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Zwischen Mikro- und Makroanalyse

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Es steht außer Frage, dass computergestützte Analyseverfahren essentiell für die Auswertung von großen Datenmengen sind und zu einem erheblichen Erkenntnisgewinn historischer, politischer oder sozialwissenschaftlicher Analysen beitragen. Sie dienen der Strukturierung von ursprünglich unstrukturierten Textdaten und schaffen einen Zugang zu Datenmaterial, das ohne computergestützte Auswertung nicht hätte erschlossen werden können.179

Trotzdem sind der computerbasierten Auswertung eindeutig Grenzen gesetzt, wie Jeffrey Drouin in seinem Artikel „ Close- and Distant-Reading Modernism: Network Analysis, Text Mining, and Teaching the Little Review” treffend zum Ausdruck brachte: „[…] the main weakness of big data methodologies is their inability to read the works that their algorithms quantify, to see what they actually say or how they position themselves in context”180. Mit dieser Aussage traf Drouin den Nerv des eigentlichen Problems: Die Unfähigkeit der Erfassung des historischen oder diskursiven Kontextes. Auch Paul Baker stellte fest: „However, a traditional corpus-based analysis is not sufficient to explain or interpret the reasons why certain linguistic patterns were found (or not found). Corpusanalysis does not usually take into account the social, political, historical, and cultural context of the data.”181 Aus diesem Grund sind automatisierten Auswertungen insbesondere bei qualitativen Textanalysen (Diskursanalysen) klare Grenzen gesetzt. Selbst wenn es diskurslinguistische Methoden gibt, die auch eine Diskursanalyse mittels Makroanalyse ermöglichen, wie zum Beispiel die Berechnung von Kollokationen,182 für eine schlüssige Interpretation und für die Kontextualisierung sind fraglos nach wie vor die Kenntnis des Gesamttextes sowie die menschliche Kompetenz des hermeneutischen Sinnverstehens des Forschenden gefragt.183 Für ein diskursanalytisches Verstehen müssen also Kontextinformationen miteinbezogen werden, weshalb Detailanalysen notwendig sind.184

Die Kombination von Mikro- und Makroanalyse – in Stulpes und Lemkes Nomenklatur als Blended Reading bezeichnet – scheint einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma zu bieten. Eine Schlussfolgerung, zu der neben Drouin185 und Baker186 unter anderem auch Hitchcock187, Fraas/Pentzold188, Lemke/Stulpe189, Lemke/Wiedemann190, Yanni Alexander Loukissas191 gekommen sind. Hierbei geht es um die Verknüpfung von computerbasierten Auswertungen (z. B. Frequenzanalysen) mit qualitativen Analysen, die mithilfe des genauen Lesens durchgeführt werden (z. B. Diskursanalysen).

Autochthone Minderheiten und Migrant*innen

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