Читать книгу Internationale Migrationspolitik - Stefan Rother - Страница 21

2.2.3 Liberaler Intergouvernementalismus

Оглавление

Eine weitere Theorie ist der Liberale Intergouvernementalismus. Diese Theorie sieht Staaten weiterhin als rationale Nutzenmaximierer an, die allerdings auch erkennen können, dass eine gewisse Aufgabe ihrer Souveränität hin zu supranationalen Institutionen – wie der EU – in ihrem Interesse sein kann. Während alle bisher genannten Theorien den Staat als zentralen Akteur sehen, lenkt diese Theorie das Augenmerk auf gesellschaftliche Gruppen, die ihre materiellen und ideellen Interessen innerhalb des Staates, aber auch über dessen Grenze hinaus, also transnational, durchzusetzen versuchen (Moravcsik 1997).

Internationale Politik erfolgt also auf zwei Ebenen: Gesellschaftliche Gruppen tragen einen sowohl innerstaatlichen als auch transnationalen Wettbewerb um Interessen aus und nehmen dadurch Einfluss auf die Politik von Regierungen. Staaten sind somit für Moravcik „ein Transmissionsriemen dominanter gesellschaftlicher Präferenzen, die sich auf die Außenpolitik eines Staates übertragen“. Im Bereich der Migrationspolitik könnte dies also bedeuten, dass tatsächliche (oder angenommene) fremdenfeindliche Stimmungen in der Bevölkerung oder der Erfolg von Anti-Immigrations-Parteien Regierungen dazu bringen, restriktivere Migrationsgesetze zu verabschieden, selbst wenn diese ihren wirtschaftlichen Interessen oder humanitären Prinzipien widersprechen. Die Debatten, die zum britischen „Brexit“-Volksentscheid geführt haben, können hierfür als Beispiel gesehen werden.

Die neofunktionalistische Theorie, deren Mitbegründer Ernst B. Haas ist, befasst sich ebenfalls mit vor allem regionaler Kooperation – allerdings aus einer entgegengesetzten Perspektive (Haas 2004): Hier führt Kooperation zur Schaffung supranationaler, also überstaatlicher Institutionen, deren Existenz und bürokratischer Apparat wiederum weitere zwischenstaatliche Kooperation befördert. Der Ansatz ist gut geeignet, die zunehmende Integration der EU, wie etwa auch die Personenfreizügigkeit im Rahmen des Binnenmarkts, zu erklären. Allerdings zeigen die politischen Verwerfungen im Rahmen der Geflüchtetenkrise und etwa der britische Widerstand gegen besagte Binnenfreizügigkeit, dass Integration kein unumkehrbarer Prozess ist, sondern von innerstaatlichen Debatten beeinflusst werden kann.

Internationale Migrationspolitik

Подняться наверх