Читать книгу Sommer Roman-Paket Unterhaltungsromane und Erzählungen: In Paris und andernorts - Sandy Palmer - Страница 94
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Sommerferien 1972.
Mein zweiter Badeurlaub am Meer, diesmal nicht mit den Schwiegereltern, sondern, ja, mit Lothar und Lore. Auch Lore hatte einen aphrodisischen Körper, und den führte sie mir nun Tag für Tag vor, und meine Augen durften sich ständig an seinem Anblick weiden, und ich spürte von Tag zu Tag stärker, wie unter dessen Einfluss meine strengen katholischen Prinzipien dahinschmolzen wie der Schnee des Winters unter dem wohltuenden Einfluss der Frühlingssonne. Und nachdem sie lang genug dahingeschmolzen waren, raffte ich mich zu einem ersten Vorstoß ins Reich der Polygamie auf, heute würde man sagen, der Polyamorie; damals existierte dieser Begriff noch nicht.
Wir lagen gerade allein nebeneinander auf unseren Badetüchern. Erika und Lothar waren eben erst gemeinsam verschwunden, wohin, weiß ich nicht; ins Wasser nämlich nicht. Da machte sich meine Hand, plötzlich mutig geworden, wie von selbst auf Wanderschaft und wanderte hinüber auf Lores so verlockende Haut. Zugleich sollten, um mit Homer zu sprechen, dem Gehege meiner Zähne schmeichelnde Worte entfliehen. Ihm entflohen aber keine Worte. Meine Zunge war auf einmal gelähmt, und mein Herz raste. Du weißt ja, aller Anfang ist schwer. Und dies war eben das erste Mal, dass ich mir einen solchen Vorstoß erlaubte. Auch meine Hand zitterte, glaube ich, und erfüllte ihre Aufgabe, Lores Haut zu streicheln, höchst zaghaft.
Eine beherztere Vorgangsweise war indes, wie sich herausstellte, auch gar nicht notwendig. Denn Lore schüttelte meine Hand wie ein lästiges oder ekelerregendes Insekt ab, und ihre Worte hatten keinerlei Schwierigkeiten, dem Gehege ihrer Zähne zu entfliehen.
„Was tust du da, Benedikt?“
Nun war meine Zunge erst recht gelähmt, und mein Herz schlug noch rasender als zuvor.
„Ich mag so was nicht.“
„Hm? Was magst du nicht?“, stammelte ich, sobald meine Zunge wieder halbwegs gebrauchsfähig war. Mir war, als hätte sie mich mit aller Kraft ins Gesicht geschlagen.
„Na, auf bloßer Haut berührt zu werden. Das ist mir einfach unangenehm, weißt du.“
„Auch nicht zärtlich?“
„Aber das meine ich ja. Zärtlich. Wenn ich das schon höre.“
„Aber wenn deine aphrodisischen Körperformen dazu förmlich einladen, nach Liebkosung schreien?“
Na also, jetzt hatten es die Worte, die zu sagen waren, ja doch aus dem Gehege meiner Zähne geschafft.
„Geh, bitte, Benedikt, tu nicht Süßholz raspeln wie ein unreifes Bürschchen. Merk dir einfach, ich bin ein kalter Fisch.“
So endete mein erster Vorstoß ins Reich der Polyamorie. Und jetzt wusste ich auch, wieso Lothar so scharf auf Erika war.