Читать книгу Menschenwürde nach Nietzsche - Stefan Lorenz Sorgner - Страница 28
2.3.7 Mäßigung
ОглавлениеInsbesondere der Aspekt der Stetigkeit ist nach Cicero für die Mäßigung relevant55, wobei Stetigkeit bedeute, dass man kontinuierlich, beständig und gleich bleibend seine Ziele verfolgt und sich um das Gemeinwesen kümmert. Stets sei darauf zu achten, dass (1) sich das Begehren der Vernunft beugt, was der wichtigste der drei aufgeführten Grundsätze bezüglich der Mäßigkeit ist, (2) die Bedeutung jeder Handlung immer klar ist und (3) man bezüglich der äußeren Erscheinung das für einen freien Mann rechte Maß einhält.56 Das Maßhalten beziehe sich auf alle Bereiche des menschlichen Handelns, also sowohl auf die, die den Ernst des Lebens, als auch auf die, die die „Freizeit“ und die Spielerei betreffen. Der bedeutendste Bereich ist bei Cicero der ernste, schließlich seien wir zu „bedeutsameren und größeren Aufgaben“ geschaffen. Trotzdem gesteht er ein, dass wir uns auch den Scherzen, dem Schlafen, der Spielerei und sonstigen Entspannungen widmen dürfen. Dies sollten wir jedoch erst dann tun, nachdem wir den bedeutsamen und ernsten Aufgaben Genüge getan haben. Außerdem dürfe man auch bei diesen Betätigungen „nicht ausgelassen und maßlos sein, sondern vornehm und witzig“ (De off. I 103), und auch im Spiel müsse „ein gewisses Maß eingehalten werden“ (De off. I 104).
Nachdem ich mit den vier platonischen Tugenden den wichtigsten Bereich des honestum erläutert habe, kann nun die Hierarchie der Pflichten behandelt werden. „Das Primat der praktischen Philosophie, am eindeutigsten in ‚De Officiis‘ vertreten, scheint sich für Cicero aus der Selbstverständlichkeit des Primats gemeinschaftsbezogener sittlicher Praxis zu ergeben. Ihr sind wir allem voran verpflichtet“ (Forschner 1999, 167).57 Die Beschäftigung mit den ewigen Fragen hingegen muss bei einem Pflichtenkonflikt hinten anstehen, auch wenn Cicero verdeutlicht, dass „niemals weniger untätig gewesen, als wenn er frei von Tätigkeit, und weniger einsam, als wenn er einsam sei“ (De off. III 1).