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6. Softwareangebote

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Ein weiteres typisches Beispiel für Vertriebssituationen, in denen verschiedene Nutzergruppen mit einbezogen werden, stellt der Bereich für Software und im weitesten Sinne immaterielle Güter dar. Hierbei lassen sich Anwendersoftware, Betriebssysteme und Softwareplattformen unterscheiden. Computer oder andere ähnliche Geräte wie zum Beispiel Smartphones oder Tablets, aber auch Router, Server oder sogenannte digitale Assistenten benötigen für den Betrieb dieses Geräts ein Betriebssystem. Hierbei handelt es sich um eine Software, die die technischen Funktionen des jeweiligen Geräts über elektronische Befehle steuert und dabei von dem Hersteller oder dem jeweiligen Anwender vorgenommene Eingaben umsetzt. Der Erfolg eines bestimmten Betriebssystems hängt dabei von der Annahme durch die Anwender und die Kompatibilität mit jeweiligen Geräten ab.111 Für viele Geräte besteht seitens ihrer Anwender der Bedarf nach weiteren Vorgängen, die nicht durch das Betriebssystem erfolgen. Diese Aufgabe erfüllen Anwendersoftware, die zusätzlich zu dem Betriebssystem installiert werden. Beispiele für Anwendersoftware sind Videospiele, Office-Programme oder Apps.112 Indem die Hersteller von Betriebssystemen ihr Produkt für Hersteller von Anwendersoftware öffnen, bringen sie die Nutzer des mit ihrem Betriebssystem versehenen Gerätes mit diesen zusammen.113

Die Bereitstellung von Software kann dabei auf unterschiedliche Weisen erfolgen. Zum Beispiel könnte ein Vervielfältigungsstück auf einem physischen Datenträger gespeichert werden, der anschließend dauerhaft an den Anwender weitergegeben wird. Dies kann in der Form erfolgen, dass die Software allein auf einem Datenträger in den Verkehr gebracht wird. Allerdings sind die Hersteller vieler Computer-Geräte bereits früh dazu übergegangen, auf dem jeweiligen Computer ein Betriebssystem nebst einer Auswahl an bestimmter Anwendersoftware vorzuinstallieren.114 In diesem Fall ähnelt die Vertriebssituation der von Medienunternehmen, die Inhalte verschiedener Anbieter in ihr Produkt mit aufnehmen, um dies anschließend zu einem festen Preis an ihre Endkunden, die Anwender, weiter zu geben. Beispiele sind Spielekonsolen115 und OEM-Pakete. Allerdings findet auf der Anbieterseite ein im Vergleich zu manchen klassischen Medienplattformen umgekehrter Geldfluss statt, nämlich in der Form, dass für die Einbindung und Bereitstellung der Software in dem Gerät ein Entgelt an den Software-Hersteller entrichtet wird. Dieses versucht der Geräte-Hersteller durch seine bei den Endkunden erzielten Verkaufserlöse einzunehmen. Durch das Mehr an mit dem jeweiligen Gerät verbundenen Software-Angeboten und damit verbundener zusätzlicher Funktionalitäten könnten sich vermehrt Endkunden für den Kauf dieses Geräts entscheiden.116 Mit diesen positiven Entscheidungen verbunden geht ein höherer Entwicklungsanreiz für die Software-Hersteller einher.

Zunehmend erfolgt die Bereitstellung von Software virtuell mittels einer Internetanbindung des jeweiligen Geräts, indem ein Vervielfältigungsstück der Software entweder durch den Anwender auf das Gerät heruntergeladen wird, oder indem das Vervielfältigungsstück auf einem anderen Gerät, zum Beispiel einem Server oder in einem Rechenzentrum bereitgestellt wird und dem Anwender hierfür eine Nutzungsmöglichkeit eingeräumt wird.

In ersterem Fall kann der Download über einen dafür bereitgestellten Link erfolgen oder mittels einer Software-Plattform, wie zum Beispiel dem Google Market Place für das Smartphone-Betriebssystem Android. Software-Plattformen werden häufig ebenso auf Computer vorinstalliert, um dem Anwender das spätere Herunterladen weiterer Software zu erleichtern. Dabei wird den zugelassenen Software-Herstellern über eine Programmierschnittstelle die Möglichkeit eingeräumt, eine mit dem jeweiligen Betriebssystem kompatible Software bereitzustellen, die anschließend an die Nutzergruppe der Anwender vermittelt wird.

Der andere Fall beschreibt moderne Formen der Software-Nutzung, die im weitesten Sinne in Zusammenhang mit IT-Outsourcing stehen, also der Nutzung von externen Rechner- oder sonstigen EDV-Leistungen.117 Die Software wird dabei nicht auf dem eigentlichen Gerät des Anwenders bereitgestellt, der ihre Funktionen nutzen möchte. Stattdessen wird das Vervielfältigungsstück auf einem anderen Gerät gespeichert und betrieben, zum Beispiel auf einem Server. Der Anwender kann über eine Telekommunikationsverbindung auf das andere Gerät zugreifen und die Software für einen von ihm bestimmten Zeitraum nutzen. Hierfür bezahlt er eine Nutzungsgebühr, die sich sowohl zeitlich bemessen kann als auch an der tatsächlichen Nutzung der Software oder aber als einmaliger Festpreis bemessen ist. Der Software-Anbieter stellt dabei nicht nur das Vervielfältigungsstück zur Verfügung, sondern darüber hinaus weitere Kapazitäten, wie zum Beispiel die Rechnerleistung des Servers, den Betrieb der Software oder die Internetkonnektivität für den Zugriff. Neben der Software wird dabei also eine Infrastruktur bereitgestellt. Diese Infrastruktur ermöglicht häufig selber wiederum Möglichkeiten zur individuellen Anpassung oder Programmierung, auch von eigener Software. Hierfür hat sich der Oberbegriff Cloud-Computing etabliert.118 Die Bereitstellung von Software mittels dieses Vorgehens wird auch Software as a Service (SaaS) genannt, weitergehende Angebote werden als Platform as a Service (PaaS), Infrastructure as a Service (IaaS) oder sogar auch Business Process as a Service (BPaaS) beschrieben.119 Die Metapher der Wolke bezieht sich dabei zunächst auf den Umstand, dass der Kunde keine physisch genau abgrenzbare Leistung in Form eines sogar haptischen Produktes erhält. Stattdessen erhält er eine virtuelle Leistung, die aus einer Vielzahl an zusammengefassten Einzelleistungen besteht. Hierbei verbindet der Anbieter wiederum verschiedene Angebote aus verschiedenen Nutzergruppen.120 Dies können neben der Bereitstellung der Anwendersoftware Telekommunikationsdienstleistungen sein, sowie Rechenzentrumsleistungen oder weitere Cloud-Kapazitäten.

Dabei ist eine Differenzierung zwischen den beiden Methoden der Bereitstellung von Software über das Internet nicht zwingend und nicht immer ohne weiteres möglich. Denn zum einen können Anwender im Rahmen vieler Cloud-Angebote auf die so zur Verfügung gestellte Software nur mit einer eigenen Client-Software zugreifen, die sie wiederum auf ihr Gerät herunterladen und installieren müssen. Zum anderen verzichten zwar einige Cloud-Anbieter auf die Verwendung eigener Clients und ermöglichen den Zugriff zum Beispiel über Webbrowser, also Anwendersoftware für den Zugriff auf Internetseiten. Hierfür könnten aber wiederum Zertifikate oder andere virtuelle Schlüssel erforderlich sein, die wiederum herunter zu laden sind. Damit einher geht, dass Anbieter zunehmend Kommunikationsdienstleistungen in das jeweilige Produkt einbinden.

Kartellrechtliche Innovationstheorie für digitale Plattformen

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