Читать книгу Bergretter und fesche Dirndl: Wildbach Bergroman Sammelband 6 Romane - Sandy Palmer - Страница 17
10
ОглавлениеGähnend streckte sich Peter Finkenthal. Das unbequeme Niederhocken ermüdete, doch er hatte keine andere Wahl. Nur das kleine Vordach seitlich der Scheune bot ausreichende Sicht über den Hang unter sich. Zum Greifen nahe lag der Hof der Giefners vor ihm. Im unteren Stockwerk waren alle Fenster beleuchtet. Mehrere Male hatte er Johanne gesehen. Sie hielt sich in der Küche auf und schien der Mutter zur Hand zu gehen. In Finkenthal regte sich die Sehnsucht und das Verlangen nach der hübschen Maid, die ihn stets abgelehnt hatte. Er musste sich zusammenreißen. Jetzt war nicht die Zeit, daran zu denken, wie schön es in ihren Armen sein mochte.
Finkenthal schielte zum Himmel. Schwarze Wolken rasten über das Gebirge hinweg und entluden ihre nasse Fracht. Zum Glück saß er unter dem Holzdach im Trockenen, doch es war empfindlich kalt geworden.
Früher als gewöhnlich hatte sich die Nacht breitgemacht. Die schweren Regenwolken hatten das letzte Licht verschluckt und ließen manchmal sogar selbst vage Konturen in ihrer Schwärze ertrinken.
Peter grinste schäbig. Ihm sollte es recht sein. Alles lief so, wie er es geplant hatte. Die Nacht war vollkommen, und der Wind wehte von Westen, so dass der Hofhund ihn nicht wittern konnte.
Er brauchte nur zu warten. Keine Sekunde lang zweifelte er daran, dass sein Plan fehlschlagen würde. Jeden Punkt, da war er sicher, hatte er durchdacht. Raphael Harlander sollte sein blaues Wunder erleben. Einem Peter Finkenthal nahm man nicht das Madl weg.
Sein Blick schweifte wieder über den Steilhang und zur Waldgrenze hinunter. Es wurde Zeit, dass sein Widersacher auftauchte. Kaum hatte er den Gedanken beendet, als er eine Bewegung auf dem Weg durch das hohe Gras der Almwiese wahrnahm. Ein zufriedenes Schmunzeln huschte über sein Gesicht. Es konnte nur Raphael sein.
Der Schatten hielt sich östlich und verließ den Pfad, um nicht gesehen zu werden. Er beschrieb einen großen Bogen, denn auch er wusste, dass die Giefners einen aufmerksamen Wachhund besaßen.
Peters Herz begann schneller zu schlagen. Hastig erhob er sich aus der Hocke und huschte zur rückwärtigen Scheunentür. Das Quietschen der Scharniere war im Tosen des heftigen Windes nicht einmal zehn Meter weit zu hören. Ringsum herrschte nun absolute Dunkelheit. Selbst durch die Fugen und Ritzen drang kein Licht mehr. Man konnte nicht einmal die Hand vor Augen sehen.
Es roch nach frisch gemähtem Gras und Feuchtigkeit. In diesem Sommer verging kaum ein Tag, an dem es nicht regnete. Aber noch ein anderer Geruch schwebte in der kleinen Scheune, die an einer Seite bis zur Decke mit Strohballen gefüllt war. Er passte nicht in diese Gegend, wirkte durchdringend, wenn man sich längere Zeit in dem Gebäude aufhielt.
Benzin.
Peter Finkenthal hatte genügend Zeit gehabt, alles bestens vorzubereiten. Der Gestank würde nicht verdächtig sein, denn Raphael wusste garantiert, dass der Giefner in dieser Scheune auch seinen Traktor untergestellt hatte.
Draußen vernahm er eine Art Rascheln. Der Wind schien sich etwas beruhigt zu haben. Das Geräusch stammte aber nicht davon, sondern es musste von Stoff stammen. Wahrscheinlich trug Raphael einen Regenumhang, den er gerade abstreifte.
Peters Sinne waren bis aufs Äußerste gespannt. Sein Gegner musste unmittelbar vor der Scheunentür stehen. Er schien zu zögern, was er tun sollte.
Ohne den geringsten Laut zu verursachen, bückte sich Peter und fand das kurze Stahlrohr. Er umklammerte es und hob die Hand zum Schlag.
In diesem Augenblick wurde die Tür, die in das große Tor eingelassen war, leise geöffnet.
»Peter, bist du hier?«, fragte eine leise Stimme.
Der Mann im Dunkeln presste sich gegen die Holzwand und hielt den Atem an.
Sekunden vergingen, dann betrat Raphael die Scheune.
Finkenthal zögerte keinen Wimpernschlag. Brutal schlug er zu und traf den Mann mit dem schweren Eisenrohr voll im Nacken.
Raphael Harlander hatte gegen dieses Attentat nicht die geringste Chance. Ohne einen einzigen Seufzer sank er wie ein gefällter Baum zusammen und schlug lang zu Boden.
Finkenthal keuchte aufgeregt und schloss die Tür. Mit der freien Hand ließ er ein Feuerzeug aufflammen. Selbstgefällig betrachtete er den bleichen Mann, der leblos vor ihm im Stroh lag. Blut sickerte aus einer klaffenden Wunde im Nacken und färbte das Heu rot.
»So, das hast du davon«, murmelte Finkenthal ohne ein Anzeichen von Reue. »Du kommst mir nicht mehr in den Weg. Das schwöre ich dir.«
Eisige Kälte sprang plötzlich in seine Augen. Der ganze Hass, der sich in ihm aufgestaut hatte, war darin zu lesen. Eifersucht und gekränkte Eitelkeit hatten ihn gefühllos werden lassen. Ohne Hast machte er sich an die Arbeit. Raphael Harlander war tot, aber es sollte wie der tragische Unfall eines Brandstifters aussehen.
Peter hatte keine Eile. Es war alles vorbereitet.
Als er das Feuerzeug an die Kerze hielt und der Docht Feuer fing, blieb ihm noch etwas mehr als eine halbe Stunde für ein Alibi. Ein letztes Mal betrachtete er den leblosen Mann in seiner Blutlache und die brennende Kerze, die bald einen einfachen Mechanismus eine Bewegung und dann die gesamte Scheune in Brand setzen würde.
Wieder zog ein schäbiges Grinsen über sein breites Gesicht. Dann huschte er lautlos in die Nacht und machte sich auf den Weg ins Tal.