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1. Praktische Bedeutung und kriminologischer Hintergrund

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Die nach § 299 StGB strafbare Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr – auch als „Angestelltenbestechung“ oder „Wirtschaftskorruption“ bezeichnet[1] – weist Ähnlichkeiten mit den klassischen Delikten der Amtsträgerkorruption (§§ 331–334 StGB) auf. Wie bei der Amtsträgerkorruption geht es auch bei der Wirtschaftskorruption in ihrem Kern um einen „regelwidrigen Tausch von Vorteilen“.[2] Rechtstatsächlich ist die Wirtschaftskorruption im Vergleich zur Amtsträgerkorruption trotz einer öffentlich wahrgenommenen Zunahme von Fällen auch in größeren Unternehmen[3] von eher untergeordneter Bedeutung. Gemessen am Gesamtkorruptionsaufkommen beträgt der Anteil nach § 299 StGB strafbarer Delikte im Mittel der letzten Jahre deutlich unter 25 % (Bundeslagebild Korruption 2014-2018). Die Fallzahlen sind zudem rückläufig. Auch die Ausweitung der Strafbarkeit nach § 299 StGB durch das zweite KorrBekG 2015 (siehe Rn. 3) hat nicht zu einem erkennbaren Anstieg in den Fallzahlen geführt. Teilweise erhebliche Ausschläge (2015: 39% Anteil) sind Einmaleffekten (Umfangsverfahren) geschuldet.[4] In absoluten Zahlen wurden für 2018 im Bundeslagebild Korruption gerade einmal 535 und in der Polizeilichen Kriminalstatistik 182 Fälle verzeichnet.[5] Allerdings dürfte das Dunkelfeld, also diejenigen Verwirklichungen des Tatbestandes, die nicht zur Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden gelangen, aufgrund der erschwerten Entdeckbarkeit der Wirtschaftskorruption stark ausgeprägt sein. Verlässliche Dunkelfeldstudien, die über das tatsächliche Kriminalitätsaufkommen im Bereich des § 299 StGB Aufschluss geben könnten, stehen für Deutschland nicht zur Verfügung.[6]

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Kommt ein Sachverhalt zur Kenntnis der Ermittlungsbehörden, gelingt es diesen meist, einen Tatverdächtigen zu benennen; die Polizeiliche Kriminalstatistik weist eine Aufklärungsquote von über 90 %, häufig sogar von über 95 % aus.[7] Dies erklärt sich daraus, dass mit Bekanntwerden eines Korruptionssachverhalts die möglichen Tatbeteiligten in der Regel bereits feststehen. Trotz dieser günstigen Ausgangslage gibt es rechtstatsächliche Hinweise dafür, dass Staatsanwaltschaften Verfahren häufig mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO einstellen.[8] Dies wird unter anderem auf eine problematische Fassung des Tatbestands zurückgeführt (vgl. dazu Rn. 5 ff.).[9] Auch Verurteilungen sind selten. Die Strafverfolgungsstatistik verzeichnet für das Jahr 2018 nur 21 Verurteilungen nach §§ 299 f. StGB, davon sieben im besonders schweren Fall (§ 300 StGB).[10] Soweit angesichts der geringen Verurteilungszahlen Aussagen dazu überhaupt sinnvoll sind, lässt sich feststellen, dass Gerichte bei § 299 StGB vorwiegend Geldstrafen ausurteilen und zwar im Bereich von bis zu 90 Tagessätzen.[11] Bei Verurteilungen im besonders schweren Fall nach § 300 StGB überwiegen Freiheitsstrafen zwischen einem und zwei Jahren. 2018 wurden die nach §§ 299, 300 StGB verhängten Freiheitsstrafen ausnahmslos zur Bewährung ausgesetzt.[12]

Antikorruptions-Compliance

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