Читать книгу Goschamarie Der letzte Abend - Stefan Mitrenga - Страница 5
ОглавлениеVorspiel
Der perfekte Tag. Strahlend blauer Himmel, fast dreißig Grad. Die Wellen brachen unaufgeregt auf den Strand. Er spielte mit seinen Zehen im Sand, um seine Nervosität zu überspielen. Die meisten Gäste waren schon da, nur die Hauptperson fehlte noch: die Braut.
Festliche Musik setzte ein, dann wurde sie von ihrem Vater zwischen den Stuhlreihen hindurchgeführt. Ein Schleier verhüllte ihr Gesicht, das enganliegende Kleid endete auf Höhe der Knie. Ihre zierlichen Füße schienen den warmen Sand kaum zu berühren. Elfengleich.
Als sie neben ihm am Altar stand, übergab ihm ihr Vater ihre Hand. Dann verstummte die Musik und die Zeremonie begann.
Dies war der schönste Moment seines Lebens. Er hatte nicht mehr daran geglaubt, die Frau fürs Leben zu finden, doch nun stand er hier und war bereit die magischen Worte zu sagen: „Ja, ich will.“
Das Blut rauschte in seinen Ohren und er nahm die Worte des Pfarrers kaum war. Er drückte ihre Hand, um sicher zu gehen, dass dies alles real war.
Als der Moment gekommen war, wandten sie sich einander zu und er lüftete ihren Schleier. Das schönste Gesicht der Welt blickte ihm entgegen. Sie sahen sich in die Augen und wiederholten die Sätze, die der Pfarrer ihnen vorsprach.
Sie tauschten die Ringe und küssten sich, ringsherum klickten Kameras.
Wieder setzte Musik ein, jetzt rhythmisch und modern.
Serviermädchen eilten mit Tabletts umher und verteilten Sektgläser. Alle kamen zum Brautpaar, um auf dessen Wohl anzustoßen. Lachende Gesichter, unendlich viele Umarmungen.
Der Bräutigam befreite sich von seinem Jackett, das unter den Armen bereits Schweißringe zeigte und gesellte sich zu einer Gruppe junger Männer. Er beobachtete ein paar Kinder am Ufer, die ihre Kleider in den Sand warfen, und sich splitternackt in die Wellen stürzten. Sie kreischten vor Freude und bespritzten sich gegenseitig. Etwas abseits saß die Großmutter der Braut auf einem Campingstuhl. Sie versuchte nicht einmal fröhlich zu wirken. Sie war von Anfang an gegen diese Verbindung gewesen. Ihre Blicke trafen sich für den Bruchteil einer Sekunde. Der Bräutigam war irritiert: war da der Ansatz eines Lächelns gewesen? Als er erneut hinsah, schaute die alte Dame in eine andere Richtung.
Die Braut war in ein Gespräch mit ihren Geschwistern vertieft. Sie lachte laut und fröhlich und ihre Brüder und Schwestern stimmten ein. Der Bräutigam wollte sich zu ihnen gesellen, doch erneut wurden ihm Sektgläser entgegenstreckt. Eine Tante der Braut, mit den Maßen einer üppigen Buddhafigur, nahm ihn so fest in den Arm, dass ihm die Luft weg blieb. Hilfesuchend blickte er sich nach seiner Frau um, doch die blieb bei ihren Geschwistern stehen. Sie sah lächelnd zu, wie er versuchte sich aus den Fängen der Tante zu lösen. Doch ihr Lächeln hatte sich verändert. Es war ein kaltes Siegerlächeln.