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3.1 Manettis Erkenntnistheorie

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An Manettis Erkenntnistheorie wird deutlich, dass er hinsichtlich seiner Grundhaltung am ehesten ein theologischer Ethiker war. Ihm ging es um eine religiös fundierte humanistische Theorie des Lebens, bei der er hauptsächlich auf antike und christliche Quellen zurückgriff. Seine Ethik integrierte er nicht in ein komplexes, analytisch durchdachtes metaphysisches System. Sie muss vielmehr als eine allein stehende Position aufgefasst werden. Der andere wichtige Würdetheoretiker der Renaissance, der im folgenden Abschnitt behandelt wird, Pico della Mirandola, ist zwar ebenso stark religiös geprägt, jedoch ist Pico stärker innerhalb der philosophischen Tradition angesiedelt.3

Zu den bekannten fünf äußeren Sinnen (Tast-, Hör-, Seh-, Geruchs- und Geschmackssinn) kommen in Manettis Anthropologie, die für seine Erkenntnistheorie relevant ist, drei innere Sinne: das Vorstellungsvermögen, der Geschmack und das Gedächtnis.4 Außerdem sei das Gehirn in drei Hauptteile unterteilt, worin sich auch der Menschenverstand befinden soll. Eine vielschichtige Behandlung der Frage nach dem Verstand ist bei ihm nicht zu finden. Auch versucht er nicht, spekulativ vorzugehen und weitere Mutmaßungen bezüglich der Eigenschaften des Verstandes anzustellen.

Der Mensch strebe von Natur aus nach Erkenntnis, schreibt Aristoteles in seiner Metaphysik, und auch nach Manetti ist das menschliche Erkenntnisstreben von solch zentraler Bedeutung.5 Obwohl er das Erkenntnisstreben im Wesen des Menschen ansiedelt, ist es fraglich, welche Rolle die Vernunft bei der Entwicklung seiner Würdekonzeption gespielt hat. Er gibt zwar vor, bei entscheidenden Fragen auch mit Vernunftgründen zu argumentieren, jedoch kommen diese selten ohne epistemologisch problematische und fragwürdige Autoritätsbeweise aus, wobei er sowohl auf Dichter als auch auf Philosophen verweist. Insbesondere Aristoteles und der antistoische Cicero sind in seinem Werk von besonderer Bedeutung. Im Gegensatz zu diesen durchaus am Diesseits ausgerichteten Denkern spielt auch die Heilige Schrift, also die Bibel, eine außerordentliche Rolle.6 Die folgende Stelle weist sogar darauf hin, dass die Heilige Schrift von größerer Relevanz ist als die Schriften aller paganer Denker, schließlich wendet er sich deutlich gegen deren trügerische Weisheiten.7

Die Positionen der großen Philosophen hingegen sollen mit der Heiligen Schrift und der rechten Vernunft übereinstimmen.8 Die rechte Vernunft und die Heilige Schrift sollen zu demselben Ergebnis gelangen. Er scheint verschiedene Wege zuzulassen, um die Wahrheit zu erkennen. Der sicherste Weg sei nach Manetti jedoch, sich an die rechten Autoritäten, insbesondere die Heilige Schrift, zu halten. Mose verkünde weder menschliche Weisheit noch weltliche Philosophie, sondern lege „vielmehr für göttliche Werke Zeugnis“ ab (Glaap 1994, 142). Denker im Allgemeinen seien nicht so verlässlich, wobei er „die von göttlichem Licht erleuchteten Theologen von den einfach naturbegabten Philosophen“ in unzweideutigen Worten abhebt (Glaap 1994, 142). Die paganen Denker würden die Menschen zu einer falschen Position verführen. Nur die großen Philosophen, und das sind bei Manetti die, die in seiner Interpretation mit der Heiligen Schrift übereinstimmen, böten eine Einsicht in die Wahrheit dar, denn nur sie seien in der Lage, die Vernunft auf angemessene Weise zu nutzen. Daraus wird deutlich, dass nach Manetti der Glaube an die in der Bibel offenbarten Wahrheiten bezüglich der Erkenntnis die verlässlichste Basis darstellt.9

Menschenwürde nach Nietzsche

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