Читать книгу Eine (Geschichte) von Vielen. - Tanja Christine Sugar - Страница 10

Zwischen Hoffnung und Verzweiflung

Оглавление

Also noch mal zurück zu diesem besagten Freitag. Ich schrieb meiner Schwägerin und meiner besten Freundin eine SMS, in der stand „Ich habe Krebs“. Susi schrieb als Erste zurück und sagte, wenn ich will, käme sie sofort vorbei. Was meine Freundin schrieb, weiß ich nicht mehr. Ich glaube, sie rief mich später an.

Daheim angekommen, saß ich erst mal da und starrte vor mich hin, bis mein Bruder Tino und seine Frau Susi kamen. Sie machten mir gleich Mut und sagten, sie würden mich unterstützen, wo sie nur könnten. Als Oma zur Tür rein kam, wusste sie ohne, dass ich was sagte, was los war. Aber ich erklärte ihr, dass ich meine Kraft jetzt für mich brauchte und mich nicht auch noch um sie kümmern kann und, dass ich ihre Unterstützung brauche und nicht ihr Mitleid. Sie riss sich zusammen und machte es mir nicht noch schwerer, als es eh schon war. Robin sagte ich vorerst noch nichts. Emi wälzte den Beratungsordner und das Internet durch. Ich konnte das Ganze nicht mal anfassen, wollte nur noch meine Ruhe.

Am Samstag früh rief mich Susi an und fragte, wie es mir geht. Ich musste schon wieder losheulen, ich konnte mich gar nicht mehr zusammenreißen, obwohl das immer meine Stärke war.

Die nächsten Tage verliefen so:

Ich stand früh auf, frohen Mutes und voller Kraft und abends, wenn mein Mann kam, lag ich als heulendes, verzweifeltes Elend auf der Couch. Ich frage mich heute noch, wie Emi es immer wieder geschafft hat, mich so zu beruhigen, dass ich ruhig in seinen Armen einschlafen konnte.

Mittlerweile hatte ich auch Ramona informiert und am Montag auch meinen Arbeitgeber. Es ist mir sehr schwer gefallen zu sagen, ich komme die nächste Zeit nicht mehr auf die Arbeit, weil ich Brustkrebs habe. Es kam mir sehr viel Mitgefühl und Verständnis entgegen. Sogar Blumen wurden von der Heimleiterin geliefert.

Am Dienstag, den 3.3. war ich bei meiner Frauenärztin und holte mir die Überweisung zu Dr. Frisch und die Einweisung ins Krankenhaus ab. Sie machte mir Mut und sagte auf ihre eigene Art, dass es die letzten Jahre mehrere junge Frauen mit Krebs gegeben hätte, die ihn besiegten und heute ganz normal leben würden.

Als ich raus kam, stand Christine, die Schwester meiner Schwägerin, am Auto, schenkte mir einen Schutzengel als Glücksbringer, umarmte mich und wünschte mir für Mittwoch viel Glück. So ein Mist, wieder musste ich vor Rührung weinen. Das passte doch gar nicht zu mir.

Als ich wieder daheim war, bekam ich einen Anruf von Ramona, die erzählte, dass meine Arbeitskollegin Elke auch eine Art Knochenkrebs hätte und sehr schwer krank wäre. Ich dachte, das gibt es doch nicht! Gerade Elke, die auch immer für alle da war und lieber selbst verzichtet hat, bevor ein anderer daran glauben musste. Ich hätte sie gerne angerufen, aber ich traute mich nicht. Was hätte ich sagen sollen? – „Hi Elke, ich bin es, die Tanja. Hab gehört, du hast jetzt auch Krebs?“ Ich hab es auf irgendwann später verschoben.

Ich schaute aus meinem Badfenster und sah Robs von der Schule nach Hause kommen und mein Herz hat sich so schwer angefühlt. Ich dachte mir, dass darfst du ihm nicht antun, dass du stirbst. Du musst dich durchbeißen – schon alleine für ihn! Ich brachte auch diesen Tag rum und abends, als Emi kam und ich wieder heulend auf dem Sofa lag, nahm er mich in den Arm und sagte: „Wir schaffen das! Egal was kommt, wir stehen das durch!“ Und auch er hatte mir einen Glücksbringer besorgt. Er wusste, der morgige Tag war wichtig für mich. Plötzlich kam auch Robs mit einem Glücksschweinchen und einem roten Glücksarmband. Er wollte mir auch einen Glücksbringer schenken, obwohl er noch nicht mal genau wusste, was mit mir los war. Robs wusste nur, dass ich eine Krankheit habe, die operiert werden musste. Wieder musste ich los heulen. Er war total verunsichert und fragte: „Warum weinst du, Mama?“ Ich flüsterte: „Vor Freude, weil du mir so viel Glück wünscht“.

Es kam noch Susi mit einem Glücksbringer und ihre Eltern, Freunde und Kollegen wünschten mir für den morgigen Tag per SMS viel Glück. Es fühlte sich gut an, dass so viele an mich dachten.

Eine (Geschichte) von Vielen.

Подняться наверх