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B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines Betreuers › VI. Der Sozialbericht der Betreuungsbehörde

VI. Der Sozialbericht der Betreuungsbehörde

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Der Gesetzgeber legte in den Gesetzesmotiven zum BtG nieder, dass ein Gutachten über die „sozialen Gesichtspunkte“ des Betroffenen einzuholen ist.[1] Es kann sich demgemäß als ein schwerer Mangel der nach § 26 FamFG vom Gericht zu veranlassenden umfassenden Sachverhaltsaufklärung darstellen, wenn das Einholen eines so genannten Sozialberichts, § 279 Abs. 2 FamFG, § 8 S. 2 BtBG, unterbleibt.[2] Nach der vorbezeichneten Vorschrift ist die Betreuungsbehörde verpflichtet, das Gericht bei der Sachverhaltsfeststellung zu unterstützen. Voraussetzung ist allerdings ein konkreter Ermittlungsauftrag des Betreuungsgerichtes.[3] Die Behörde ist nur im Rahmen der vom Betreuungsgericht festgestellten Aufklärungsbedürftigkeit zu Ermittlungen befugt. Die Betreuungsbehörde darf allenfalls in dem kaum denkbaren Fall des greifbar sachfremden gerichtlichen Nachsuchens eine Tätigkeit verweigern.[4] Bei seinen Anfragen sind also vom Betreuungsgericht konkrete Angaben darüber vorzunehmen, zu welchem Sachverhalt eine Unterstützung bzw. Stellungnahme der Behörde erwartet wird.

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Der anzufertigende Sozialbericht soll Aufschluss über die Lebensverhältnisse und das soziale Umfeld des Betroffenen geben.

Der Sozialbericht soll sich nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere auf folgende Kriterien beziehen:

1. persönliche, gesundheitliche soziale Situation des Betroffenen,
2. Erforderlichkeit der Betreuung einschließlich geeigneter anderer Hilfen (§ 1896 Abs. 2 BGB),
3. Betreuerauswahl unter Berücksichtigung des Vorrangs der Ehrenamtlichkeit (§ 1897 BGB) und
4. diesbezügliche Sichtweise des Betroffenen.

Auf diesem Wege erhält das Gerichts beispielsweise Kenntnis von einer bereits existierenden Vollmacht oder aber einer Patientenverfügung des Betroffenen zu Gunsten eines Dritten, was gegebenenfalls die Erforderlichkeit der Betreuungsanordnung entfallen lässt. Ferner wird hierdurch dem Sachverständigen das zeitraubende Erheben einer Sozialanamnese erspart. Dem Arzt sollte vor der Erstellung seines Sachverständigengutachtens bereits der Sozialbericht vorliegen, § 280 Abs. 2 S. 2 FamFG.[5] Allein dieses Vorgehen stellt eine interdisziplinäre Beurteilung der Betreuungsbedürftigkeit sicher.

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Zwar ist im Gegensatz zur persönlichen Anhörung des Betroffenen durch das Gericht nach § 278 FamFG und der Vorlage eines Sachverständigengutachtens nach § 280 FamFG ein Bericht der Betreuungsbehörde nicht zwingend erforderlich für eine Betreuerbestellung.[6] Die Relevanz der Einbeziehung der Betreuungsbehörde in das anhängige Betreuungsverfahren unterstreicht jedoch auch der Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Betreuungsrecht“ in ihrem Abschlussbericht aus dem Jahre 2003. Dort war vorgeschlagen worden, die Betreuungsbehörde regelhaft um Stellungnahmen zu ersuchen und sogar im Zuge einer Strukturreform als „Eingangsinstanz“ zu nutzen.[7] Mit dem am 1.7.2014 in Kraft getretenen Gesetz zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde ist nun die obligatorische Stellungnahme der Betreuungsbehörde (§ 279 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 8 Abs. 1 BtBG) in das Betreuungsrecht aufgenommen worden.

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In der Tat bietet eine frühe Einschaltung der Betreuungsbehörde den Vorteil, dass deren besonders sozialpädagogisch geschulte Mitarbeiter im Vorfeld eines gerichtlichen Anhörungstermins die Angelegenheit mit dem Betroffenen erörtern und diesen gezielt auf das weitere Verfahren vorbereiten können. Zudem können aufgrund der Verzahnung der Betreuungsbehörde mit Sozialleistungsträgern, karitativen Einrichtungen und Beratungsstellen die Möglichkeiten alternativer Hilfen eruriert werden (§ 4 Abs. 2 BtBG). Der Hinweis auf andere Hilfen seitens der Betreuungsbehörde an den Betroffenen im Rahmen eines Beratungsangebots und die Vermittlung insbesondere an Sozialleistungsträger sollen aus der Sicht der Justizministerien „überflüssigen“ Betreuungen vermeiden helfen. Inwieweit tatsächlich oft komplexer und beeinträchtigter Personen überfordernder Mitwirkungserfordernisse insbesondere im Sozial- und Steuerrecht diese Hinweise wirklich betreuungsvermeidend wirken können, sei an dieser Stelle skeptisch betrachtet. Dies gilt insbesondere für die bisweilen massiven Mitwirkungspflichten (§§ 60 ff SGB I, ergänzt um spezielle Pflichten im SGB II und III).

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Auch sieht die im Rahmen des „Stärkungsgesetzes“ erfolgte Neufassung des § 280 FamFG vor, dass die Stellungnahme der Betreuungsbehörde dem Sachverständigen vorgelegt wird, damit er deren Inhalt mit zur Grundlage seines Gutachtens nehmen kann. Im Regelfall wird anzunehmen sein, dass die Bitte um Sachverhaltsaufklärung an die Behörde und die Beauftragung eines Sachverständigen gleichzeitig erfolgt. Der Gesetzgeber geht also offenbar von der Vorstellung aus, dass die behördliche Stellungnahme zeitlich vor der Vorlage des Gutachtens erfolgt, sonst hätte ihre Weitergabe an den Gutachter wenig Sinn.

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Muster Sozialbericht

Abteilung Betreuungsbehörde

– Geschäftszeichen (. . .) –

Sozialbericht

bei der Betreuungseinleitung

1. Anregende Stelle: Betreuungsbehörde, K., Sozialarbeiter

2. Personalien der zu betreuenden Person:

Familienname: St.

Vorname: Egon

Geburtsdatum: (. . .)

Anschrift: (. . .)

Telefon: (. . .)

Ehefrau: Bärbel St., geb. (. . .)

3. Soziale Situation des Betroffenen:

Die Eheleute St. wurden uns im März 2012 von Nachbarn als hilfsbedürftige Personen gemeldet.

Von einer auf dem gleichen Aufgang wohnenden Nachbarin (Frau H., Tel. (. . .)) erhalten die Eheleute wohl schon seit Jahren sehr liebevoll wirkende, dabei auch fachkundige Hilfen.

Durch den durch uns eingeschalteten Hausarzt (Dr. med. Andreas H., Adresse etc.) wurde die Sozialstation B. als Hauspflegedienst eingesetzt.

Die Eheleute sind finanziell gut abgesichert, da sie aus ihrer früheren Tätigkeit bei der Post eine gute Rente (s. Anlagen) beziehen. Laut Kontostand vom 13.4.2015 verfügen die Eheleute allein auf ihrem Girokonto über ein Vermögen von 110.397,80 €. Daneben sollen noch Sparbücher existieren, auf denen eine größere Summe hinterlegt ist.

4. Zur praktischen Lebensbewältigung

Die Eheleute sind nicht mehr in der Lage, ihre Behördenangelegenheiten und ihre Vermögensangelegenheiten zu regeln. Eingehende Post wird von den Eheleuten in der Regel weggeworfen, da offenbar auch die Fähigkeit fehlt, den Sinngehalt der Schriftstücke zu verstehen. Herr St. kann sich wahrscheinlich infolge einer Altersabbauerscheinung verbal nur noch unter Mithilfe seiner Ehefrau artikulieren, auch unter Mithilfe der Ehefrau ist man im Gespräch auf Mutmaßungen angewiesen. Die Ehefrau hat eine nur sehr lückenhafte zeitliche Orientierung und ist sehr vergesslich.

5. Die Betroffenen verfügen über folgende Hilfen durch:

Nachbarin: Frau H., gleiche Anschrift

Sozialstation B, Anschrift.

Hausarzt: Dr. med. Andreas H., Anschrift.

Es wurde bis dato keine Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung erteilt.

6. Zum möglichen Aufgabenkreis einer Betreuung:

Durch eine Betreuung sollten die Behörden- und die Vermögensangelegenheiten geregelt werden, und zwar in einer Art und Weise, die es den Eheleuten weiterhin möglich macht, einkaufen zu gehen und – wie sie es gern tun – in den umliegenden Restaurants essen zu gehen. Als regelungsbedürftig ist wahrscheinlich auch der Bereich der Abrechnung mit der Postbeamtenkasse und die Abgabe der Steuererklärungen anzusehen.

Für den Bereich „Entgegennahme von Postangelegenheiten“ müsste ebenfalls eine Regelung gefunden werden. Bislang werden wichtige Schreiben an die Nachbarin, Frau H., adressiert.

7. Zu einer möglichen Betreuerbestellung:

Die Eheleute St. sind auf Nachfrage mit einer Betreuerbestellung einverstanden. Es ist jedoch fraglich, inwieweit beide den Sinngehalt der Frage verstanden haben; außerdem wirken beide suggestibel.

Aus der Sicht unserer Beratungsstelle käme die Nachbarin Frau H. in Frage. Diese befürchtet jedoch aus nachvollziehbaren Gründen, dass sich möglicherweise das bislang gute nachbarschaftliche Miteinander durch eine Betreuerbestellung verschlechtern könnte. Auch ist Frau H. berufstätig und arbeitet bei der Post, wo die Eheleute ihre Bankkonten haben.

8. Hinweise für das gerichtliche Verfahren:

Eine Terminvereinbarung sollte auch mit der Nachbarin, Frau H., telefonisch abgesprochen werden, damit diese die Eheleute an den Termin erinnern kann.

Die Eheleute sind wahrscheinlich nicht der Lage, das Amtsgericht zu finden, weshalb der Anhörungstermin in der Wohnung der Betroffenen stattfinden müsste.

(Sozialarbeiter)

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