Читать книгу Ausgewählte Briefe, Band 1 - Sophronius Eusebius Hieronmyus - Страница 17
Оглавление6. An den Diakon Julianus zu Aquileja
[Vorwort]
Mit der alten Heimat verbindet Hieronymus ein reger Briefwechsel. Allerdings muß er sich in diesem Briefe gegenüber Julian, der ihm wiederholt geschrieben hat, ohne Antwort zu erhalten, verteidigen. Er verspricht Besserung. Julian war der Seelenführer der jungen Schwester unseres Heiligen, von der wir wissen, daß sie sich eines Fehltrittes schuldig gemacht hat, ohne daß einwandfrei festzustellen wäre, ob es sich um ein sittliches Vergehen oder um den Anschluß an eine häretische Sekte handelt. Durch die Fürsorge des Diakons Julian war sie wieder auf den rechten Weg gekommen. Julian ist der erste, der ihm diese frohe Botschaft übermittelt. Hieronymus bittet seinen Freund, sich seiner Schwester auch fernerhin anzunehmen und ihm häufiger über ihre Fortschritte im Guten Bericht zu erstatten. Der Brief dürfte im Jahre 375 entstanden sein, in der ersten Zeit des Wüstenaufenthalts.
1.
Ein altes Sprichwort lautet; „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht.“ 60 Wie ich sehe, wendest Du es auch auf mich an, wenn Du mir Vorwürfe machst wegen des unterbrochenen Briefwechsels, Soll ich sagen: „Ich habe oft geschrieben, aber die Überbringer waren nachlässig?“ Du wirst antworten: „Das ist die faule Ausrede aller derer, die nicht schreiben.“ Soll ich sagen, ich habe niemanden gefunden, der die Briefe besorgen konnte? Du wirst erwidern; „Wie viele sind nicht in der Zwischenzeit von dort nach hier gereist?“ Ich könnte einwenden; „Diesen Leuten habe ich auch meine Briefe mitgegeben. Aber sie bestreiten es, nachdem sie die Aushändigung versäumt haben.“ Da wir nun voneinander getrennt sind, wird sich der Sachverhalt nicht aufklären lassen. Was soll ich nun tun? Ich fühle mich zwar unschuldig. Trotzdem will ich um Verzeihung nachsuchen; denn ich halte es für richtiger, zurückzutreten und um Frieden zu bitten, als stehen zu bleiben und Streit anzufangen. Immerhin darf ich darauf hinweisen, daß mich die ständige körperliche Erkrankung und seelischer Kummer so mitgenommen haben, daß ich, dem Grabe nahe, kaum mehr an midi dachte. Damit Du an meinen Worten nicht etwa zweifelst, will ich nach alter Rednersitte nach der Begründung die Zeugen aufmarschieren lassen.
2.
Der ehrwürdige Bruder Heliodorus weilte hier, der mit mir in die Einöde gehen wollte, den aber meine Sünden vertrieben haben. Indessen dürfte meine augenblickliche Gesprächigkeit meine Schuld wieder gutmachen. Schon Flaccus sagt in einer Satire: „Es ist ein Fehler aller Sänger, daß sie unter Freunden, wenn man sie darum bittet, nie singen. Fordert man sie aber nicht auf, dann hören sie überhaupt nicht mehr auf zu singen,“ 61 Ich werde Dich also mit ganzen Briefbündeln in Zukunft überschütten, bis Du mich drängen wirst, doch mit dem Schreiben Schluß zu machen.
Es freut mich, von Dir zuerst zu erfahren, daß meine Schwester, Deine Tochter in Christus, in ihrem neuen Entschlüsse ausharrt Wo ich jetzt weile, da weiß ich nicht, was in meiner Vaterstadt vorgeht, ja ich weiß nicht einmal, ob sie noch besteht. Mag mich auch die Iberische Schlange 62 mit ihren giftigen Verleumdungen zerfleischen, ich brauche der Menschen Urteil nicht zu fürchten; denn Gott wird mein Richter sein. „Mag auch die ganze Welt in Trümmer gehen, so werden die stürzenden Ruinen mich furchtlos sehen.“ 63 Ich bitte Dich daher, sei der Mahnung des Apostels eingedenk, der verlangt, daß unser Werk bestehen bleibe, 64 Dir wird die Rettung meiner Schwester ewigen Lohn bringen. Wenn Du mir aber weiterhin mitteilen kannst, daß ihr Verhalten uns gemeinsame Freude in Christus bereitet, wirst Du mir viel Freude machen.