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Ein Präsent aus der Schweiz

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Ich erlaube mir an dieser Stelle eine weitere kleine Rückschau, um zu verdeutlichen, wie sich ein stressgeplagtes Dasein mit der passenden Dosis an Ritalin praktisch in Luft auflösen kann. Der grassierende Antiamerikanismus hielt mich vorerst ab von meinem Vorhaben, in das «Land der unbegrenzten Möglichkeiten» zu reisen. Andere Ausflüge in ferne Länder hatten eindeutig Vorrang. Doch noch während meiner ersten USA-Reise sollte schon bald die Zeit kommen, in der mich nichts mehr bremsen konnte, meinem ganz großen Idol einen Besuch abzustatten. Eine Frau, die auf besagter «Woodstock»-Platte hochschwanger und mit kraftvoller Stimme Anti-Kriegs-Lieder sang: Joan Baez.

Über dreißig Jahre, nachdem ich mir die erste Platte von Joan Baez gekauft hatte, stand ich vor dem Bungalow der berühmten Folk-Sängerin. Ich hatte erfahren, dass sie zum Zeitpunkt meines Aufenthaltes ihr letztes Konzert auf ihrer Abschiedstournee in Oakland geben würde und am nächsten Tag – so malte ich mir das aus – vermutlich wieder auf ihrem Landsitz im Silicon Valley anzutreffen wäre. Also machte ich mich zuerst mit dem Zug auf nach Redwood City und gelangte danach mit dem Schulbus bis nach Woodside High School. Nachdem ich die letzten drei Kilometer bis zur besagten Adresse zu Fuß lief, erblickte ich das schöne alte Holzhaus schon von Weitem. Da es keinen Briefkasten und auch keine Türglocke gab, legte ich die leckeren Pralinen aus der Schweiz auf die Schwelle des Eingangstors. Dazu schrieb ich eine persönliche Karte an Joan Baez und blieb noch eine Weile dort, um ein Sandwich zu essen und danach die Rückreise nach San Francisco anzutreten. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht wusste, ob Joan Baez die Schoggi und meine Zeilen je erreichen würden, fühlte ich mich unendlich gut dabei.

Ein halbes Jahr später, bei einem Konzert in London, wartete ich beim Bühneneingang auf die Musikerin. Prompt suchte die beliebte Folklegende den Kontakt zu ihren Fans und ich schaffte es tatsächlich, ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Ich machte nämlich nicht den Fehler, dort zu warten, wo sich die Fan-Massen aufhielten. Ich beobachte fern der Massen ein Taxi, das diskret in die Nähe des Bühneneingangs fuhr und ich wusste instinktiv, dass der Wagen für Joan Baez bestimmt war. Menschen mit ADHS entwickeln nämlich ein feines Sensorium, wenn sie etwas unbedingt wollen. Wir spüren in diesen Momenten genau, was geht und was nicht geht. Es sind dann die feinen Details, die uns auffallen und die wir richtig einordnen in unserem Plan.

Joan Baez stieg dann prompt in das Taxi, vor dem ich stand, und so konnte ich ihr noch eine Frage stellen. Mit einem Lächeln im Gesicht bestätigte sie mir, mein spezielles Geschenk erhalten zu haben, und ich war endgültig zufrieden, wenn nicht zu sagen, ein klein wenig selig. Diesen Zustand genoss ich während meines London-Aufenthalts noch ein paar Tage lang.

Warum zum Teufel Ritalin?

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