Читать книгу The Story of my Life - Tanja Gleich - Страница 6
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16. August 2018
Am nächsten Tag ging ich mit meiner Kreditkarte bewaffnet in meinen Lieblingsladen und sah mich um. Endlich konnte ich mich nach einer Größe umschauen, die am meisten getragen wurde. Die Verkäuferin sah mich skeptisch an, als würde sie mich irgendwoher kennen.
»Äh, entschuldigen Sie bitte, aber kenne ich Sie nicht?«, wollte die junge Frau wissen, die sich mir vor etwa vier Jahren mit Tessa vorgestellt hatte. Langsam drehte ich mich ihr gänzlich zu und fing an zu lächeln.
»Ja, du kennst mich. Ich bin’s, Beth. Beth O’Keefe.« Mit den Jahren waren wir ins Du übergegangen. Tessa riss erstaunt die Augen auf und musterte mich ausgiebig.
»Du meine Güte, Beth! Du siehst Hammer aus!« Dann begann sie mich zu drehen und zu wenden, um mich zu betrachten. »Welche Größe hast du jetzt?«, wollte sie wissen.
»40/42. Geht aber mehr zu 40«, lächelte ich sie stolz an.
»Das … das ist echt super!« Sie schnappte sich meine Hand und zerrte mich zu einer der Umkleidekabinen. Dann ließ sie meine Hand los und hob mahnend den Zeigefinger. »Du wartest hier!«, befahl sie mir und eilte auch schon davon. Ich sah ihr nach, bis sie hinter einer Tür verschwand, wo ich das Lager vermutete. Nach einer Weile kam sie zurück. Auf dem Arm jede Menge Klamotten, die mir unheimlich bekannt vorkamen. Ich runzelte die Stirn, während Tessa breit zu grinsen anfing. »Das sind die Klamotten, die du dir vor einem Jahr ausgesucht hast.« Tessa sah auf die Sachen und zuckte die Schultern. »Ich habe sie aufgehoben für den Fall, dass es die Sachen nicht mehr geben würde.« Ungläubig sah ich sie an.
»Warum hast du das gemacht?«, wollte ich wissen, denn sie konnte ja nicht ahnen, dass ich so radikal abnehmen würde.
Sie zuckte die Schultern und sah auf die Klamotten auf ihrem Arm. »Keine Ahnung«, lächelte sie wieder wie immer. Dann erklärte sie mir, dass sie dem Chef immer wieder gesagt hatte, dass eine Anzahlung dafür vorlag und die Klamotten deshalb aufgehoben wurden. Ich hob eine Braue, denn diese Anzahlung musste ja vorhanden sein. »Die sind aber alle in 38«, sagte sie noch und fing an, Hosen, Shirts und Jacken nochmal zu betrachten. Dann nickte sie erneut. »Ja, 38.« Wieder hob ich eine Braue.
»Naja, schlimm wäre es nicht. Ich habe noch zwei Monate Zeit, um diese Größe zu erreichen.« Ich nahm ihr nach und nach die Klamotten ab und besah sie nochmal. »Ich nehme die Sachen.« Kurz sah ich mich nochmal um, weil ich einen passenden Mantel dazu brauchte und der durfte ruhig in 40 sein. Als ich die Mäntel entdeckt hatte, eilte ich rüber und besah mir die langen Gothic-Mäntel, von denen mir einer auch zusagte. Ähnlich Neos Mantel, aber aus schwererem Stoff. Derweil sah mich Tessa stutzig an.
»Wieso noch zwei Monate? Ist da was Besonderes?«, hakte sie nach und trieb mir die Schamesröte ins Gesicht.
»Da ist die Game of Thrones Convention.« Schnell hob ich abwehrend eine Hand, denn Tessa wollte schon etwas sagen. »Nein, ich nehme‹ nicht dafür ab. Den Entschluss habe ich gefasst, als ich auf dem Weg zum Coffee-Shop mich in einer Scheibe gesehen habe.« Skeptisch sah sie mich an.
»In einer Scheibe«, sagte Tessa ungläubig und nickte langsam dabei.
»Ja. In einer Scheibe.« Und dann erzählte ich ihr, wie ich die Karte kaufen, die Karte verkauft worden war und ich einen Cappuccino trinken wollte.
»Verstehe.« Sie legte die Klamotten, die sie wieder übernommen hatte, auf einen Kleiderständer und half mir in den Mantel. Tessa zupfte ihn etwas zurecht und schob mich vor einen Spiegel. »Es hat sich jetzt schon gelohnt, dass du abgenommen hast.« Langsam drehte sie mich vor dem Spiegel, damit ich mich betrachten konnte. Ich musste zugeben, für meine 48 Jahre sah ich nicht schlecht aus.
»Mann. Ich hätte nicht gedacht, dass ich je nochmal so wenig wiegen würde«, gab ich offen zu.
»Nimm es doch einfach hin, dass du gut aussiehst.«
»Ja! Ist ja gut!«, lachte ich, während ich aus dem Mantel schlüpfte und zu den anderen Sachen legte. Tessa schnappte sich die Sachen und ging zur Kasse, um alles einzutippen. »Die Con ist somit gerettet«, grinste ich. Doch das verging mir, als ich sah, wie sie fünfundsiebzig Dollar von der Rechnung abzog. »Das kommt gar nicht in Frage! Ich zahle die Anzahlung mit!«, rief ich und eilte zur Kasse, auch wenn es nur noch ein paar Schritte waren.
»Beth. Ich habe das gemacht, weil ich es wollte.« Freundlich lächelte sie mich an. »Und wie man sieht, hat es sich doch gelohnt.«
Ich sah nochmal an mir herunter und musste lächeln.
»Na schön. Aber du bekommst es zurück«, drohte ich ihr schmunzelnd und zog meine Karte aus dem Geldbeutel.
»Ja, ja«, nickte sie grinsend, wobei sie meine Karte durch das Lesegerät zog und mich dann unterschreiben ließ. Sie packte meine Sachen noch in eine große Tasche, während ich mich nochmal im Laden umsah. Meine grünen Augen entdeckten ein Kleid, das ich irre geil fand.
»O wow! Das ist ja mal Hammer«, schwärmte ich und nahm es, samt Bügel, vom Haken. Begeistert eilte ich vor einen Spiegel und hielt es mir an. Im Spiegel konnte ich Tessa sehen, die hinter mich trat.
»Das sieht wirklich gut aus«, lächelte sie und musterte mich über meine Schulter hinweg im Spiegel. »Du machst mir noch Konkurrenz.« Dann fing sie lauthals an zu lachen und trat vor mich. »Soll ich es dir einpacken?«
Ich schüttelte den Kopf und übergab ihr das schöne Kleid, das sie auch gleich wieder aufhängte. »Nein, aber ich lass‹ dir eine Anzahlung da. Ende September, Anfang Oktober hole ich es ab.«
»Alles klar«, erwiderte Tessa fröhlich und ging mit vor zur Kasse, wo ich nochmal fünfzig Dollar bezahlte.
»So. Jetzt habe ich aber genug gekauft.« Lachend nahm ich die Tasche an mich und ging langsam Richtung Ausgang. Tessa lief neben mir her und betrachtete mich erneut von oben bis unten.
»Ich will dich in den Klamotten sehen, du Model«, neckte sie mich und schüttelte beeindruckt den Kopf. »Ich würde mein Gehalt verwetten, dass du auf dieser Con so manchem Mann den Kopf verdrehst.« Sie grinste. Es war nur traurig, dass ich alle Register ziehen musste, um die viele Haut so gut zu verstecken, dass man nichts davon sehen konnte. Mieder, eine Hose, um den Po zu formen und Leggins, die die Haut an meine Beine presste. Nicht zu vergessen, den Push-up BH. Sie klapste mir auf den Po, was mich aus meinen Gedanken holte. Ich mochte das Mädel. Sie war gerade so alt, dass sie meine Tochter sein könnte, aber das war uns egal. Wir verstanden uns prima und das war mir mehr wert als alles andere.
»Du redest wieder nur Unsinn«, sagte ich, als ich langsam den Ausgang der Mall ansteuerte. In ein paar Metern Entfernung blieb ich nochmal stehen und grinste. »Obwohl, einen wüsste ich.« Ich zwinkerte und winkte ihr zu, ehe ich die Mall verließ und einen Abstecher in meine Apotheke machte. Mrs Hemsworth kam auf mich zu, die Augen weit aufgerissen und ihre Hände überrascht an ihre Wangen gelegt.
»Du meine Güte! Beth!« Kate nahm meine Hände, zog sie auseinander, damit sie mich betrachten konnte. »Wann hatten Sie das letzte Mal so wenig auf den Rippen?« Deutlich konnte man ihre Begeisterung hören.
»Keine Ahnung. Ich glaube, da war ich zwanzig.« Gott! Das war jetzt fast dreißig Jahre her. »Damals habe ich aber geraucht und hab nur langsam zugenommen.« Kate nickte und strahlte dabei so stolz wie eine Mutter.
»Ich bin wirklich stolz auf Sie.« Sie ließ eine Hand los und sah mich noch eine Weile an, ehe ich mich zu ihr beugte und in ihr Ohr flüsterte.
»Ich trag aber auch ein Mieder, einen Push-up BH, eine formende Hose und straffende Leggins.« Dann zwinkerte ich ihr zu und lächelte wieder. Kate nickte und sah mich nochmal von oben bis unten an.
»Sieht man nicht.« Endlich bestätigte mir jemand, dass ich mir wegen diesen Extras keine Sorgen machen brauchte.
»Danke. Jetzt muss ich aber gehen. Ich habe mir neue Klamotten gekauft. Alle in 38.« Dabei wackelte ich, breit grinsend, mit den Brauen. »Bis dann«, verabschiedete ich mich und gab Kate noch ein Küsschen auf die Wange. »Bis dann«, erwiderte sie und ließ meine Hand los. Ich stand schon in der Tür, als ich nochmal zurücksah und ihr Lächeln betrachtete. Ich mochte die Frau schon, seit ich sie das erste Mal gesehen hatte. Dann zog ich meinen Mantel zu, eilte zu meinem Wagen und trat den Weg nach Hause an. Ich rannte die Treppen hoch und brachte die neuen Klamotten zu meinem Schrank, der sich geleert hatte. Nie wieder wollte ich auf Damengröße 50 zunehmen. Also hatte ich die Klamotten in einen Sack gepackt und ihn zur Kleiderspende gebracht. Ich schnappte mir noch einen Apfel, holte die erste Staffel meiner Lieblingsserie heraus und legte die Blu-ray in den Player. Dann fläzte ich mich auf die Couch und machte mir einen gemütlichen Abend mit meinem Liebling, den ich in zwei Monaten live sehen würde.