Читать книгу Die Gilde der Iris - Sylvani Barthur - Страница 18

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KAPITEL 10

Es herrschte eine unheimliche Stille in dem schwarzen Porsche Cayenne, bis Sara ihr Handy mit dem Entertainmentsystem des Wagens verband und ihre Playlist abspielte. So wie sie sich damit auskannte, schien sie nicht das erste Mal in diesem Auto zu sitzen.

Wir rasten mit 220 Sachen auf der Autobahn in Richtung Bremerhaven und ich hatte unheimliche Angst, dass wir irgendwo dagegen knallen würden. Die Überholmanöver waren mehr als rasant, aber Erik war die Ruhe selbst. Ich vermied es, aus dem Fenster zu sehen, wo die Lichter der Autos auf der Gegenfahrbahn wie Geister an uns vorbeisausten. Erstaunlicherweise fuhr die Nobelkarosse trotz des wahnsinnigen Tempos total ruhig. Es roch gemütlich nach Leder und Holz und ich döste ein paar Mal ein. Draußen war es schon dunkel und die Aufregung tat ein Übriges.

Kris und ich saßen in gesundem Abstand zueinander auf der riesigen Rückbank. Er sagte auf der ganzen Fahrt kein Wort, was mich zwar erstaunte, aber auch freute. Nichts hätte ich jetzt weniger brauchen können als einen selbstgefällig quasselnden Typen.

Nach etwas mehr als drei Stunden erreichten wir Bremerhaven – was für ein Ritt! Dort wartete bereits die „Skala“, die riesige Luxusjacht von Erik, samt Kapitän am Fähranleger. Ich war nicht gut im Schätzen, aber sie musste um die dreißig Meter lang sein und hatte mehrere Etagen. So ein gigantisches Schiff hatte ich nicht erwartet. Erik musste ziemlich reich sein. Kein Wunder, dass Kris als verwöhnter Sohn eines Millionärs so arrogant war. Er hatte sicher in seiner Kindheit alles bekommen, was er wollte, und das hatte ihn wohl geprägt.

Erik sprach kurz mit dem Kapitän und übergab ihm die Autoschlüssel des Cayenne, den er übernehmen sollte, bis wir wieder da waren. Dann ging der Mann mit ein paar anderen Besatzungsmitgliedern, die alles für unsere Abfahrt vorbereitet hatten, von Bord. Offensichtlich würde Erik der Kapitän sein und eine Besatzung gab es nicht. Mir wurde ein wenig bange, aber Erik wirkte, als wüsste er, was er tat. Das hoffte ich zumindest, denn die Wellen peitschten hoch und es hatte Berichte über schwere Unwetter gegeben.

„Mein Vater ist ein super Seemann. Wir haben schon einige Stürme auf See erlebt und immer ist alles gut gegangen“, sagte Kris, der seine Sprache wiedergefunden hatte. Anscheinend hatte er meine Skepsis bemerkt und seine Erklärung sollte mich beruhigen. Tat sie aber nicht.

Kris und Erik brachten das Gepäck auf die Jacht und dann legten wir ab. Es war mitten in der Nacht und stockfinster, also bat Erik Sara und mich, unter Deck zu gehen und uns ein wenig auszuruhen.

„Ich sehe nach dir, wenn mit dem Kurs alles klar ist“, sagte er und gab Sara einen Kuss.

Trotz der spärlichen Beleuchtung an der Treppe sah ich, wie Saras Wangen sich röteten. Ich fand es ziemlich abstoßend, als mir durch den Kopf schoss, was er mit „nach dir sehen“ meinte …

Wir gingen unter Deck der Jacht, deren oberer Bereich über einen großen Salon, eine Küche und weitere Räume verfügte. Eine Etage tiefer befanden sich mehrere abgeschlossene Kajüten. Als die Schiffsmotoren dröhnend anliefen, kroch mir die Angst in alle Glieder. Ich war erst ein einziges Mal mit einem Boot gefahren, aber das war eine gemütliche Fahrt mit einem Ausflugsschiff auf dem Main gewesen. Mit einer Überfahrt einer Jacht auf den stürmischen Wassern der Nordsee war das nicht zu vergleichen.

Sara zeigte mir meine Kajüte. Kannte sie das Schiff? Was wusste ich noch alles nicht von ihr? Mein Unbehagen wuchs mit jeder Minute.

Es gab ein Bett und einen Einbauschrank, dazu ein Waschbecken und eine Toilette in einem abgetrennten Teil des Raumes. Ich nahm meine paar Sachen aus dem Trolley und verstaute sie im Schrank. Waschutensilien hatte ich nicht mitgenommen, aber in dem kleinen Bad lag alles, was ich brauchte, einschließlich superflauschiger Handtücher.

Komfort der Extraklasse, wie alles, was Erik betraf.

„Ich räume nur schnell meine Sachen ein. Dann müssen wir reden.“ Sara nickte mir zu.

Oha, würde ich jetzt ihre restlichen Geheimnisse erfahren? Das verwunderte mich ein wenig. Ich hatte gedacht, sie würde in ihrer Kajüte schmachtend darauf warten, dass Erik zu ihr kam um „nach ihr zu sehen“.

„Es gibt ein paar Dinge, die dir deine Eltern noch nicht sagen konnten und die ich dir erklären muss. Es ist wichtig, dass du sie erfährst“, meinte sie, als sie meinen skeptischen Blick bemerkte. Ich nickte und sie verschwand in der Kajüte nebenan. Es dauerte keine zwei Minuten, bis sie wieder da war. „Komm Eli, wir gehen nach oben in den großen Salon, dort ist es gemütlicher.“

Bisher war es recht ruhig gewesen auf dem Schiff, aber als wir die Stufen zur oberen Etage hochstiegen, schlingerte die schwere Jacht brutal und ich konnte mich gerade noch am Geländer festhalten. Ein Besen und eine Schaufel, die in dem kleinen Flur an der Wand lehnten, knallten auf den Boden und rutschten polternd an die Treppe. Sara, die hinter mir war, stolperte und krachte gegen die Wand, konnte sich aber noch abfangen, um nicht auf den Fußboden zu landen.

Ich staunte immer wieder über ihre Körperbeherrschung. Mich hätte dieser Stoß mit Sicherheit umgeworfen, Sara jedoch hatte viel Kraft und eine sehr gute Koordination. Zwei Dinge, die mir komplett fehlten.

Wir warteten einen Moment, ehe wir weitergingen und als es ein wenig ruhiger wurde, liefen wir schnell nach oben. Der Salon war ein gemütlich eingerichteter Raum mit Polstermöbeln an den Wänden und runden Tischen davor. In der Ecke protzte eine Bar aus poliertem Holz mit aufwendigen Verzierungen. Daneben befand sich ein Fenster zur Küche, durch das man die Speisen reichen konnte. Der Boden war mit weichen Teppichen ausgelegt und von der holzvertäfelten Decke spendeten mit Ranken verzierte Lampen aus Milchglas ein goldenes Licht.

Es war urgemütlich hier und man hätte sich auf die Polster fallenlassen können, um in aller Ruhe ein gutes Buch zu lesen und sich dabei einen Saft servieren zu lassen. Wenn da nicht der Ausblick durch die ringsum angeordneten Fenster gewesen wäre, durch die man die schäumende Gischt sah, die laut aufs Deck klatschte. Das Meer wurde immer turbulenter und der raue Seegang stärker. Mir war furchtbar übel und auch Saras Gesichtsfarbe hatte sich zu einem grünlichen Grau verfärbt.

„Ich gehe mal was aus der Bordapotheke holen“, sagte sie.

Mir kam mein Mageninhalt hoch und ich rannte zu der Toilette, die gleich neben dem Salon lag.

Als gefühlt alles aus mir heraus war, was ich in den letzten drei Tagen gegessen hatte und ich wieder in den Salon kam, saß Sara auf der Couch. Vor ihr standen zwei Gläser Wasser auf dem Tisch. Sie reichte mir eine Tablette, die ich schnell herunter spülte.

„Es wird gleich besser, Eli, das ist ein sehr gutes Mittel. Bei mir wirkt es schon.“

Es dauerte keine fünf Minuten, bis es mir tatsächlich besser ging, obwohl der Seegang noch stärker geworden war. Ich konnte wieder denken und atmen – ein schönes Gefühl. Sara beobachtete mich; vermutlich wartete sie darauf, dass ich wieder ansprechbar war. Gerade als sie anfangen wollte zu erzählen, ging die Tür auf und Erik kam herein.

„Ich dachte, ihr ruht euch aus.“ Er setzte eine besorgte Miene auf. „Es sind schwere Stürme vorhergesagt und es könnte äußerst ungemütlich werden.“ Er ging zu Sara, die aufgesprungen war, und nahm sie in den Arm. „Wir werden noch all unsere Kräfte brauchen, wenn es nicht nach Plan läuft und wir in Schwierigkeiten geraten sollten.“

Das klang nicht gerade beruhigend, aber Sara sah verträumt zu ihm auf und himmelte ihn an. Schön für sie. Ich fand es einfach doof.

„Können wir nicht irgendetwas tun?“, fragte ich, um die unangenehme Situation zu beenden.

„Ja, ich habe euch Schwimmwesten mitgebracht. Die müsst ihr bitte tragen.“ Er zog wie aus dem Nichts zwei neongelbe Westen hervor und reichte sie uns. „Mehr müsst ihr nicht tun. Wie gesagt, ruht euch aus. Und macht euch keine Sorgen. Kris und ich sind gut vorbereitet und wir werden alles tun, damit unsere Überfahrt sicher bleibt.“ Er strich Sara übers Haar. „Ich bin sofort bei dir, wenn du mich rufst, mein Liebling.“ Er küsste Sara und nickte mir zu, ehe er den Raum verließ. Sein charmantes und fürsorgliches Getue bereitete mir ein seltsames Unbehagen, das ich nicht benennen konnte. Vielleicht war es auch nur ein Anflug von Eifersucht auf jemanden, um den sich so bedingungslos gesorgt wurde. In Gedanken zuckte ich mit den Schultern.

„Wolltest du mir nicht etwas erzählen?“, fragte ich Sara genervt.

Sie nickte. „Es ist schon weit nach Mitternacht und heute Nachmittag wäre dein Kontrolltermin bei Aaron. Die zwei Wochen sind um, seitdem du dort warst, und wir müssen nachschauen, ob alles in Ordnung ist. Wir wissen nicht, was in der nächsten Zeit auf uns zukommt, deshalb sollten wir es jetzt tun.“

„Kannst du das denn? Ich denke, es ist kompliziert?“

„Als ich vorgestern Abend noch einmal weggegangen bin, war ich bei Aaron. Nein, es war ja schon am Sonntag.“ Sie schaute auf die Wanduhr, die über der Bar hing und fünf Uhr anzeigte. Wahnsinn, wie die Zeit an Bord vergangen war!

„Er wollte sich gerade auf den Weg nach Volda machen und hat mir genau erklärt, was ich tun soll. Nach der Kontrolle müssen wir andere Linsen einsetzen, die hat er mir mitgegeben. “

Sara musste meine besorgte Miene bemerkt haben, denn sie schob beruhigend nach: „Ist ja nur eine Kontrolle und keine Operation“, sagte sie beruhigend. „Am besten wir machen es gleich, ehe die See noch unruhiger wird.“ Sie kniete sich vor mich hin und nahm die Linsen vorsichtig heraus.

Wider Erwarten spürte ich nur ein kleines Ziehen, weiter nichts. Sara zog eine Taschenlampe aus ihrer Jackentasche und leuchtete mir in die Augen. Der Lichtstrahl stach und ich blinzelte.

„Alles in Ordnung, schon erledigt, Eli. Wir setzen jetzt die neuen Linsen ein.“

Das ging mir alles zu schnell. „Darf ich mir vielleicht auch mal meine Augen ansehen?“ Eine Zornesfalte bildete sich auf meiner Stirn. „Und erklärst du mir endlich, was es damit auf sich hat? Warum machen alle so ein Gewese darum?“

„Eigentlich wollten dir das deine Eltern sagen, sobald wir bei ihnen in Sicherheit sind. Aber wenn du darauf bestehst.“

„Ja, das tue ich“, sagte ich stur. „Es sind ja schließlich meine Augen.“ Sara nahm einen Handspiegel vom Tisch neben ihr. Als ich hineinsah, bekam ich einen furchtbaren Schreck. Mir strahlte ein Augenpaar entgegen, dessen Iris einen zart violetten Untergrund hatte, auf dem smaragdgrüne Splitter hin und her tanzten. Sie bildeten komplizierte Muster, die sich immer wieder veränderten. Ich war fasziniert und konnte mich kaum von diesem Anblick lösen. Solche Augen hatte ich noch niemals gesehen.

„Das ist irre“, sagte ich. Ich konnte es nicht glauben. Der Anblick dieses zauberhaften Farbspiels, das sich in meinen Augen zeigte, war unfassbar. Aber er machte mir auch eine furchtbare Angst. Immerhin deutete alles darauf hin, dass das, was ich in meinen Träumen gehört und gesehen hatte, echt war, oder etwa nicht? Mein Herz klopfte wie wild, als mir das klar wurde.

„Und was bedeutet das jetzt für mich?“, fragte ich Sara, obwohl ich es schon ahnte.

„Eli, du bist der einzige Mensch, der ein Tor in eine andere Welt öffnen kann. Durch dieses Tor könnten wir das Wasser, das im Moment alles überflutet, vom Planeten wegbringen. Damit würde sich die Erde wieder beruhigen und es würden viele Menschen gerettet, die sonst keine Überlebenschance haben.“

„Aber wird das Wasser nicht auf der Erde gebraucht? Es fehlt doch dann im natürlichen Wasserkreislauf.“

„Dieses Wasser war schon seit ewigen Zeiten als Eis gebunden. Daher hat es keine großen Auswirkungen, wenn wir es vom Planeten entfernen.“

Okay, das leuchtete mir ein. Nur wie sollte das praktisch funktionieren?

„Wie soll man denn so eine gewaltige Menge Wasser transportieren? Das geht doch gar nicht.“ Ich schüttelte den Kopf.

„Es ist sehr kompliziert und hat etwas mit Druidenmagie zu tun.“

Das wurde ja immer verrückter!

„Ich kann dir das nicht genauer erklären, dafür gibt es in der Gilde die Spezialisten“, fuhr Sara fort.

„Und was hat es mit diesem Lacerta-Clan auf sich? Die wollen mich doch angeblich auch dazu benutzen, das Weltentor zu öffnen – ich soll also das Gleiche tun wie für die Gilde.“

„Diese Leute haben andere, schreckliche Gründe, das Tor zu öffnen. Ihnen liegt nichts daran, die Katastrophen auf dem Planeten zu beenden. Sie wollen …“

Als die Tür vom Salon aufflog und mit Kris ein eiskalter Wind begleitet von einem Schwall Meerwasser hereinkam, verstummte Sara. Das Wasser klatschte uns ins Gesicht und fegte alles herunter, was sich auf dem Tisch befand, einschließlich meiner Kontaktlinsen. Na super; Kris hielt mich mit meinen bunten Augen bestimmt für einen Freak. Ich drehte mich zur Seite, als er die Tür mit einem kräftigen Druck verschloss und zu uns kam.

„Es ist stürmischer geworden und es sieht nicht so aus, als würde es bald besser werden.“

Mir steckte ein Kloß im Hals. Bis jetzt hatte ich mir keine ernsthaften Sorgen gemacht, aber die Furcht in Kris’ Gesicht machte mir klar, dass es brenzlig wurde. Selbst von seiner Arroganz war nicht mehr das Geringste zu spüren.

„Wir werden weiter aufs Meer rausfahren, um uns von der Küste zu entfernen. Vater hat Angst, dass wir auflaufen könnten. Es wird länger dauern als geplant, bis wir in Volda ankommen. Falls wir es überhaupt schaffen“, fügte er leise murmelnd hinzu.

Er dachte wohl, dass wir es nicht mitbekommen würden bei dem Getöse, das von draußen hereindrang, aber ich hatte es gehört. Vor allem den Teil, in dem er Volda erwähnte. Ich schaute Sara an, die bleich wurde.

„Macht euch keine Sorgen“, meinte er, als er in unsere besorgten Gesichter sah. „Ich bin sofort bei euch, falls etwas schiefgehen sollte.“

Einen Moment lang dachte ich, dass er verwundert meine Augen gemustert hatte, aber das war sicher nur Einbildung. Denn er stürmte ohne ein Wort aus der Tür, von der abermals ein eiskalter Wasserschwall hereinschwappte.

„Wollte Erik nicht nach Alesund fahren?“ Ich musterte Sara mit zusammengekniffenen Augen.

„Ja“, sagte sie knapp.

„Wie kann es dann sein, dass Kris von Volda geredet hat?“

Sara sagte nichts.

„Hast du Erik doch von mir und meinen Eltern erzählt?“

Sie sagte immer noch nichts.

„Oder hat er irgendetwas mit der Sache zu tun?“ Mir kam so eine Idee. „Gehört er auch zur Gilde?“

„Nein“, beteuerte Sara und brach damit endlich ihr Schweigen. „Er hat keine Ahnung von der ganzen Sache.“

„Und wieso will er dann nach Volda?“

„Ich habe ihm davon erzählt.“ Sie schaute mich nicht an, als sie das sagte. „Ich weiß auch nicht warum, aber gestern im Büro ist es einfach aus mir herausgesprudelt. Wir haben ein Video-Meeting mit der Firma in Alesund vorbereitet und irgendwie hab ich ihm von deinen Eltern erzählt.“

Das konnte ja nicht wahr sein! Ich dachte, das mit der Gilde der Iris wäre eine total geheime Sache. Wieso redete Sara mit einem Wildfremden darüber? Ja, gut, für sie war er nicht fremd, aber trotzdem. Das ging ihn nichts an und es war gefährlich, solche Dinge preiszugeben! Was, wenn er zu den Bösen gehörte?

Es machte mich wütend, dass sie so unvorsichtig gewesen war. „Was sollte das denn?“, schrie ich sie an. „Ich denke, es ist ein Geheimnis? Wie kannst du ihm nur solche Dinge erzählen?“

„Ich habe ja nichts von der Gilde erzählt und auch nicht von deinen Augen.“ Sie versuchte, sich zu rechtfertigen.

Ich war stinksauer und hatte das Gefühl, verraten worden zu sein … schon wieder. Es war ein ähnliches Gefühl wie damals, als ich erfahren hatte, dass Sara gar nicht meine richtige Mutter war und dass sie mir meine wahre Identität vorenthalten hatte. Schon wieder hatte sie etwas, das mich betraf und nur mir allein gehörte, mit einem anderen geteilt. Mit jemandem, den sie offensichtlich mir vorzog und den ich zu allem Überfluss nicht ausstehen konnte. Und den das alles überhaupt nichts anging!

So schlimm es auch war, aber für mich hatte Sara endgültig den Status einer Freundin verloren, nachdem auch der einer Mutter für mich schon länger erledigt war. In meinem Kopf dröhnte es. Jetzt hatte ich gar niemanden mehr, der zu mir gehörte. Ich war ganz allein auf der Welt.

Sara starrte mich erschrocken an. Sie schien zu ahnen, was ich dachte, ehe sie mich jedoch beruhigen konnte, kam ich ihr zuvor: „Ich weiß nicht, was hier vor sich geht, aber ich kann dir nicht mehr trauen, Sara.“ Endlich hatte ich ausgesprochen, was schon länger in mir köchelte. Als ich sie wieder bei ihrem Vornamen nannte, zuckte sie zusammen.

„Eli …“, sagte sie verzweifelt, „du kannst doch nicht …“

Ich schnitt ihr das Wort ab. „Ich kann“, brüllte ich sie an. „Lass mich einfach in Ruhe. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben.“

Ich rannte aus dem Raum und ließ sie stehen. Im Hinausgehen verbarrikadierte ich die Tür aus dem Salon zu den Kajüten mit dem Besen, der im Flur lag. Sara sollte mir nicht folgen. Ich lief zu ihrer Kajüte und durchstöberte den Trolley, der neben dem Bett stand. Vielleicht fand ich irgendeinen Hinweis auf was auch immer – ein Komplott gegen mich oder so etwas – doch ich konnte nichts entdecken.

Dann schaute ich im Einbauschrank nach. Alles, was ich fand, war eine kleine Schachtel mit Kontaktlinsen. Es mussten die Ersatzlinsen sein, die Aaron Hazaar ihr für mich mitgegeben hatte. Ich würde sie einsetzen, damit Erik und Kris nicht merkten, was mit meinen Augen los war. Mehr als sie offensichtlich schon wussten, sollten sie nicht über mich erfahren.

Vor dem Wandspiegel im Bad setzte ich mir die Linsen ein, was erstaunlich einfach ging. Jetzt sah ich wieder normal aus. Ein stinknormales leicht bräunliches Grau schaute mir aus dem Spiegel entgegen. Ich vermisste jetzt schon dieses zauberhafte grünviolette Farbenspiel. Und irgendwie auch nicht … Das war mir wirklich alles eine Spur zu unheimlich.

Dann überlegte ich hektisch, was ich tun sollte. Weg von hier konnte ich nicht, ich war auf dem Boot gefangen. Wenn das tatsächlich eine Verschwörung war, in welche Richtung auch immer, hatte ich keine Chance, zu entwischen. Das Beste war, mich irgendwo zu verstecken und zu hoffen, dass mich niemand fand, bis wir anlegten.

Die Gilde der Iris

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