Читать книгу Handbuch Betreuungsrecht - Sybille M. Meier - Страница 59

Оглавление

B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines BetreuersVII. Das Sachverständigengutachten › 1. Einleitung

1. Einleitung

138

Nach § 280 FamFG ist das Betreuungsgericht verpflichtet, im Rahmen seiner Ermittlungen ein Sachverständigengutachten einzuholen. Das Sachverständigengutachten ist das Kernstück des Betreuungsverfahrens. Unter Umständen kann es erforderlich sein, mehrere Gutachten zu beauftragen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist ein Gutachten zur „Notwendigkeit der Betreuung“ einzuholen. Nach der auf Vorschlag des Bundestagsrechtsausschusses im Rahmen des FGG-Reformgesetzes zum 1.9.2009 ergänzten Vorschrift, § 280 Abs. 3 FamFG, hat sich das Gutachten auf folgende Bereiche zu strecken:

Diagnose des Krankheitsbildes und seiner Entwicklung (Anamnese),
durchgeführte Untersuchungen und zugrunde gelegte wissenschaftliche Erkenntnisse (insbesondere ICD-Code der WHO),
Darstellung des körperlichen und psychiatrischen Zustandes des Betroffenen,
(vorgeschlagene) Aufgabenkreise einer etwaigen Betreuung und
voraussichtliche Dauer der Betreuungsmaßnahmen.
Nicht in § 280 FamFG, sondern in § 1896 Abs. 1a BGB erwähnt, sollte das Gutachten auch Aussagen zur freien Willensbestimmung vor allem in Bezug auf eine etwaige Betreuerbestellung, beinhalten.

Das Sachverständigengutachten muss so gefasst sein, dass das Gericht es auf seine wissenschaftliche Begründung, seine innere Logik und seine Schlüssigkeit hin überprüfen kann.[1]

139

Die Gutachten sind verfahrensentscheidend. Nach einer Statistik schließen sich Richter in 95 % der Fälle kritiklos dem Votum des Gutachters an.[2] Es ist daher für einen im Betreuungsrecht auf Seiten eines Betroffenen z.B. als Verfahrenspfleger tätigen Anwalt notwendig, medizinische Gutachten überprüfen und auswerten zu können. Anhaltspunkte hierzu werden u.a. in den nachstehenden Ausführungen gegeben.

140

Sofern kein Gutachten aus dem Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung nach § 282 FamFG i.V.m. § 18 SGB XI mit Einwilligung des Betroffenen oder seines Verfahrenspflegers ausnahmsweise als Ersatz für ein eigenes Sachverständigengutachten eingesetzt werden darf, ist in folgenden Angelegenheiten zwingend ein Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben:

Betreuerbestellung, § 1896 Abs. 1 BGB, § 280 Abs. 1 FamFG (außer auf eigenen Antrag des Betroffenen oder bei der Bestellung eines Kontrollbetreuers nach § 1896 Abs. 3 BGB, § 281 FamFG);
Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes, § 1903 BGB, § 280 Abs. 1 FamFG;
nicht unwesentliche Aufgabenkreiserweiterung, § 293 FamFG (außer, die Verfahrenshandlungen liegen noch keine sechs Monate zurück);
Bestellung eines weiteren Betreuers unter Erweiterung des Aufgabenkreises der Betreuung, § 293 Abs. 3 FamFG;
bei einem Dissens zwischen Betreuer und Arzt bezüglich der Auslegung des Patientenwillens bei der Vornahme einer risikoreichen Untersuchung, Heilbehandlungsmaßnahme bzw. ärztlichem Eingriff;
oder im Falle einer lebensbeendenden Maßnahme (§§ 1901a, 1901b, 1904 Abs. 1–3 BGB, § 298 FamFG)[3];
Sterilisation, § 1905 BGB, § 297 FamFG;
Kastration, §§ 5, 6 KastrG;
erstmalige Ablehnung der Aufhebung der Betreuung bzw. Einschränkung des Aufgabenkreises, § 294 Abs. 2 FamFG[4], wenn bei Betreuerbestellung auf ein Gutachten verzichtet wurde.

Details zum Gutachten im Rahmen der Pflegeversicherung finden sich in den Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Begutachtung der Pflegebedürftigkeit.[5]

Handbuch Betreuungsrecht

Подняться наверх