass ich erstens kein Gewalttäter, kein Othello bin und zweitens zu jener Sorte Männer zähle, die ihre Frau auf Händen tragen und ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen. Tatsächlich dachte ich: Warum sollte ich ihr diese Freude missgönnen? Ein Mann, der seine Frau wirklich liebt und nicht bloß besitzen will, freut sich, wenn sie sich freut. Außerdem war es, wie gesagt, die Zeit der sexuellen Revolution und der Oswalt-Kolle-Filme, und da drängte sich in meinem Geist heimlich, still und leise ein verstohlener Gedanke vor, und der flüsterte mir ein: Vielleicht fängt dann die Lore mit mir was an, und wir praktizieren einen kleinen Partnertausch. Soll ja nicht gar so selten vorkommen.
Dieser Gedanke war in der Tat sehr verstohlen. In Wirklichkeit war ich damals noch rasend monogam, und ich schlug gar manche Verlockung, gar manches Angebot aus; die Frauen waren mittlerweile, dem Zeitgeist folgend, im Allgemeinen nicht mehr so zurückhaltend, oder sagen wir, verklemmt, wie früher. Aber nein, ich hatte die feste Absicht, meiner Angetrauten treu zu bleiben, auch wenn sie sich gelegentlich anderweitig vergnügt.
Und das tat sie oft und mit sichtlichem Vergnügen. Denn Lothar kam als Vertreter viel herum, und sie reiste ihm, wann immer es ging, nach. Und er kam auch immer wieder nach Vorarlberg und fand hier ein nicht nur billiges, sondern auch warmes und höchst vergnügliches Quartier, nämlich in unserer Wohnung. In unserem Schlafzimmer. Und ich? Störte ich sehr durch meine Anwesenheit (falls ich anwesend war)? Aber wo, nicht im Geringsten. Der Benedikt ist ja kein Gewalttäter, kein Othello. Und er ist unwahrscheinlich tolerant.
Und dies war der unveränderliche Ablauf von Lothars Besuchen. Erster Akt: Gemeinsames Abendessen in der Küche. Zweiter Akt: Trinkgelage im Wohnzimmer, zu dritt auf der Couch. Erika saß in der Mitte, an Lothar gelehnt, die Beine auf meinem Schoß, und ließ sich von beiden gleichzeitig streicheln. Dritter Akt: Im Schlafzimmer, zu dritt im Ehebett, Erika wieder in der Mitte. Zuerst kam stets ich dran, und Lothar sah zu. Danach wurde das Licht abgeschaltet, und er kam dran. Ich durfte also nicht zusehen, nur zuhören. Aber das reichte mir völlig, und meistens schlief ich sowieso blitzartig ein, sodass ich nichts von dem mitbekam, was die zwei neben mir während der ganzen Nacht trieben.