Читать книгу Ausgewählte Briefe, Band 1 - Sophronius Eusebius Hieronmyus - Страница 24
Оглавление13. An Tante Castorina
[Vorwort]
Aus einem uns unbekannten Grunde hatte sich Hieronymus mit Castorina, der Schwester seiner Mutter, entzweit. Nachdem ein vor Jahresfrist an sie gerichteter Brief, der verlorenging, kein Echo gefunden hatte, schickt er dieses nach Cav. (I 48 f.) ziemlich brüske, nach Gr. (I 165) herzliche Versöhnungsschreiben an seine Tante. Er bittet, dem unchristlichen Zustande ein Ende zu machen. Dabei unterläßt er taktvoll jede Schuldfrage, betont aber, daß er mit seinem Gewissen in Ordnung sei, falls die dargebotene Hand zurückgewiesen werden sollte.
Aus dem Briefe selbst ergibt sich über Zeit und Ort seiner Abfassung kein Anhaltspunkt. Trotzdem verlegen ihn die Biographen, auch die neuesten, in die Tage des Wüstenaufenthaltes. Als Begründung führt Gr. (I 54) an, daß in dieser Zeit sein brieflicher Verkehr mit der Heimat am regsten war, während Cav. (II 15 f.) „zweifelsohne“ den verlorenen Brief in die Tage seiner Krankheit während seines Aufenthaltes in Antiochia glaubt verlegen zu müßen. Da das Zerwürfnis nach dem Inhalt des Briefes eine Reihe von Jahren gedauert haben muß, können nur die späteren Jahre des Einsiedlerlebens (375/379), falls er in dieses fällt, in Frage kommen.
[Brief]
Johannes, der Apostel und Evangelist, schreibt in seinem Briefe: „Wer seinen Bruder haßt, ist ein Menschenmörder“, 164 und mit Recht. Denn da der Mord häufig aus dem Hasse hervorgeht, so ist der Hasser, wenn er auch niemand mit dem Schwerte durchbohrt, doch seiner Gesinnung nach ein Mörder. „Wozu diese Einleitung?“, wirst Du sagen. Wir wollen den alten Groll ablegen und Gott unser Herz als eine reine Wohnstätte anbieten, David sprach: „Wenn ihr zürnet, wollet nicht sündigen.“ 165 Was dies bedeutet, legt der Apostel ausführlicher dar. „Die Sonne soll nicht über eurem Grolle untergehen.“ 166 Was sollen wir denn tun am Tage des Gerichtes, da als Zeuge unseres Zornes die Sonne nicht nur an einem Tage, sondern während vieler Jahre untergegangen ist? Der Herr mahnt im Evangelium: „Wenn du am Altare deine Gabe opferst und du erinnerst dich, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, dann laß deine Gabe am Altare zurück. Gehe hin und versöhne dich zuvor mit deinem Bruder. Dann komme zurück und opfere deine Gabe!“ 167 Wehe mir Unglücklichem, wehe auch Dir, weil wir so lange keine Gabe am Altare opfern konnten, oder sie umsonst geopfert haben, da der Groll noch andauerte! Wie konnten wir beim täglichen Gebete sprechen: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“, 168 wo doch die Gesinnung das Wort Lügen strafte, das Gebet dem Verhalten widersprach? Ich bitte Dich, wie ich es schon vor einem Jahre in einem Briefe tat, laß uns den Frieden wahren, den der Herr uns zurückgelassen hat! 169 Christus sieht meinen Wunsch und Deine versöhnliche Gesinnung. Binnen kurzem werden wir den Lohn erhalten für die Wiederherstellung der Eintracht oder die Strafe für die weiter andauernde Trübung des Friedens. Solltest Du, was Gott verhüten möge, nichts von Versöhnung wissen wollen, dann stehe ich da frei von Schuld. Dieser Brief wird mich, sobald Du ihn gelesen hast, von meiner Schuld lossprechen.