Читать книгу Sexy Zeiten - 1968 etc. - Stefan Koenig - Страница 17

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Am Marshallbrunnen saßen all die Outlaws, die Beatniks, Hippies, Gammler und Provos. Dort hatte Kurt, einer der ewigen Langzeit-Studenten, einen sogenannten wilden Bücherstand aufgebaut. Er wurde wohl geduldet, denn die Bullen ließen ihn in Ruhe. Bei ihm gab es längst jene Bücher, die zu dieser Zeit noch keine der normalen Buchhandlungen in ihrem Sortiment führte. Ich hatte von meinem 10-DM-Taschengeld im Laufe der Monate etwas zusammengespart und kaufte jede Woche bei Kurt mindesten ein Buch im Wert von fünf bis acht Mark. Ein wirkliches Taschengeld-Opfer. Ansonsten saßen wir am Brunnen und gammelten.

»Gammeln« war ein neuer Lebensstil, das war Ausbruch pur. Wir wollten raus aus der absoluten Leistungsgesellschaft, der schulischen „Leistungshysterie“, in der wir uns bereits in jungen Jahren nur als kleine Rädchen in einem undurchschaubaren Getriebe vorkamen. Und Noten waren Scheiße. Wie konnte Mensch sich erdreisten, andere Menschen zu benoten! Was ein autoritärer Kack!

Die Gammler von Frankfurt trugen wie die Gammler in München, Hamburg oder Westberlin Zottelhaar, Militärjacken, Parkas, Fellwesten und Fellmützen, Ketten und Amulette. Jacken und Parkas waren meist aus amerikanischen Armeebeständen, die mit Parolen wie Ban The Bomb, Namen von Beatbands und dem Ostermarschabzeichen versehen wurden. Die männlichen Vertreter dieser Spezies trugen Bart. Am Opernplatz traf sich der Frankfurter Ableger jener einzigartigen Subkultur, die sich durch lässige Haltung und Vorliebe für Beat- und Folkmusik auszeichnete. Aber sie stand für keine politischen Inhalte, die über eine Verweigerungshaltung hinausgingen. Deutsche und ausländische Beatniks und Gammler hatten hier ihr Durchgangslager vor ihren Reisen in fremde Länder aufgeschlagen. Für den Spießbürger waren es schmarotzende Arbeitsverweigerer. Und so wurden wir mit ausdrucksstarken Worten bedacht: „Adolf hätte euch in Arbeitslager geschickt!“

Sexy Zeiten - 1968 etc.

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