Читать книгу Liebe ist tödlich - Tessa Koch - Страница 26
Kapitel 24
ОглавлениеAm nächsten Abend ist Lia nicht da, obwohl sie im Plan gestanden hat. Nick ist sich sicher, dass sie für ein paar Tage krankgeschrieben worden sein muss. Ansonsten würde Lia sie nicht im Stich lassen. Dafür ist sie zu hilfsbereit und gutherzig, wie er weiß.
Isabelle bestätigt seine Vermutung, als er sie später nach Lia fragt. „Für drei Tage wurde sie krankgeschrieben“, sagt sie, „aber mach dir keine Sorgen, es geht ihr gut. Sie meinte, sie hat sich die Nase schon zweimal gebrochen, also war das alles für sie nicht besonders neu.“ Isa lacht. „Typisch Lia, wirklich!“
Isas Optimismus beruhigt ihn.
Er geht weiter seiner Arbeit nach, mit den Gedanken überall, mal hier mal dort, mal bei seinem Studium, mal bei Lia, mal bei der kommenden Woche, nur nicht wirklich hier. So kommt es, dass er den Mann, den er bedient, erst erkennt, als dieser ihn anspricht. „Nick?“
Nick hält im Abräumen der Gläser der Vorgänger inne und sieht zu dem Mann auf. Die blauen Augen seines Gegenübers stechen auf eine beinahe bedrohliche Art und Weise hervor. Sein blondes Haar ist sauber gescheitelt, sein Lächeln wirkt aufgesetzt. Er kann dieses Gesicht sofort einem Namen zu ordnen, auch wenn er ihn nur unbewusst damals wahrgenommen hat. „Lennard, hey.“ Er räumt die Gläser weiter ab und erwidert das Lächeln.
„Ich wusste gar nicht, dass du hier nebenbei arbeitest.“ Er spielt mit einem der Bierdeckel.
„Naja, irgendwie muss man sich die Studiengebühren ja zusammen arbeiten.“ Nick grinst ihn an. „Und hier verdient man ganz gut, wenn man nur genug schleimt.“ Auch Lennard grinst. Nick vermag nicht zu sagen, ob es nur aufgesetzt ist. „Was darf ich dir denn bringen?“
„Oh, ähm, ein Alster wäre nett.“
„Kein Problem.“
Nick entfernt sich von dem Tisch, geht zur Kasse und gibt die Bestellung auf. Heute Abend ist es wesentlich ruhiger, als es noch gestern gewesen ist, vermutlich weil viele Morgen wieder früh aus ihren warmen Betten müssen und den Sonntag daher lieber zu Hause ausklingen lassen als noch wegzugehen. Oder weil sie ihre Kater von gestern Nacht ausschlafen müssen. Lennards Alster ist schnell zubereitet und als Nick sich seinem Tisch wieder nähert, sieht er wie Lennard sich in dem großen Raum weit umsieht. Nein, er scheint sich nicht umzusehen. Eher etwas zu suchen. Oder jemanden.
„Dein Alster“, sagt Nick, als er seinen Tisch erreicht, und stellt das Glas vor ihm ab.
Lennard fährt herum, anscheinend zutiefst erschrocken. „Was? Ach, ja, klar. Danke.“
Nick mustert ihn leicht argwöhnisch. „Ist alles okay?“
„Ja, ja klar, ich habe mich nur gefragt … hat dieser Laden noch irgendwelche Nebenräume?“
Die Frage irritiert Nick. „Außer der Küche, der Toiletten und dem Raucherraum? Nein. Naja, außer unsere Umkleideräume im Keller. Aber da darfst du erstens nicht rein und zweitens ist es da unten eh nicht so spektakulär. Wieso fragst du?“
Er zuckt mit den Schultern, versucht unbekümmert zu wirken. „Nur so.“
„Hm, okay. Wenn noch was ist, frag mich einfach.“ Lennards Gebaren verwirrt Nick und er hat nicht gerade das Bedürfnis, weiterhin an seinem Tisch zu stehen und sich mit ihm unterhalten zu müssen, nur weil sie zufällig in einer Vorlesung nebeneinander gesessen haben.
„Warte kurz!“ Lennard sieht angespannt aus und streckt eine Hand nach ihm aus, um ihn zu bedeuten, stehen zu bleiben. Nick unterdrückt ein Seufzen, bleibt dennoch stehen. „Ähm, ich will dich echt nicht nerven“, beginnt Lennard mit einem Blick über die Schulter, „aber arbeitet zufällig ein Mädchen namens Lena hier?“
„Lena?“ Nick ist nun mehr als irritiert. „Nein, nein tut mir leid.“
„Gut, äh … vielleicht ein Mädchen namens Linda?“ Seine Anspannung wächst.
Zusammen mit Nicks Irritation. „Auch nicht.“
„Gibt es eine Alina?“
Nicks anfängliche Verwirrung wandelt sich langsam in Misstrauen. „Nein. Was soll das?“ Er mustert Lennard argwöhnisch, sein auffälliges Fragen macht ihn nun mehr als stutzig.
„Nichts weiter, wirklich nicht. Ich … dachte nur, dass ich hier vielleicht jemanden finde. Eine alte Freundin von mir, weißt du? Aber anscheinend scheint sie hier auch nicht zu sein. Dann muss ich wohl weitersuchen.“ Er sieht Nick aalglatt an. „Ich würde dann auch gerne zahlen.“
Ohne etwas zu Lennard zu erwidern, dreht Nick sich um und geht langsam auf die Kasse zu. Er ist von seinen Fragen noch immer irritiert, von dieser offenen Schamlosigkeit, die er soeben an den Tag gelegt hat, um ihn über eventuelle Kollegen auszuhorchen. Hält dieser Lennard ihn etwa für bescheuert? Es scheint beinahe so, andernfalls wäre er wohl vorsichtiger gewesen, nicht so direkt und plump und aufdringlich.
Es ist offensichtlich, dass er Nick angelogen hat. Er glaubt ihm die Geschichte mit der <alten Freundin> nicht. Denn wenn er tatsächlich eine alte Bekannte von sich suchen sollte, wieso kennt er dann nicht ihren Namen? Das passt nicht zusammen. Doch eines ist Nick mit einem Mal klar. Und zwar, dass er selbst von Anfang an Recht gehabt hat. Lennard hat etwas gesucht. Jemanden, um genauer zu sein. Doch er hat diesen jemand nicht gefunden. Nick hat seinen Teil dazu beigetragen.
Er ist sich sicher, dass es, wen auch immer er suchen mag, besser so ist. Er weiß nicht, woher dieser Gedanke kommt, er scheint eher eine Ahnung zu sein, eine tiefe Empfindung, die er verspürt, und die ihm sagt, dass dieser Jemand froh sein kann, noch nicht von Lennard gefunden worden zu sein. Etwas in seinem Blick, in diesen hellen blauen Augen, hat es ihm gesagt.
Nick ahnt noch nicht, dass diese blauen Augen ihm bald in seinen Albträumen begegnen werden.