Читать книгу Ausgewählte Briefe, Band 1 - Sophronius Eusebius Hieronmyus - Страница 18

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7. An Chromatius, Jovinus und Eusebius

[Vorwort]

Der vorliegende Brief macht uns mit einem weiteren Kreis von Freunden aus Aquileja bekannt, von denen der erste und letzte Brüder waren. Der bedeutendste unter ihnen ist der auch wissenschaftlich hervorgetretene Presbyter Chromatius, der 388 Bischof seiner Heimatstadt wurde. Er war überhaupt die Persönlichkeit, um welche sich alle die idealen Freunde zu Aquileja versammelten († 407). Die drei Freunde hatten Hieronymus nach Antiochia geschrieben. Er beklagt sich in launiger Weise über die Kürze ihres Briefes. Dann folgt eine Lobrede auf Bonosus. Rühmend erwähnt er, was der Diakon Julian für seine Schwester getan hat im Gegensatz zu dem als tölpelhaft geschilderten Priester Lupicinus in Stridon. Auch die Freunde ersucht er, sich seiner Schwester anzunehmen. Er schließt mit einigen freundlichen Worten auf die Familie des Chromatius und mit einer Würdigung der Verdienste, welche die beiden Brüder sich im Kampfe gegen die arianische Irrlehre in ihrer Vaterstadt erworben haben. Auch dieser Brief wird 375, also zu Beginn seines Wüstenaufenthaltes, geschrieben sein. Erinnert doch, was er über Bonosus und seine eigene Schwester schreibt, die er nur an diesen beiden Stellen erwähnt, stark an ähnliche Ausführungen in ep. 3 ad Ruf. und in ep. 6 ad Julianum.

1.

Papier darf nicht trennen, was Liebe verbunden hat. Ich will deshalb nicht einzeln an Euch schreiben, da Eure gegenseitige Liebe so innig ist, daß die Zuneigung, die Euch alle drei miteinander verbindet, nicht minder stark ist als das natürliche Band, welches zwei von Euch vereint. Wenn es ginge, möchte ich am liebsten aus Euren drei Namen nur einen einzigen machen. Euer Brief regt mich direkt dazu an, in einer Person drei Freunde und drei Personen in einem Freunde zu vermuten. 65 Als mich Euer Brief durch Vermittlung des ehrwürdigen Evagrius in dem Teile der Wüste antraf, der zwischen Syrern und Sarazenen die weite Grenze bildet, war ich freudig ergriffen. Es war mir zumute, als ob meine Freude viel größer wäre als die der Römer, da Marcellus nach der unglücklichen Schlacht von Cannä bei Nola zum ersten Male den stolzen Heeren Hannibals eine Niederlage beibrachte. 66 Wenn mich auch der genannte Bruder oft besucht und mich wie sein eigenes Selbst in Christo hegt, 67 so trennt ihn doch eine weite Entfernung von mir. 68 Verläßt er mich wieder, dann ist die Sehnsucht nach ihm mindestens so groß wie die Freude, die mir sein Kommen bereitete.

2.

Jetzt unterhalte ich mich mit Eurem Briefe, ich umarme ihn, er spricht mit mir, er allein versteht hier die lateinische Sprache. Hier muß man nämlich ein barbarisches Idiom lernen, das kaum als Sprache zu bezeichnen ist, 69 oder man muß ganz schweigen. So oft die Schriftzüge einer bekannten Hand liebe Gesichter vor mir erstehen lassen, ebensooft bin ich von hier abwesend, oder es ist mir, als leistet Ihr mir hier Gesellschaft. Glaubet den Worten der Liebe; denn sie sind lautere Wahrheit. Auch jetzt, wo ich diesen Brief schreibe, sehe ich Euch vor mir. Zuerst aber muß ich darüber Klage führen, daß Ihr mir, wo doch soviel Meer und Land zwischen uns liegt, nur einen so kurzen Brief geschickt habt. Vielleicht wolltet Ihr mich dafür strafen, daß ich Euch, wie Ihr erwähnt, bisher noch nicht geschrieben habe. An Papier hat es Euch gewiß nicht gefehlt; denn der Handel führt es reichlich aus Ägypten ein. Und als einmal ein Ptolemäus die Ausfuhr verbot, da sandte der König Attalus die dünnen Haute aus Pergamon, um so dem Mangel an Papier zu begegnen. 70 So ist ja der Name Pergament bis auf den heutigen Tag in der Überlieferung der Jahrhunderte erhalten geblieben. Wie soll ich es mir also erklären? Hatte es etwa der Bote sehr eilig? Aber eine Nacht reicht hin, um einen noch so langen Brief zu schreiben. Hat Euch irgendeine wichtige Beschäftigung abgehalten? Doch nichts ist von solcher Bedeutung, daß es den Pflichten der Liebe vorgeht. Es bleiben daher nur zwei Erklärungen übrig. Entweder es war Euch zu lästig, oder Ihr glaubtet mich dessen nicht würdig. Da will ich Euch lieber den Vorwurf der Saumseligkeit machen, als daß ich mich als unwürdig bekenne. Denn es ist eher möglich, daß Eure Nachlässigkeit sich bessert, als daß ich mir eine Liebe schaffe, die ich noch nicht besitze.

3.

Wie Ihr schreibt, hat sich Bonosus als ein Sohn des Fisches 71 in eine wasserreiche Gegend zurückgezogen. Ich, der ich noch vom Schmutze der früheren Ansteckung strotze, suche wie die Schlangen und Skorpione trockene Winkel auf, 72 Er tritt bereits den Natternkopf mit Füßen. Ich bin bislang noch immer eine Speise jener Schlange, die nach Gottes Urteil Staub fressen muß. 73 Er kann sich zum höchsten der Stufenpsalmen erheben. 74 Ich stehe als weinender Büßer am Anfange des Aufstieges und weiß nicht, ob es mir je gelingt, zu sagen; „Ich erhebe meine Augen zu den Bergen, von denen mir Hilfe zuteil wird.“ 75 Er hat sich aus den drohenden Fluten der Welt auf die sichere Insel gerettet, d.h. in den Schoß der Kirche, wo er vielleicht nach dem Beispiele des Johannes jenes geheimnisvolle Buch verzehrt. 76 Ich liege im Grabe meiner Frevel und warte, behindert durch Sündenbande, wie Lazarus im Evangelium auf das Wort des Herrn: „Hieronymus, komme heraus!“ 77 Bonosus hat — nach den Worten des Propheten liegt ja alle Macht des Teufels in seinen Lenden 78 — sein Lendentuch über den Euphrat hinübergetragen und in einer Felsspalte verborgen. Dort fand er es zerrissen wieder 79 und sang: „Gott, du bist der Herr meiner Nieren; 80 du hast meine Bande gesprengt. Dir will ich ein Lobopfer darbringen.“ 81 Mich hat der wahre Nabuchodonosor in Ketten nach Babylon, d.h. in die Verwirrung des Geistes geschleppt. 82 Dort hat er mir das Joch der Knechtschaft aufgelegt. Dort hat er mir den eisernen Ring angelegt83 und wollte mich zwingen, Sions heilige Lieder zu singen. 84 Ihm aber antwortete ich: „Der Herr befreit die Gefangenen; der Herr macht sehend die Blinden.“ 85 Ich will den angefangenen Vergleich mit seinen scharfen Dissonanzen zu Ende führen mit dem Ergebnis, daß ich erst tun Vergebung flehe, während ihm schon die Krone winkt.

4.

Die Bekehrung meiner Schwester ist nächst der Gnade Christi das Werk des heiligen Julian. 86 Er hat gepflanzt, Ihr sollt begießen, und der Herr wird das Wachstum geben. 87 Mir hat sie Jesus wiedergeschenkt, eine Lebende statt einer Toten, um mich zu trösten über die Wunde, welche ihr der Teufel versetzt hatte. Für sie fürchte ich, wie ein heidnischer Dichter sagt, alles, selbst wenn sie in sicherer Obhut ist. 88 Ihr wißt ja selbst, wie schlüpfrig der Weg der Jugend ist. Auch ich habe es erfahren müssen. Ihr seid glücklich, wenn auch nicht ohne Bangen, darüber hinweggekommen. Wo sie nun diesen Weg geht, müssen alle sie so weit wie möglich mit guten Mahnungen stützen. Alle müssen sie mit tröstenden Worten aufrichten und ständig mit Briefen frommen Inhaltes stärken. Da die Liebe alles auf sich nimmt, 89 so bitte ich Euch, den Bischof Valerian 90 anzugehen, damit auch er sie in einem Briefe im Guten festige. Ihr wißt ja, daß es auf ein Mädchengemüt besonders nachhaltig wirkt, wenn es wahrnimmt, daß es für die Oberen ein Gegenstand sorglicher Bemühung ist.

5.

In meiner Heimat, wo bäuerisches Wesen zu Hause ist, da ist der Bauch Gott. 91 Man lebt nur so in den Tag hinein. Der ist am heiligsten, der am reichsten ist. Und zu dieser Schüssel hat sich auch, wie man zu sagen pflegt, ein passender Deckel gefunden, 92 nämlich der Priester Lupicinus. 93 Es paßt auf ihn auch das andere Sprichwort, das nach des Lucilius 94 Erzählung den Crassus 95 ein einziges Mal während seines ganzen Lebens zum Lachen gebracht haben soll, als ein Esel gerade seine Disteln verzehrte: „Für ein Eselsmaul sind Disteln der richtige Salat.“ 96 Wie ein hilfloser Kapitän führt er das leckgewordene Schiff, und selbst ein Blinder, stürzt er die Blinden in die Grube. 97 Wie der Herr, so die, welche ihm unterstehen, 98

6.

Eure gemeinsame Mutter, in der Heiligkeit Eure Gefährtin oder besser Euer Vorbild, grüße ich mit der gewohnten Hochachtung. Ein Schoß, der solchen Söhnen das Leben gab, kann als ein goldener bezeichnet werden. Zugleich entbiete ich meinen Gruß auch Euren von allen hochgeschätzten Schwestern, die mit der Welt auch ihr Geschlecht überwunden haben, die reichlich Öl für ihre Lampen bereithalten, um die Ankunft des Bräutigams abzuwarten, 99 0 glücklich das Haus, in dem die Witwe Anna, die prophetischen Jungfrauen und zwei Samuele wohnen, die im Tempel auferzogen wurden! 100 Gepriesen sei das Heim, in dem die Mutter der makkabäischen Märtyrer, selbst eine Märtyrin, geschmückt mit der Siegeskrone haushält! 101 Wenn Ihr auch täglich Christum bekennet durch die Beobachtung seiner Gebote, so habt Ihr Euren verborgenen Ruhm gesteigert durch ein öffentliches Bekenntnis. Euch kommt ja das Verdienst zu, daß Eure Stadt dem Gifte arianischer Irrlehre verschlossen blieb. 102 Ihr wundert Euch wohl, wenn ich am Ende meines Briefes eine neue Sache berühre. Darf ich denn meinen Gefühlen keinen Ausdruck verleihen? Die einem Briefe angemessene Kürze legt zwar Schweigen auf, aber die Sehnsucht nach Euch zwingt mich, zu reden. Und wenn meine Sprache den Eindruck des Eilfertigen erweckt, wenn es an einer planvollen Durchführung fehlt, so denkt daran, daß die Liebe keine Ordnung kennt.

Ausgewählte Briefe, Band 1

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