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b) Fortschritt

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Allerdings wird wohl nicht jede bloße Veränderung als Innovation wahrgenommen. Einige Veränderungen könnten als niederschwellig anzusehen sein, weil es sich um einen Wechsel zu einem bereits vorher bekannten Zustand handelt oder zu offensichtlichen Alternativen. Auch graduell könnte die Veränderung als niederschwellig empfunden werden.272 Zudem ist zwar die Neuheit als solche wertneutral in Bezug auf das Vorhergegangene. Dennoch wird der Innovation überwiegend eine wohl positive Entwicklung zugesprochen.273 Im Vergleich zu dem vorherigen Zustand gibt es nicht nur etwas Neues oder eine Erneuerung, sondern auch etwas objektiv Besseres oder Fortgeschrittenes. Innovationsbezogene Veränderungen eröffnen bislang so nicht bekannte neue Entscheidungs- und Handlungsspielräume. Der Innovationsbegriff enthält damit eine weitere deskriptive Bedeutungskomponente im Hinblick auf diese Spielraumerweiterung.

Die Lösung eines Problems oder dessen logisches vorheriges Vorhandenseins ist dagegen nicht erforderlich. So scheint nach der Umschreibung von Hoffmann-Riehm das Problem die Grundvoraussetzung für Innovation zu sein, Innovation damit als Lösung für ein bestehendes oder sogar erst zu findendes Problem zusammenfassbar sein.274 Obwohl etwas als fortschrittlicher, bequemer oder in anderer Hinsicht besser empfunden wird, muss der vorherige Zustand nicht als alt, unbequem oder schlecht angesehen werden. Der Innovation kann stattdessen ein selbstständig für sich stehendes progressives Element zugeschrieben werden, das ebenso wie die Neuheit für sich allein als Ausdruck menschlichen schöpferischen Tätigwerdens steht.275 Dieses Für-sich-allein-Stehen des Fortschritts macht die Innovation gegenüber der Problemlösung so besonders. Denn nicht nur schlichte Problemlösungen werden als innovativ angesehen, sondern auch sonstige Erweiterungen alltäglicher Handlungsmöglichkeiten oder schlichte Trends.276 Vielmehr wird Fortschritt mit Kreativität verbunden werden können, also dem eigenständigen menschlichen schöpferischen und gestalterischen Tätigwerden., das im Wettbewerb durchgesetzt wird277 Dieses kreative Tätigwerden kann als Signifikanzschwelle angesehen werden, um banale Veränderungen von als Innovation bewertbarem Fortschritt abzugrenzen.278 Sie muss als solche wettbewerbliche Beachtung durch ihre Anerkennung erlangen.279 Der Schöpfungsakt macht also eine Innovation aus, wobei dieser nicht mit den durch außerhalb des Kartellrechts stehenden materiellen Schwellen wie zum Beispiel dem urheberrechtlichen Begriff der Schöpfungshöhe verwechselt werden darf. Allerdings kann eine Innovation selbst vermeintlich banal sein und dennoch auf ausreichende Anerkennung treffen.280 Auf diese jeweils relative Sicht kommt es denn in einem allgemeinen Verständnis des Innovationsbegriffs an, das Grundlage einer kartellrechtlichen Annäherung sein soll.281 Da nämlich eine Vielzahl an Entwicklungen als Innovation angesehen wird, müsste jedes Mal definitionsgemäß mindestens für einen logischen Augenblick bis zu seiner Entdeckung und Lösung durch die Innovation ein Problem bestehen.282

Kartellrechtliche Innovationstheorie für digitale Plattformen

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