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Der gleiche Sender

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Das erste Grün ist zu sehen und einige Zugvögel sind schon wieder da. Anfang März sind Tina und Theo aus Indien zurückgekehrt. Tina erinnert sich an ihre ersten Eindrücke bei der Ankunft am Flughafen und am Bahnhof. Die meisten Menschen kamen ihr gehetzt vor, sie lachten kaum und viele hatten graue Gesichter, ein Eindruck, der durch das spätwinterliche Wetter noch verstärkt wurde. Theos Kommentar dazu war:

„Das kenne ich schon von früheren Reisen. Merkwürdigerweise war der Kulturschock bei der Rückkehr nach Deutschland immer größer als bei der Ankunft in Indien. Lass uns den Sonnenschein und das fröhliche Temperament der Inder in unserem Herzen bewahren.“

Diese Reise hat in Tina eine innere Weite hinterlassen und den Blick für Wesentliches geschärft. Zwei Monate lang waren sie höchstens eine Woche, manchmal auch nur ein paar Tage an einem Ort. Das bedeutete, immer wieder den Rucksack zu packen, sich in den Bus oder die Bahn zu setzen und weiterzufahren. Alles, was sie brauchten, hatten sie bei sich. Zu Hause gibt es so viel unnötigen Ballast – mit diesem Gefühl ist Tina hier angekommen. Materielle Dinge sind zweitrangig und man kommt mit viel weniger aus, als man glaubt. Was wirklich zählt, ist aus einem anderen Stoff gewebt. Es hängt damit zusammen, etwas zu tun, was die Menschen froh macht. Wenn es andere glücklich macht, ist man es selbst auch.

Am folgenden Wochenende hat Tina ihr erstes Seminar gemeinsam mit Theo geleitet. Es ist Sonntagabend und sie sitzen beim Essen.

„Das hat prima geklappt mit uns beiden“, stellt Theo anerkennend fest.

„So habe ich mir das immer gewünscht“, schwärmt Tina. „Zusammen mit dir macht die Arbeit Spaß. Wir ergänzen uns auf ideale Weise.“

„Ja, meine Traumpartnerin, gut dass wir uns gefunden haben.“

Sie nickt und zwinkert ihm zu. „Da waren wohl auch noch andere Kräfte am Werk.“ Dabei denkt sie daran, dass sie schon lange nichts mehr von Luna gehört hat.

„Du warst sehr beschäftigt in letzter Zeit, sodass kein Durchkommen war“, meldet sich Luna sogleich und Tina ist ein wenig erschrocken. „Ihr habt ein interessantes Wochenende hinter euch. Von meiner Ebene aus kann ich alles beobachten.“

„Herzlich willkommen, schön, dass du da bist“, freut sich Tina und fragt Theo: „Habe ich euch einander schon vorgestellt?“

„Wir kennen uns schon“, antwortet er. „Oder zumindest kenne ich Lunas Qualität schon lange, lange bevor ich dich kennengelernt habe, mein Schatz. Was glaubst du, woher ich meine Botschaften bekomme? Das ist der gleiche Sender, bei dem Luna arbeitet. Stimmt’s?“

Luna nickt.

„Kannst du sie sehen? Sieht sie genauso aus wie ich?“, will Tina wissen.

„Ja, ich kann sie sehen“, antwortet Theo. „Und sie ist ebenso schön wie du.“

Tina errötet ein wenig und wendet sich an Luna: „Was gibt es Neues bei Simon und Joachim?“

„Dein Mann wird langsam ungeduldig, weil seine Franziska nun endlich mit ihrem Kind bei ihm einziehen will. Vorher sollen möglichst alle Spuren von dir beseitigt werden. Das funktioniert natürlich nur bedingt, weil das ganze Haus mit dir verbunden ist. Doch solche Zusammenhänge sind deinem Mann nicht bewusst. Aber lassen wir das! Die Kinder mögen sich und spielen gerne miteinander. Es ist so, als hätte dein Sohn eine kleine Schwester bekommen. Trotz allem vermisst er dich natürlich, das weißt du ja, genauso wie du ihn.“

Tina nickt, ihre Traurigkeit hat sie erneut eingeholt. Bei aller Freude über den Erfolg der gemeinsamen Arbeit mit Theo leidet sie doch unter der Trennung von Simon. Luna hat dazu einen aufmunternden Kommentar:

„In dir steckt noch vieles, was ungelebt ist und was leben möchte. Davon hast du an diesem Wochenende eine Ahnung bekommen. Dein Sohn ist da ganz ähnlich wie du. Ihr habt beide mit dazu beigetragen, eine Situation zu schaffen, in der ihr neue Erfahrungen sammeln könnt. Das wird sich am Ende als sehr wertvoll erweisen, sowohl für jeden von euch als auch für euer Verhältnis zueinander. Der Schmerz, den du jetzt empfindest und den auch dein Sohn empfindet, zeigt euch zugleich eine Dimension der Liebe, die ihr beide in euch tragt. Diese Liebe ist stärker als äußere Begrenzungen und Zeiten der räumlichen Trennung. Darum lass ihm seine Erfahrung und nimm die deine an. Mache dir keine Vorwürfe! Es gibt keine Frage der Schuld in deinem Verhalten, niemandem gegenüber. Wenn du wachsen willst – und das willst du ja – wenn du dich aus alten Begrenzungen befreien willst, die vieles unmöglich gemacht haben, was du erreichen wolltest, dann solltest du auch Vertrauen haben, dass sich alles zum Besten fügen wird.“

„Ja, im Grunde genommen spüre ich das Vertrauen auch“, stimmt Tina zu. „Dennoch bin ich ständig in Gedanken bei Simon. Ich vermisse ihn sehr.“ Sie kann ihre Tränen nicht länger zurückhalten und lässt sie fließen. Nachdem sie sich wieder halbwegs beruhigt hat, fährt sie fort: „Die Dinge nehmen jetzt ihren Lauf. Für Samstag in einer Woche ist der Umzugswagen bestellt, und mein Sohn wird mit uns fahren, um sein kleines Zimmer einzurichten, das er an den Wochenenden bei uns bewohnen wird. Wir haben eine helle und geräumige Wohnung gefunden.“

„Was wirst du tun, um deine energetischen Stricke zum Tannenhof zu lösen?“, möchte Luna wissen.

„Ich habe keine Ahnung“, gibt Tina zu und ergänzt nach einer Weile: „Ich denke, es ist gut, sich die positiven Seiten klarzumachen und die schönen Dinge wertzuschätzen. Ich bin froh, wenn Franziska und ihr Kind sich wohl fühlen in meinem ehemaligen Heim, und glaube daran, dass ich dort immer willkommen sein werde. Joachim hat mir das sogar einmal schriftlich zugesichert. Franziska wird es bestimmt anerkennen, wie viel Arbeit, Geld und Liebe ich in dieses Haus gesteckt habe, so dass sie dort recht komfortabel wohnen kann. Sie wird sich auch darüber freuen, dass Simon und sein Vater wohlerzogene Männer mit guten Manieren sind.“ Tina ist im Sternzeichen der Zwillinge geboren und so schnell wie ihre trüben Gedanken kommen, verfliegen sie auch wieder.

„Kürzlich habe ich meine alten Tagebücher ausgepackt und weiter an der Lebensgeschichte von Simon geschrieben. Für mich ist es eine spannende Aufarbeitung der Vergangenheit, wenn ich aus seiner Perspektive berichte. Ich kann euch ja mal einen Teil aus dieser idyllischen Zeit vorlesen“, schlägt sie vor, nachdem sie sich die Nase geputzt hat. „Und wisst ihr was? Ich komme richtig gut drauf beim Schreiben!“

Familienglück im Klimawandel

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