Читать книгу Die Gilde der Rose - Talira Tal - Страница 12
K A P I T E L 7
ОглавлениеZischend blubberte die gelb-grüne Flüssigkeit in dem Kessel über dem offenen Feuer.
»Verdammt!« Es war ihr wieder nicht gelungen, den entsprechenden Zaubertrank herzustellen. Zeratostus würde rasen. Sicherlich musste sie mit einer harten Strafe rechnen. Warum gelingt es mir nicht?, dachte sie verzweifelt. Ihre Mutter hätte das Elixier sicherlich mit Leichtigkeit hergestellt. Ja, ihre Mutter war eine Koryphäe. Aber Katharina Rose war schon lange tot. Ihre Gedanken schweiften für einen Moment zu ihrer Mutter und auch zu ihrer Tochter. Freyja ist jetzt schon achtzehn Jahre alt. Ob sie ihr geliebtes Kind jemals wiedersehen würde? Tränen liefen über das dick geschminkte Gesicht. Es ist mir jetzt egal. Er wird mich sowieso bestrafen. Sie hatte seinem Befehl nicht Folge geleistet. Axara fröstelte bei dem Gedanken, welche Teufelei ihr Entführer sich nun wieder einfallen lassen würde. Zeratostus schreckte vor nichts zurück. Wenn er es wollte, ließ er sie sterben und holte sie wieder zurück zu den Lebenden. Das Spielchen hatte er schon oft mit ihr getrieben. Einmal hatte sie versucht, die Chance zu nutzen und für immer im Reich des Todes zu bleiben. Leider bemerkte er es, und seine Strafe für ihren Versuch war grausamer als je zuvor. Mit einem glühenden Handabdruck hatte er ihren Rücken gezeichnet. Diese Narbe würde sie wohl immer an seine harte Hand erinnern. Auch die Worte, die ihr die nackte Angst ins Gesicht gejagt hatten, würden für immer in ihre Seele gebrannt sein. »Meine süße Axara. Solltest du mir wirklich eines Tages auf der anderen Seite entkommen können, werde ich dich zu einem Zombie machen. Du wirst mir dienen, so oder so! Du hast keine Chance.«
Nein, sie wollte kein Zombie werden. Es würde ihr dann sicherlich noch schlechter ergehen. Sie wusste doch nicht, wie Zombies fühlten oder ob sie überhaupt denken konnten. Sind sie nicht auf Menschenfleisch fixiert? Ekelige Gedanken, die da durch ihr Hirn geisterten.
Axara griff sich einen Becher. Roter Wein schimmerte darin. Ein besonderer Schlaftrunk, den er ihr oft bereitstellen ließ. Sie wusste nicht, was es mit dem Trunk auf sich hatte, traute sich aber nicht, ihn wegzugießen. Mit Sicherheit würde Zeratostus es bemerken.
»Axara!«
Die Hexe erschrak, als sie die ihr vertraute Stimme vernahm. »Mutter?« Sie sah sich in dem engen Wohnwagen, der ihre Behausung darstellte, um. Es war niemand anwesend. Sie stand vor dem großen Hexenkessel, der über einem offenen Feuer in einer extra dafür angefertigten Nische untergebracht war. Rechts neben ihr erstreckte sich eine Regalwand bis hin zu dem mit Holzlatten vernagelten Fenster. Auf diesem Regal hatte der Dämon ihr einige Zauberutensilien zur Verfügung gestellt. Hier standen unter anderem einige Bücher mit speziellen Formeln und Gläser mit diversen Zutaten für die von ihm geforderten Zaubertränke. Links von dem Kessel wurde die Nasszelle nur durch einen roten Flattervorhang vom Wohnraum abgetrennt. Den größten Teil des Wohnwagens nahm das ovale Bett ein. Es war aus rotem Plüsch, und Axara fand es schrecklich. Ihr war klar, dass dieses Bett nur mit Hilfe von Magie in diesen engen Wohnwagen gepasst hatte. Habe ich mir den Ruf nur eingebildet? Es wäre ja zu schön, um wahr zu sein, wenn ihre Mutter wirklich hier auftauchen würde.
»Kind.«
Nein, es rief sie tatsächlich jemand, und dieser Jemand hörte sich wirklich an, wie ihre geliebte Mutter. »Mama?« Ihre Stimme glich mehr einem Wispern.
»Direkt vor dir.«
Direkt vor mir? Sie blickte in den Becher und erschrak für den ersten Augenblick. Im Wein spiegelte sich das gütige Gesicht ihrer Mutter. Axara schluckte und klammerte sich an den Becher. Es tat weh, sie zu sehen. So viel Zeit war vergangen, aber nun war sie direkt vor ihr, sprach sogar mit ihr. »Mutter.« Ihr fehlten die Worte, so ergriffen war sie von dem Anblick, der sich ihr bot.
»Dein Haar ist anders.«
»Mein Haar?« Axara fuhr sich durch die Längen. Dann wurde ihr bewusst, was ihre Mutter meinte. »Ja, er hat mich gezwungen, es schwarz zu färben.«
»Sei nicht voll Trauer und schöpfe neuen Mut. Deine Rettung naht.«
»Meine Rettung?« Wahrscheinlich war das hier alles nur ein wundervoller Traum. Das konnte doch nicht real sein. Vielleicht hatte sie von dem missglückten Zaubertrank Dämpfe eingeatmet, und diese gaukelten ihr jetzt solche wundervollen Dinge vor. Auf der anderen Seite waren sie echte Hexen, und da waren viele Dinge möglich, an die Normalsterbliche nicht einmal in ihren Träumen dachten.
»Ja, unsere mutige Freyja hat diese Zeit mit Hilfe der Eier betreten, und sie befindet sich bereits auf der Suche nach dir.«
»Freyja? Sie darf nicht herkommen. Dann wird er sie auch gefangen nehmen. Du musst sie warnen, Mama.«
»Das liegt nimmer in meiner Macht. Es grenzt an ein Wunder, dass ich einen Weg zu dir finden konnte. Die Macht der Rose wird niemals verblühen.«
Axara war verwirrt. Gerade noch war sie so glücklich gewesen, mit ihrer Mutter sprechen zu dürfen, und dann erfuhr sie, dass ihre geliebte Tochter in Gefahr war. Denn das war sie, wenn sie sich auf der Suche nach ihr befand. Zeratostus‘ Spione lauerten überall. Wie kann ich Freyja warnen? Ich kann mir selbst nicht helfen, und Freyja ist ohne Magie., dachte sie verzweifelt.
Der Wein in ihrem Becher kräuselte sich, und das Gesicht der Mutter verzog sich. Axara besann sich auf ihr momentanes Problem. »Warte doch bitte. Ich brauche ganz dringend deine Hilfe. Er verlangt von mir einen Zaubertrank. Ich kenne das Rezept nicht. Aber wenn ich es nicht schaffe, dann ...«
»Schsch, nicht weinen. Von welchem Trank ist die Rede?«
Axara war erleichtert und wischte sich die Tränen von dem Gesicht. Nun würde sie es ganz sicher hinbekommen. »Der Zaubertrunk heißt Delu Lell.«
Ernst blickten die gütigen Augen erneut zu ihr hinauf. »Tödliche Tochter? Was für eine Teufelei hat er vor?«
Die jüngere Hexe schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, Mutter. Ich muss dieses Elixier brauen, anderenfalls wird er mich wieder bestrafen.«
Ein lautes Seufzen kam aus dem Becher. Die Wellen auf der Oberfläche des Weins schlugen höher. »Gut, ich werde dir helfen. Du brauchst eine Holzrose, den Stachel eines Skorpions, eines Leiurus quinquestritus, und die Haut eines Feuersalamanders.«
»Mehr nicht?« Diese Dinge würde ihr der Dämon sicherlich besorgen können.
»Das ist alles. Braue den Trank mit einem süßlichen Saft, da die Holzrose einen bitteren Geschmack hat. Der Gegentrank wird ... « Es brodelte in dem Becher, Katharinas Gesicht verschwand abermals in der Tiefe.
Er ist da. Sie konnte seine Anwesenheit körperlich spüren, und auch ihre Mutter schien ihn wahrgenommen zu haben. Axara fuhr zur Tür herum. Zeratostus lehnte lässig im Türrahmen und beobachtete sie amüsiert. Wie lange steht er da schon so? Sie hatte ihn zwar gefühlt, aber war diese Empfindung auch richtig gewesen? Wieviel hatte er von dem Gespräch der beiden Hexen mitbekommen? Ihr Magen zog sich vor Furcht zusammen. Er darf nicht erfahren, dass Freyja in dieser Zeit gelandet ist, um mich zu befreien. Axara spürte, wie ihre Wangen glühten, und presste sich ein gequältes Lächeln auf die Lippen.
Zeratostus stieß sich vom Türrahmen ab und kam auf sie zu. Seine Finger strichen eine widerspenstige Haarsträhne aus ihrem Gesicht und die Blicke seiner stahlblauen Augen schienen sie ebenfalls zu streicheln. Axara spürte, wie eine wohlige Gänsehaut über ihren Körper lief, wie immer, wenn er sie so sanft berührte. Jedes Mal verfluchte sie sich selbst für ihre körperliche Reaktion.
»Ich sehe, dass du deinen Wein gerade zu dir nehmen willst. Das passt sehr gut, dann können wir gemeinsam etwas trinken.« Tief und samtig klang seine Stimme. Ohne eine Antwort abzuwarten, ließ er sich auf das große Bett fallen. »Na, komm schon, meine kleine Hexe, lass uns zusammen anstoßen.« Er griff nach ihrem Handgelenk und zog sie zu sich aufs Bett. Ihr schlanker Körper versank in dem seidenen blutroten Bettzeug.
Axara umklammerte den Becher, um ja nichts zu verschütten. Sie wusste, wie aufbrausend Zeratostus sein konnte. Jetzt hatte er gerade gute Laune und war auf Kuschelkurs, das konnte sich aber in Sekundenschnelle ändern, und dann war mit ihm nicht zu spaßen. Der Dämon schnipste, und augenblicklich hielt er einen ähnlichen Becher wie Axaras in der Hand.
Ihr war mulmig, spürte sie doch die Gefahr, die von dem Dämon ausging. Aber diese dunkle Aura von ihm war immer präsent, auch wenn er freundlich zu ihr war. Das war er immer, wenn er etwas von ihr wollte. So wie jetzt. Aber egal, was er von ihr wollte, sie würde es ihm geben. Außer der Information, dass ihre Tochter sie suchte und sich schon in der Nähe aufhielt. Das darf er niemals erfahren!
Zeratostus strich sich das lange Haar nach hinten, hob den Becher an und sah Axara tief in die Augen. »Auf dich, meine schöne Hexe. Ich bin froh, dass du bei mir bist.«
Was sagt er denn da? Ihre aufgesetzte Freundlichkeit entgleiste und machte Fassungslosigkeit Platz. Er hatte sie gezwungen bei ihm zu sein. Niemals werde ich mich ihm freiwillig hingegeben. Er hatte sie entführt und hielt sie gefangen. Axara versuchte sich zu sammeln und ihre freundliche Fassade wieder zu errichten.
Er lachte herzhaft über diesen Versuch und trieb ihr damit erneut die Schamesröte ins Gesicht. Er hatte sie durchschaut. Hoffentlich bemerkte er nicht, dass sie etwas vor ihm geheim hielt. Es wäre ihr Ende. Sie würde es nicht ertragen können, Freyja ebenfalls in den Klauen dieser Bestie in Menschengestalt zu sehen. Auch wenn sie ihre Tochter vermisste, wünschte sie ihr lieber ein Leben in Freiheit.
»Ich brauche ein paar Zutaten für Delu Lell.« Sie musste ihn irgendwie ablenken, und ihr fiel nichts Besseres ein als der von ihm geforderte Zaubertrank.
Seine Hand ruhte auf ihrer Schulter, und ihr war diese Berührung zu ihrer Erleichterung zutiefst zuwider. Wie gerne hätte sie seine Hand fortgeschlagen. Er hat keine Macht über meine Gefühle und Gedanken!
Zeratostus‘ Augenbrauen schnellten in die Höhe. »Du hast dich also erinnert?« Seine Stimme klang skeptisch, und das ungute Gefühl in ihrem Magen verdichtete sich.
»Ja, habe ich.« Sie nickte ihm zu, versuchte dabei seinem Blick standzuhalten, um sich nicht zu verraten.
Der Dämon lehnte sich zurück, stützte sich mit den Ellenbogen ab. »Na, fantastisch. Ich wusste doch, dass eine ganze Menge mehr in dir steckt, als du immer vorgibst. Dann lass mal hören, was du für Zutaten für die tödliche Tochter brauchst.«
Es tat gut, seine Hand nicht mehr auf sich spüren zu müssen. Sie nannte ihm die Zutaten, die ihre Mutter ihr kurz vorher zugeflüstert hatte, und ein zufriedenes Lächeln legte sich auf die Züge des Mannes. »Ich besorge dir natürlich die Zutaten.«
»Ich brauche auch sehr viel Himbeersirup.«
»Warum das denn?«
»Durch die Holzrose wird der Trank bitter, und durch die Süße des Sirups wird der Geschmack verschleiert.«
Der Mund des Dämons öffnete sich ein kleines Stück vor Verblüffung. »Ich muss sagen, damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Du denkst ja sogar mit. Du hast nicht nur ein hübsches Köpfchen. Nein, da steckt auch noch jede Menge drin.«
Sie ärgerte sich über sich selbst. Warum helfe ich ihm jetzt auch noch wirklich, seine bösen Zauber anzuwenden? Das hätte ich für mich behalten sollen. Wer weiß, was er mit dem Trank anstellt? Aber jetzt war es heraus, und sie konnte ihre Worte nicht mehr rückgängig machen. Ihr blieb nichts weiter übrig, als weiterhin gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Aber anscheinend hatte er von ihrem Gespräch mit ihrer Mutter nichts mitbekommen, und das beruhigte sie. »Vielen Dank für das Kompliment.«
»Och, nicht der Rede wert. Nun lass uns endlich anstoßen.«
Ihr war nicht wohl bei dem Gedanken, was nach dem Nachttrunk kommen würde. Aber sie hatte keine andere Wahl. Zeratostus nahm sich alles, was er wollte, das hatte sie im Laufe ihrer Gefangenschaft des Öfteren mitbekommen. Bisher konnte sie sich an keine gemeinsame Nacht erinnern. Lag es an dem Trank, nahm er ihr vielleicht das Bewusstsein? Es war ihr recht, wenn sie es nicht ertragen musste. Sie stieß mit ihm an und setzte den Becher an ihre Lippen. Der Wein war schwer und süß. Er schmeckte gut, und Axara trank mehr, als sie vorgehabt hatte. Sofort fühlte sie eine angenehme Schwere in den Knochen. Sie legte sich neben den Dämon, fühlte seine Hände über ihren Körper gleiten. Es war nicht mehr tragisch. Sie glitt in eine andere Sphäre ihres Bewusstseins.
»Axara, mit wem hast du gerade gesprochen?«
»Mit dir.«
Er lachte leise, und es klang kalt. »Nein, meine kleine dumme Hexe. Ich meine davor, bevor du mich entdeckt hast.« Er drehte sie so, dass er den Reißverschluss ihres Kleides am Rücken spielend leicht öffnen konnte.
Sie lachte verlegen und hätte seine Hand am liebsten von sich geschlagen. »Ach, das meinst du. Mit meiner Mutter.« Sie konnte nicht anders. Die Wahrheit sprudelte einfach so über ihre Lippen.
Sanft schoben seine Finger die Träger ihres Kleides über ihre Arme. Axaras Herz schlug schneller. Ich sollte ihn hassen. Sie verfluchte sich für die Gefühle, die seine Berührungen in ihr auslösten.
Ihre Gedanken wanderten neunzehn Jahre zurück. Wenn sie die Augen schloss, konnte sie sogar seinen vertrauten Duft riechen. Seine zärtlichen Hände wanderten wie zarte Feder über ihre erhitzte Haut. Nur seine Lippen vermochten einen Vulkanausbruch in ihrem Innersten zu entfachen. Ihr Herz schien sich zu überschlagen, immer fordernder wurde ihr Kuss. Sie hatte das Gefühl mit ihm zu verschmelzen, zu einem glücklichen Eins zu werden. Ihre Finger griffen in sein lockiges Haar. Noch nie zuvor hatte sie derartige Leidenschaft und Verlangen in sich wahrgenommen. Sie wünschte sich, dass der Augenblick niemals enden würde, und hatte in seinen Armen das Gefühl zu schweben. Wenn sie die Augen öffnen würde, könnte sie sein feingeschnittenes Gesicht sehen. Das Strahlen seiner Augen, das sich in seinem ganzen Körper ausbreitete, und sie mit jeder Berührung warm liebkoste. Seine schneeweißen Schwingen, die ihr so viel Geborgenheit versprachen.
Axara öffnete die Augen und blickte ihm geradewegs in die finsteren Seelenschlünde. Er ist es nicht! Es war nicht ihr Engel. Die warme Geborgenheit war wie weggeweht, Eiseskälte schlug ihr entgegen. Sie verfluchte sich, so viel Lust in seinen Armen zu spüren. Er war nicht Freyjas´ Vater, den sie nie mehr wiedersehen durfte. Es war ein ungebrochenes Gesetz der Gilde der Rose, dass die weißen Hexen sich niemals fest binden durften.
»Ach, deine Mutter, die ehrwürdige Katharina Rose, hat dir einen Besuch abgestattet?«, riss der Dämon sie aus ihrer Träumerei.
»Ja, sie erschien mir im Weinbecher.« Axara wollte es ihm nicht verraten, aber etwas zwang sie dazu, und ihr war bewusst, dass es nur an dem Wein liegen konnte.
»Im Weinbecher?« Er stutzte für einen kurzen Augenblick. Dann aber war ihm klar, dass sie ihm die Wahrheit sagen musste. Das Serum, welches er ihr oft verabreichte zwang sie dazu, die Wahrheit zu sagen. Das Kleid glitt fast wie von selbst nach unten.
»Ja, ich war so verzweifelt, weil ich die Zutaten für den Zaubertrank nicht mehr wusste, da sprach sie plötzlich zu mir.«
»Du hast dich also gar nicht erinnert? Und ich dachte ...« Sie hörte das Grollen in seiner Stimme.
»Verzeih mir bitte.«
»Na, wir werden sehen, wie du dich gleich bewährst.« Ein anzügliches Lächeln folgte seinen Worten. Er fixierte ihren verlockenden, nackten Körper. Es erregte sie immer mehr, und sie hasste sich dafür. »Was erzählte deine Mutter sonst noch so?«
Sie lachte befreit auf. Froh darüber, abgelenkt von ihren ambivalenten Gefühlen zu sein und dass er nicht böse auf sie war. »Meine Tochter Freyja wäre hier in dieser Zeit gelandet, und sie würde mich suchen, um mich zu befreien.« Alles in ihr schrie, als sie ihm die Wahrheit offenbarte, als sprächen sie lediglich übers Wetter oder sonstige Bagatellen. Wie konnte dieses Geheimnis nur ausgesprochen werden? Ich habe mein eigen Fleisch und Blut verraten.
Der Dämon hielt inne, starrte die Hexe an. Er glaubte, sich verhört zu haben. »Freyja ist hier?«
»Ja«, gluckste Axara, die sich augenscheinlich freute, dass sie ihm damit eine Freude machen konnte. Die glückliche Fassade war der Schein, den sie vermittelte. Innerlich strömten die Tränen der schieren Verzweiflung über ihr Gesicht und sie hätte sich am liebsten alle Haare ausgerissen. Außerdem schämte sie sich für die Lust, die seine Hände in ihr geweckt hatten. Das darf einfach nicht sein. Er würde ihre Freyja einfangen wollen.
»Weißt du auch, wo sie sich aufhält?« Es war ein Kinderspiel für ihn, das herauszufinden. Aber es war einfacher, wenn er es direkt erfuhr.
Axara schüttelte den Kopf. »Nein, das hat meine Mutter nicht gesagt.« Zum Glück, dachte sie. Sonst hätte sie es ihm auch noch auf die Nase gebunden. Bin ich denn verrückt geworden? Warum habe ich das getan? Sie wollte weg, fort von diesem schrecklichen Ort und diesem grausamen Mann. Sie wollte zu ihrem Engel, dessen Namen sie noch nicht einmal kannte. Sehnsüchtig ließ Axara sich fallen. Sie hatte das Gefühl, in ein schwarzes Netz zu stürzen. Mehrere Fangarme umwebten ihren Verstand wie eine hungrige Spinne.
»Ich werde sie zu uns holen. Wir werden eine große, glückliche Familie sein. Ich habe mir schon immer so eine entzückende Tochter gewünscht.« Im Hinterkopf hatte er schon ganz besondere Pläne mit der kleinen Hexe aus der Vergangenheit. Sie konnte noch nicht lange in dieser Zeit sein, sonst hätte Axara sicherlich schon eher etwas davon erfahren. Hoffentlich war die Kleine noch Jungfrau, dann könnte er einen Bonus bei dem Herrscher der Unterwelt kassieren. Es war wie ein Geschenk, dass die Kleine hier auftauchte. Was man mit ihr so alles anstellen könnte. Er versank in seinen Vorstellungen und bemerkte dabei nicht, wie Axara in seinen Armen einschlief. »Na, da scheine ich ja keinen aufregenden Eindruck auf dich gemacht zu haben«, witzelte er. Er ließ von ihr ab und verließ den Wohnwagen. Seinen Spaß würde er sich noch holen. Aber zuerst würde er seine Späher losschicken, die kleine Hexe zu suchen. Nichts und Niemand war vor seinen Höllenhunden sicher.