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11. Im Schrapnellfeuer.

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Inhaltsverzeichnis

Beim Dorf Dannevoux, das voller Ersatztruppen ist, kommen wir dem Feuer noch näher.

Sechs Kilometer weiter liegt Septsarges. Der Weg dorthin ist schon im Schußbereich der französischen Batterien, und von Zeit zu Zeit schlagen Granaten neben ihm ein. Aber wir fahren noch im Schutz einer schwachen Geländewelle im Süden, und es ist ein Glück, daß eine Panne uns zum Halten zwingt, während wir noch in Deckung sind; denn ein kleines Stück weiter vorn wird man von den französischen Beobachtungsposten gesehen und zieht dann mit aller Wahrscheinlichkeit das Feuer auf sich; die französische Artillerie ist so eifrig, daß sie ihre Munition auf einen einzigen Menschen verschwendet.

Das Auto ist wieder in Ordnung. »Schnell über die Höhe!« kommandiert Major Matthiaß. Leichter gesagt als getan, denn der Landweg ist schmal und ein vollständiges Moorbad, worin schwere Wagen bodenlos tiefe Furchen hinterlassen haben. Links im Süden werden zwei französische Fesselballons sichtbar; ein keineswegs behagliches Gefühl, denn sie stehen mit den Batterien unter ihnen in telephonischer Verbindung. Es wirkt auch gerade nicht ermunternd, am Wegrand Holzkreuze auf frischen Gräbern zu sehen. Dort im Graben ein totes Pferd — der Granatlöcher sind schon so viele, daß wir ihnen keine Aufmerksamkeit mehr schenken — neben der Straße eine Kolonne, die Hafer für die Pferde der Mörserbatterie gebracht hat. Schon sind wir in nächster Nähe der ersten Batterien mit je vier dieser gewaltigen Brummer. Zwischen zwei solchen Stellungen fahren wir während des Feuerns durch. »Laden!« kommandiert ein Hauptmann — »Fertig zum Feuer!« — gleich darauf »Feuer!« — alle vier Schüsse gehen fast gleichzeitig los. Blitzschnell fährt ein Feuerbüschel aus der Mündung. Ein Schuß erdröhnt, daß man sich die Ohren zuhält und das Land ringsum erzittert, und dann hört man das eigentümliche, unheimliche Pfeifen, wenn die Projektile in die französischen Stellungen hinübersausen. Jeder Mörser hat einen Schutzschild; bei den Kanonen findet die Bedienung in Erdhöhlen Deckung, falls das Feuer der Franzosen der Batterie allzu hart zusetzen sollte.

In Septsarges standen auch die Feldküchen bereit mit ihren rauchenden Schornsteinen. Tagsüber wird das Essen gekocht, und sobald es dunkel ist, fahren die Feldküchen in die Nähe der Schützengräben, wobei sie immer soviel als möglich im Gelände Deckung suchen. Die Mannschaften in den Schützengräben wissen, wo die Küchen zu finden sind, und begeben sich im Schutz der Dunkelheit dahin, um sich ihre Blechtöpfe mit siedender Fleischbrühe füllen zu lassen.

Im Dorf erkundigten wir uns bei ein paar Offizieren nach dem Stand der Dinge und fuhren dann bis zu einem geschützten Platz, wo wir unsern Wagen verließen. Darauf gingen wir weiter hinauf nach Süden, wobei wir die nächste Mörserbatterie links und eine Position von Feldartillerie rechts hatten. Auch die Mannschaften der Feldartillerie hatten sich neben den Kanonen Erdhöhlen gegraben und mit Zweigen, Stroh und Laub gedeckt, um sich vor französischen Fliegern zu verbergen. Vom Automobil aus gingen wir etwa achthundert Meter auf das französische Feuer zu. Die Schützengräben sind zwei ziemlich parallel laufende, einige hundert Meter voneinander entfernte Linien. Hinter ihnen sind die Artilleriestellungen, ebenfalls in zwei fast parallelen Linien. Wir bewegten uns also jetzt zwischen den deutschen Artilleriestellungen und den deutschen Schützengräben, d. h. in dem Gebiet, das das Ziel der französischen Artillerie war. Wir beobachteten daher alle Vorsichtsmaßregeln, die sich aus dem Gelände ergaben. Unser Ziel war ein Beobachtungsstand oben auf der Anhöhe, wo ein paar Artillerieoffiziere unbeweglich wie Bildsäulen bei ihren auf Holzstativen ruhenden Scherenfernrohren standen. Sie leiteten das Feuer der Mörserbatterie und meldeten mittels Telephon, wo die Granaten einschlugen, ob die Schüsse zu niedrig oder zu hoch gingen, zu weit rechts oder zu weit links vom Ziel, das nach den Meldungen der Patrouillen und Flieger festgelegt wird.

Unten gingen wir noch einigermaßen sicher, da wir nicht von der französischen Front aus gesehen werden konnten. »Achten Sie auf die Telephondrähte!« rief Matthiaß, der an der Spitze ging, als wir einige Leitungen im Grase überschritten. Nun erreichten wir etwa die Mitte des Abhangs, wo uns die Franzosen von mehreren Punkten aus sehen konnten, und stiegen dann in einen langen Laufgraben hinab, der bis in die Nähe des Beobachtungspostens führte. Der Graben war wenig mehr als einen Meter tief und wir mußten stark gebückt gehen, um nicht gesehen zu werden. Infolge der Abschüssigkeit des Terrains war zwar das meiste Wasser abgelaufen, was aber noch vorhanden war, genügte, um den Boden des Grabens in einen graubraunen Lehmbrei zu verwandeln, worin man mit schweren Sohlen ausglitt und bis zur Mitte des Schienbeins einsank.

Die Beobachter stehen oben in ihren Mänteln auf der Spitze des Hügels, eine niedrige, kurze Brustwehr vor sich. Im allgemeinen ist man auf solch einem Punkt nicht gerade willkommen, denn man kann die Aufmerksamkeit der Franzosen wecken und die Beobachter in Lebensgefahr bringen. Sie grüßten denn auch nur kurz und fuhren fort, das französische Feuer zu beobachten, unbeweglich wie Bildsäulen. Wir gingen den letzten Abschnitt im Gänsemarsch, damit es wenigstens von den gerade gegenüberliegenden Batterien aus scheinen sollte, als käme bloß ein Mann und wir nicht zerstreut auf der Spitze des Hügels mehr Bewegung verursachten. Auf den Hacken sitzend, beobachteten wir das Land im Süden in der Richtung nach Malancourt und orientierten uns so gut es ging. Der Major erklärte gerade, welche Höhen, Wälder, Dörfer und Chausseen von den Deutschen genommen worden waren und wo die französischen Stellungen begannen, als ein Schrapnell in unserer unmittelbaren Nähe explodierte, gleich links von uns. »Deckung!« rief Major Matthiaß und warf sich der Länge nach hinter der Brustwehr nieder. Wir waren kaum seinem Beispiel gefolgt, als drei neue Schrapnells in etwas weiterer Entfernung niedergingen. Offenbar hatte uns der französische Beobachter doch gesehen und das Feuer einer Batterie gerade auf uns einstellen lassen. Wir hielten es daher für das klügste, einen sichreren Platz aufzusuchen. Zunächst gingen wir wieder zu der Mörserbatterie hinab. Während der nächste Schuß geladen wurde, entwarf ich die beigefügte, sehr unvollkommene Skizze, aber es verlangt wohl niemand, daß man Geistesgegenwart und Kaltblütigkeit zu ausführlichen Zeichnungen hat, wenn man jeden Augenblick mit Schrapnells überschüttet werden kann. Das Bild zeigt das Mörserrohr, gesenkt zum Laden, rechts auf einer Trage ruht ein Geschoß.

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