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Weltoffen und tolerant

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Man sollte denken, dass nur ein weltoffener und toleranter Mensch jahrelang fremde Länder bereist. Ich bin jedoch der beste Beweis dafür, dass es leider auch anders geht. Oder vielmehr ging. Ich war manchmal geradezu fixiert auf Nuancen, die mich triezten, und konnte mich maßlos über solche Nichtigkeiten aufregen. Heute schäme ich mich fast ein wenig dafür. Das verdeutlicht sich an ein paar Erlebnissen, die ich in Indien gemacht habe: Ein dortiger Beamter öffnete seinen Schalter nicht zur angegebenen Zeit, das Taxi fuhr an den falschen Ort oder die Hotelgäste waren zu laut, wenn ich schlafen wollte. Der oder die Schuldigen waren nach meinem Ermessen schnell gefunden: Warum will mir der Beamte etwas Böses? Macht der Taxifahrer etwa einen Extrabogen für mehr Kilometergeld? Hatten es die Hotelnachbarn auf mich persönlich abgesehen? Wurde mein besetzter Schlafplatz im Zug durch Indien etwa doppelt verkauft?

Ich war ein aufbrausender und impulsiver Zeitgenosse zu dieser Zeit, und ich hielt mich auf meinen Wegen nicht mit diskreditierenden Wertungen und unflätigen Urteilen zurück. Die Folgen meines Ungestüms waren dann lauthals ausgetragene Streitigkeiten mit Einheimischen, die nicht wussten, wie ihnen geschah. Je hektischer und chaotischer es an einem fernen Ziel war, desto mehr rieb mich das innerlich auf. Um mich zu beruhigen, hielt ich nicht etwa inne, nein, ich wurde noch aktiver und noch lauter! Und das bis hin zur Erschöpfung. Ich eilte sozusagen im Sauseschritt durch all die wunderbaren Länder und Kontinente, ohne zu wissen, was ich tief im Herzen suchte oder wollte. Manchmal kam ich wegen meines Fast-Forwards mit keinem einzigen Einheimischen in Kontakt und knüpfte folglich auch keine wertvollen Bekanntschaften. Obschon ich mich gut auf Englisch unterhalten kann, war ich bei Konversationen oft seltsam blockiert. Ich verhaspelte mich ständig, machte dumme Fehler oder verstummte von einem Moment zum anderen. Es ist sicher nachvollziehbar, dass ich nach solch einer Reise alles andere als ausgeruht in die Schweiz zurückkehrte. Nichtsdestotrotz plante ich bereits im Kopf die nächste Route.

Warum zum Teufel Ritalin?

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