Читать книгу Ausgewählte Briefe, Band 1 - Sophronius Eusebius Hieronmyus - Страница 21

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10. An den greisen Paulus zu Concordia

[Vorwort]

Bereits in einem früheren Briefe wird Paulus aus Concordia115 als Landsmann Rufins erwähnt. 116 Paulus war offensichtlich wissenschaftlich stark interessiert, besaß er doch eine recht umfangreiche Bibliothek. Diese gemeinschaftlichen Bestrebungen sind die Grundlage einer Freundschaft, die Hieronymus auch im Orient weiter pflegte, obwohl der Altersunterschied zwischen beiden Männern sehr groß war. Der vorliegende Brief ist sozusagen ein Gluckwunschschreiben zum 100. Geburtstage, in dem er den Paulus lobt wegen seiner körperlichen Rüstigkeit und geistigen Frische, die er auf sein tugendhaftes Leben zurückführt. Was Hieronymus vor allem zu Paulus hinzog, war der Umstand, daß dieser Greis noch Fühlung mit dem „kirchlichen Altertum“ hatte. Kannte er doch persönlich einen Schreiber Cyprians, von dem er erfuhr, daß der einstige Bischof von Karthago täglich in Tertullians Schriften las. Auf ihn geht auch unsere Kenntnis des berühmten Wortes: „Da magistrum“ zurück. 117 Als Angebinde übersendet Hieronymus die von ihm verfaßte Biographie des Einsiedlers Paulus von Theben. Er selbst bittet um den Evangelienkommentar des Fortunatianus, das Geschichtswerk des Aurelius Viktor und die Briefe Novatians. Die Abfassung des Briefes ist in die spätere Zeit des Wüstenaufenthaltes zu verlegen, also etwa in die Jahre 377 oder 378. Cav. (I 43. 45; II 16 f.) möchte den Brief lieber in die Zeit des zweiten Aufenthaltes in Antiochia verlegen oder ihn um 380 ansetzen, als Hieronymus in Konstantinopel weilte.

1.

Die Kürze des menschlichen Lebens ist eine Strafe für die Sünden. Der Tod, dessen Beute so mancher Mensch gleich beim Eintritt ins Leben wird, legt Zeugnis davon ab, daß die Menschheit täglich in Sünden fällt. Als die Schlange den ersten Insassen des Paradieses durch ihre List getäuscht und in die Niederungen des Irdischen herabgezogen hatte, da tauschte er den Tod gegen die Unsterblichkeit ein. 118 Immerhin war dem Menschen sozusagen eine zweite Unsterblichkeit zugebilligt, sollte doch dem vom Fluche getroffenen Menschen die Grabschrift erst nach 900 und noch mehr Jahren gesetzt werden. 119 Aber die Sündhaftigkeit nahm allmählich immer gröbere Formen an, und der Giganten Gottlosigkeit führte den Untergang der ganzen Welt herbei. 120 Nachdem die Welt durch diese Taufe, wenn ich so sagen darf, gereinigt war, wurden dem menschlichen Dasein bescheidenere Grenzen gesetzt. Selbst diese kurze Lebensfrist hätten wir Menschen beinahe aufs Spiel gesetzt, da unsere Bosheit sich ständig dem göttlichen Willen widersetzt. Wie wenige überschreiten das hundertste Lebensjahr! Wenn sie es aber erreichen, so tut es ihnen leid, wie es schon die Hl, Schrift im Buche der Psalmen bezeugt; „Die Tage unseres Lebens sind siebzig Jahre; wenn viel, achtzig. Was aber darüber hinausgeht, ist Mühsal und Plage.“ 121

2.

Doch Du wirst sagen, wozu eine Einleitung, die zurückgeht auf die Urgeschichte der Menschheit, wozu dieses weite Ausholen, so daß man beinahe mit dem Spötter Horaz sagen möchte; „Er beginnt den trojanischen Krieg mit dem Zwillingsei?“ 122 Weil ich Dein hohes Alter und Dein gleich Christo weißes Haupt 123 mit geziemenden Worten preisen möchte. Zum hundertsten Male rollte der Jahre Kreislauf dahin; Gottes Gebote hast Du immer beobachtet, so daß Dein jetziges Leben schon ein Vorgeschmack des ewigen Glückes ist. Das Auge ist noch scharf, die Füße schreiten sicher einher; das Gehör ist fein, die Zähne weiß, die Stimme kräftig. Der Körper ist gesund und voller Lebenskraft. Die roten Wangen strafen die weißen Haare Lügen; Deine Kraft läßt das Alter übersehen, Dein gutes Gedächtnis hat im Gegensatz zum normalen Verlauf trotz der ungewöhnlichen Zahl der Jahre noch keine Einbuße erlitten. Das kalte Blut hat die Schärfe eines jugendfrischen Geistes keineswegs abgestumpft. Weder Furchen auf der Stirne noch Falten im Gesicht lassen die straffen Züge erschlaffen. Keine zitternde Hand führt den Griffel, der Linien nicht achtend, über die Wachstafel Der Herr wollte, daß wir in Deinem Körper ein Abbild unseres einst in voller Frische auferstehenden Leibes schauen. Wir sollen an Dir lernen, daß es Schuld der Sünde ist, wenn andere während ihres Erdenwallens einen siechen Körper mit sich herumschleppen, während die jugendliche Frische, die über Dein vorgerücktes Alter hinwegtäuscht, ein Lohn für Deine Tugend ist. Wenn wir dennoch wahrnehmen, daß auch vielen Sündern eine ähnliche Gesundheit beschieden ist, dann handelt es sich um eine Gabe des Teufels, damit sie mit ihr der Sünde dienen. Bei Dir freilich ist diese Gesundheit ein Geschenk Gottes, Dir verliehen zur Freude.

3.

Selbst die gelehrtesten Griechen, von denen Tullius in seiner Rede für Flaccus treffend bemerkt: „Leichtsinn ist ihnen angeboren und Eitelkeit anerzogen“, 124 ließen sich für ihre Lobreden auf Könige und Führer bezahlen. Ihrem Beispiel will ich folgen und auch für meine anerkennenden Worte den gebührenden Lohn verlangen. Glaube nicht, daß ich in meiner Forderung bescheiden bin; denn ich verlange von Dir die Perle aus dem Evangelium. 125 „Die Worte des Herrn sind reine Worte, Silber, das im Feuer geläutert und siebenmal gereinigt ist.“ 126 Ich bitte Dich nämlich um die Kommentare des Fortunatianus 127 und um das Geschichtswerk des Aurelius Victor, 128 damit ich mich über die Christenverfolger unterrichten kann. Ferner ersuche ich Dich um die Briefe Novatians, 129 damit ich auch das Gift dieses Schismatikers kennenlerne, das ich dann um so freudiger mit den Schriften des heiligen Märtyrers Cyprian als Gegengift unwirksam machen will. Inzwischen schicke ich Dir, dem greisen Paulus, das Leben eines noch greiseren Paulus. Bei dessen Abfassung kam es mir darauf an, durch schlichte Darstellung auch einfachen Lesern gerecht zu werden. Aber ich weiß nicht, wie es kommt, der Krug behält, auch wenn er mit Wasser gefüllt wird, doch den Geruch, den er an sich trug, als er noch neu war. 130 Sollte meine kleine Gabe bei Dir Gefallen finden, dann kann ich Dir noch mit anderen Waren dienen, welche, so der Heilige Geist die Segel schwellt, zusammen mit mancherlei Erzeugnissen des Orients den Weg zu Dir nehmen werden.

Ausgewählte Briefe, Band 1

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