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2.2.4.9. Öffnungen und Ornamentik

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Angesichts der Tatsache, dass die Mauertürme so gut wie ausschließlich Wehrfunktionen erfüllten, und dass sie insbesondere kaum je bewohnbare Räume enthielten (vgl. 2.2.4.1. und 2.), kann es nicht überraschen, dass „Schmuck“ im weitesten Sinne an den Türmen fast völlig fehlte. Die Strenge des Baukörpers, die Qualität der Mauertechnik und auch die gesamthafte Wirkung der Türme einer Stadt, der „Turmkranz“ des 19. Jahrhunderts, waren die ästhetischen Mittel, die hier zur Anwendung kamen, vergleichbar mit der Ästhetik von Burgen, aber noch reduzierter als dort, wo es neben Mauern und Türmen auch Wohn-, Repräsentations- und Sakralbauten gab.

Insbesondere galt diese Beschränkung der Gestaltungsmittel für die Zeit bis etwa Mitte des 14. Jahrhunderts; danach traten im Zeichen der Spätgotik einige zusätzliche Gliederungselemente auf, die in aller Zurückhaltung die Strenge der Bauten etwas milderten. Auch dann allerdings blieb es eine seltene Ausnahme, dass mehrere Schmuckelemente gemeinsam einen Bau aufwerteten (vgl. 2.2.4.10.). Einen Sonderfall bildete in dieser Zeit jedoch das Backsteingebiet, wo sich – begünstigt durch die Normierung des Baumaterials und die leichte Herstellbarkeit von Profilen, Friesen usw. – ein ganz eigenes, ausnahmsweise nicht auf die Stadtmauern beschränktes System spezifischer Schmuckformen herausbildete.

Im Inneren normaler Mauertürme – also nicht bei den seltenen Ausnahmefällen, die doch Zusatzfunktionen übernahmen, und auch nicht bei Tortürmen – fehlte praktisch jeder Schmuck. Zwar haben neuzeitliche Umbauten, vor allem zu Wohnzwecken oder als Gefängnisse, viele Türme verändert und viele weitere sind bisher nie untersucht oder auch nur im Detail beschrieben worden, aber es kann kein Zufall sein, dass die doch umfangreiche Literatur und die nicht wenigen Besichtigungen, die ich selbst vornahm, nirgends Reste von mittelalterlichen Wandmalereien, profilierten Pforten und Nischen oder gar von Reliefs oder Skulpturen festgestellt haben; offenbar gab es sie nicht. Auch die gelegentlich auftretenden Gewölbe – am ehesten über dem Erdgeschoss oder unter der Wehrplatte – waren offenbar rein funktionaler Natur, das heißt, sie schützten gegen Brand oder schufen eine tragfähigere Decke als die weitaus üblicheren Balkendecken. Dementsprechend waren es in der Regel einfache Tonnen oder höchstens Kreuzgratgewölbe.

Entsprechend dem rein funktionalen Charakter der Innenräume, waren auch die Pforten – von der Stadt in den Turm, ganz selten als bergfriedartige Hochsteinstiege oder als Verbindung zu den anschließenden Wehrgängen – in der Regel von einfachster Art. Zwar gab es neben Rechteckpforten durchaus auch den Spitz- oder Rundbogen, aber schon eine einfache Fase des Gewändes war eine Ausnahme. Noch reichere Profilierungen kommen kaum vor und sind dann Hinweise auf eine Sonderfunktion des Turmes. Als Beispiel sei das gestäbte Gewände zum Obergeschoss des Rundturmes an einer Ecke von Balingen genannt (wohl um 1430) – der Turm gehörte zwar zum Zwinger der Stadtmauer, war aber mit der Stadtburg verbunden und wurde von den Burgherren mitgenutzt, eine absolute Ausnahme – und ohnehin keine Schmuckform war die Zugbrücke am Hocheinstieg des Turmes, der neben dem „Neustädter Tor“ in Zülz (Schlesien) stand (Abb. 477).

Fenster waren an Mauertürmen a priori eher selten, denn zur Feldseite waren sie nicht sinnvoll, zur Stadtseite besaß ein großer Teil der Türme ohnehin keine Wand. Nur wenn man die Innenräume eines Vollturmes etwas besser belichten wollte, als es durch die Scharten möglich war, wurden wenige Fenster eingebaut, am ehesten an der Stadtseite oder in den oberen Teilen; gerade im Geschoss unter der Wehrplatte kommt dies vor, das wahrscheinlich oft als zwar primitiver, aber wettergeschützter Aufenthalt der Wächter diente.

Fensterformen

Der größte Teil der originalen Fenster an Mauertürmen – auch hier stammt der Großteil heute vorhandener Fenster erst von nachmittelalterlichen Umbauten – ist von einfachster Form, in der Regel klein, rechteckig und mit unprofiliertem Gewände. Extreme Beispiele, dass hier das Billigste gerade gut genug war, findet man im Rheinischen Schiefergebirge – das Schiefermauerwerk ist sehr witterungsgefährdet und muss zur Vermeidung von schnellem Verfall sorgfältig unter Putz gehalten werden; die Einfassung von Öffnungen mit Werkstein (Basalt, Sandstein) oder zumindest Holz war hier eigentlich geboten. Da aber solches Material Zusatzkosten bei Transport und Bearbeitung verursacht hätte, sparte man es dennoch fast immer ein.

Bis ins mittlere 14. Jahrhundert blieben etwas reichere Fensterformen seltene Ausnahmen. So fand man etwa an einem der Türme in Zürich (Mitte/zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts) ein spitzbogiges Doppelfenster und ein ähnliches ist am „Straubinger Turm“ in Cham (Oberpfalz) erhalten. Beide zeigen zum Feld, ein Kreuzstockfenster im „Langen Turm“ in Aachen jedoch zur Stadt, ähnlich wie am „Grauen Turm“ in Fritzlar (Abb. 55). Etwas jüngere, spitzbogig genaste Doppelfenster findet man an mehreren großen Rechteckschalen in Quedlinburg, die wohl nach 1337 entstanden.

Ab dem späteren 14. Jahrhundert wurden die Formen der Fenster an den Mauertürmen ein wenig „reicher“, was aber im Grunde nur heißt, dass sie der allgemeinen Entwicklung einfacher Fensterformen in der Spätgotik folgten, ohne sich den weit aufwendigeren Formen des repräsentativen Profan- oder gar des Sakralbaues ernsthaft zu nähern. Noch immer war die weit überwiegende Anzahl der Fenster klein und rechteckig, aber nun traten – zumindest im Westen und Süden des deutschen Raumes – manchmal einfache Profilierungen wie Fase oder Kehlung auf, auch schlichteste Formen des Anlaufes. Als Gegenbeispiel kann etwa das Ordensland Preußen dienen, wo ich im gesamten erhaltenen Bestand nur noch ein einziges profiliertes Fenster notieren konnte (Braunsberg, „Pfaffenturm“). In Westfalen und dem südlichen Niedersachsen findet man im 15. Jahrhundert gelegentlich kleine „Gesimse“ aus einfachen Steinplatten über Rechteckfenstern (Stadthagen, Bodenwerder, Einbeck). Echte, etwas aufwendigere Schmuckformen an Rechteckfenstern sind erst im 16. Jahrhundert zu finden, in dem sie schon deswegen extrem selten bleiben, weil kaum noch Neubauten an den Mauern entstanden; genannt sei etwa ein Eckturm der Mauer von Flörsheim (Rheinhessen, 1547/48) mit typischen großen Renaissancefenstern.

Mehrlichtige Fenster blieben auch im späten 14. Jahrhundert und danach eine extreme Ausnahme. Ab etwa 1370 treten im nördlichen Rheinland an manchen Mauertürmen Kreuzstockfenster und Rechteckfenster mit einem Kämpfer auf, größer als die sonst üblichen Fenster und mit Werksteingewänden; Zierfriese aus Werkstein begleiten sie häufig. Weiter östlich trifft man Derartiges nur selten; die zweilichtigen Rechteckfenster der Türme in Langensalza (Thüringen; ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts) seien als Beispiel genannt, oder zwei Türme in Aken (Sachsen-Anhalt). Ebenso selten waren Fenster, die den Spitzbogen verwendeten oder gar auf Maßwerkformen anspielten. Das nach heutigem Kenntnisstand einzigartige Gruppenfenster des „Kaiserturmes“ in Villingen (1390/91; Abb. 56) war schon angesprochen worden. Der Einfluss von Maßwerkformen beschränkt sich auf seltene genaste Spitzbogenfenster wie etwa am „Beginnenturm“ in Hannover (vor 1357) oder an mehreren Türmen der äußeren Mauer von Dinkelsbühl (um 1372–1420), die in Wahrheit doch nur kleine Rechteckfenster mit Blendmaßwerk auf dem Sturz sind (Abb. 80). Echte Maßwerkfenster findet man dann erst in der letzten Phase der Spätgotik, etwa am „Leipziger Turm“ in Halle (vor 1478), der das zweite Vortor des „Galgtores“ sicherte (Abb. 228). Als absoluten Einzelfall kann man ein geohrtes Fenster, wohl des mittleren 16. Jahrhunderts, in Heldburg (Thüringen) an den Abschluss dieser Auflistung setzen.

Der Schaft der Türme bzw. die große Mauerfläche, die er bot, wurde kaum je durch angefügte oder vorspringende Bauteile gegliedert oder bereichert. Erker kamen zwar vor, waren aber rein funktionale Bauteile, nämlich Aborte oder Wurferker. Dabei sind Aborterker offenbar weit häufiger gewesen; sie lagen meist in den Geschossen, durch die der Wehrgang führte – hier waren sie auch für alle Verteidiger schnell zu erreichen und lagen meist geschützt in der Ecke zur Mauer –, oder in dem Geschoss direkt unter der Wehrplatte, das man in solchen Fällen für eine Wächterstube halten darf. Wehrerker – ein Element, das durchaus ästhetisch eingesetzt werden kann, wie man außerhalb des deutschen Raumes bzw. im Burgenbau verschiedentlich sehen kann – sind bei den deutschen Mauertürmen gleichfalls die große Ausnahme. Zwar mögen Holzerker bzw. Hurden häufiger gewesen sein, als wir das heute feststellen können – die ungewöhnlich gut erhaltenen Türme in Oberwesel waren als Beispiel für Hurden schon genannt worden –, aber steinerne Erker waren selten. Gelegentlich findet man sie bei den späten Rundtürmen in Hessen (14./15. Jahrhundert), besonders eindrucksvoll etwa in Grebenstein (um 1400; Abb. 89); auch ein Turm in Borgentreich (Westfalen) ist zu nennen.

Das Äußere der Mauertürme


Abb. 80 Dinkelsbühl (Mittelfranken), „Krugsturm“ (nach 1372). Fenster mit Schmuckformen, hier mit Blendmaßwerk, waren an einfachen Mauertürmen ausgesprochene Ausnahmen.

Wie wenig die zusätzliche Gliederung des Baukörpers von Interesse war, zeigt auch das Fehlen von Strebepfeilern, die im gleichzeitigen gotischen Sakralbau ein ungemein verbreitetes Gliederungselement waren und auch in den Burgenbau, etwa der Backsteinregionen, wenigstens gelegentlich Eingang gefunden hatten. Natürlich waren Strebepfeiler primär ein konstruktives Element, das durch Gewölbe erforderlich wurde und damit bei den fast immer gewölbelosen und zudem dickwandigen Stadtmauertürmen entbehrlich war. Dennoch kamen sie vor, und zwar als Abstützung gegen den vorgelagerten Graben, jedoch nur bei Tortürmen (Worms, Ladenburg, Ulm). Bei einfachen Mauertürmen habe ich im gesamten deutschen Sprachraum nur ein einziges Beispiel gefunden, einen unauffälligen kleinen Turm des 14./15. Jahrhunderts in dem brandenburgischen Städtchen Triebel.

Nach den bisherigen Ausführungen über Pforten- und Fensterformen sowie die Einfachheit des Baukörpers ergibt sich schon logisch, dass die im Sakral- und im anspruchsvolleren Profanbau der Romanik und Gotik wichtigsten Schmuckarten und -formen bei Stadtmauertürmen keine Rolle spielten. Den Türmen fehlten – im Gegensatz zu den Toren (vgl. 2.2.5. und 2.2.6.) – Inhalt und „Bedeutung“, die sich auf dieser Ebene hätten spiegeln können, und die Mauer war ohnehin teuer genug, sodass offensichtlich jeder nicht unbedingt nötige Kostenfaktor unterdrückt wurde.

Die einzige Ausnahme von dieser Regel hatte charakteristischerweise eine große, an den Burgen bis ins 12. Jahrhundert zurückgehende Tradition: das Buckelquaderwerk (vgl. 2.2.2.3.). Viele Buckelquadertürme an derselben Mauer oder gar eine ganze Mauer aus Buckelquadern waren zwar seltene Ausnahmen; hier ist vor allem an die äußere Mauer von Nürnberg und an ihre Nachfolger im Franken des 14. Jahrhunderts zu erinnern. Aber einzelne Türme mit Buckelquaderwänden kamen auch sonst vor, vor allem im süddeutschen Raum, und zwar ebenfalls vom 13. bis ins frühe 15. Jahrhundert.

Nur ein Gestaltungselement spielte unter diesen Voraussetzungen ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine etwas wichtigere Rolle, nämlich die Gliederung der Mauerflächen durch einfache Horizontalbetonungen wie Absätze, Gesimse und Friese. Die Unterteilung des hoch aufragenden Turmkörpers in geschossähnliche Abschnitte, im Sinne eines besseren Gleichgewichts zwischen vertikalen und horizontalen Kräften, war eine naheliegende Maßnahme, sofern man einfache Türme überhaupt als Objekt bewusster Gestaltung ansah. Aber auch bei der Mauer selbst trat gleichzeitig die optische Abgrenzung des Wehrganges mit gleichen Mitteln auf (vgl. 2.2.3.4.), also die gestalterische Betonung eines funktionalen Unterschiedes.

Horizontal- gliederungen

Als Beispiele eher einfacher Gliederungen, die aber systematisch und in großem Maßstab angewendet wurden, seien aus dieser Phase die äußeren Mauern von Nürnberg und Ingolstadt genannt; in Nürnberg – und Nachfolgern wie Altdorf und Lauf – waren der Wehrgang und manchmal auch die Wehrplatten von Türmen durch Unterschrägung abgesetzt, in Ingolstadt sind es die Wehrplatten der zahlreichen Schalentürme. Diese Betonung der Wehrplatten durch vorspringende Schrägen unter der Brustwehr war ohnehin recht häufig; zum Beispiel zeigen dies etliche Türme in Langensalza (Thüringen). Im 15. Jahrhundert wird es geradezu normal, etwa an zahlreichen Rundtürmen des fränkischen und auch schwäbischen Raumes, hier oft als Wasserschläge. Auch in Hessen war die Absetzung der Wehrplatte im 14./15. Jahrhundert häufig, in einfacher Weise durch ein vorgestrecktes Steinband oder das Vorspringen der gesamten Brustwehr, etwas aufwendiger als schräge oder unterkehlte Vorkragung, manchmal über Rund- oder Spitzbogenfriesen, die, sicherlich nach rheinischen Vorbildern, in Nordhessen vorkamen. Fast verbindlich waren einfache Absätze oder unterkehlte Gesimse, unter dem Wehrgang oder auch zwischen Geschossen, an den Rondellen und Streichwehren des 15./16. Jahrhunderts, wie etwa vielfach in Vellberg (1466–99). Als späte Beispiele seien die Wasserschläge und Cordongesimse der Rondelle im thüringischen Themar angeführt, erst aus dem 16./17. Jahrhundert. Im preußischen Ordensland war der Wehrgang dagegen oft durch zwei Backsteinreihen abgesetzt, zwischen denen ein horizontales Band geputzt und wohl auch farbig gefasst war – technisch ein typisches Mittel der Backsteinregion.

Wasserschläge in mehreren Höhen eines Turmes blieben dagegen auf größere bzw. besonders wichtige Türme beschränkt, und dies waren überwiegend die Tortürme. Ein gutes Beispiel ist die äußere Mauer von Dinkelsbühl mit vielfältigen Turmformen, unter denen nur Tor- und die größten Rechtecktürme diese Gesimse zeigen (Abb. 81). Ein Einzelbeispiel ist ein mächtiger, rechteckiger Schalenturm in Lich (Hessen, um 1400), der charakteristischerweise im 15./16. Jahrhundert zum Kirchturm aufgerüstet wurde.

Weitaus verbreiteter, obwohl zugleich aufwendiger, waren im 14./15. Jahrhundert Friese, insbesondere Bogenfriese. Sie kamen praktisch nur unter der Wehrplatte bzw. den Brustwehren vor und verwendeten fast immer Rundbögen; die seltenen Spitzbögen machten optisch wenig Unterschied (Bretten, „Simmelturm“ mit Reliefzier, um 1450?). Hier gab es ein eindeutiges Hauptverbreitungsgebiet, in dem die Beispiele dermaßen häufig sind, dass einzelne Städte nicht genannt werden müssen; es umfasste Wehrbauten aller Art, also neben Stadt- und Dorfmauern vor allem auch Burgen. Dieses Gebiet umfasste den Mittelrhein, im Sinne des Schiefergebirges, aber auch des nördlichen Oberrheins, sodass die Territorien von Mainz – die spätmittelalterliche Mauererhöhung von Mainz besaß Rundbogenfriese – und der Pfalzgrafen als Zentrum erscheinen müssen. Dass die Rundbogenfriese insoweit eine politische Bedeutung besaßen, scheint aber angesichts ihrer Verbreitung über viele, auch kleine Herrschaften kaum belegbar. Neben den Städten und befestigten Dörfern am Mittelrhein, in Rheinhessen, am Pfälzerwald und in den südlichen Teilen des heutigen Hessen bis zum Odenwald – eines geographisch recht geschlossenen Bereiches – fällt besonders das weite Ausgreifen nach Osten auf. Das Gebiet vor dem Spessart gehörte noch zu Mainz, aber die Rundbogenfriese sogar im Bereich des Neckars und seiner Nebenflüsse sind dennoch häufig; genannt sei hier Möckmühl (vor 1373), wo nicht nur die Rundtürme, sondern auch der Wehrgang Rundbogenfriese besitzen, die farbig gefasst waren (Abb. 82). Als Ausläufer besonders weit im Norden und Osten seien Borken in Westfalen (Diebesturm 1504) und Schmalkalden in Thüringen („Pulverturm“, 15. Jahrhundert) genannt.

Maßwerkfriese, ein weit aufwendigerer Schmuck, der auch besseres Steinmaterial erforderte, scheinen erst im 15. Jahrhundert aufgekommen zu sein, meist ebenfalls in rundbogiger Form. Auch hier lag das Hauptverbreitungsgebiet an Burgen, Stadtmauern und anderen städtischen Bauten am Rhein, vor allem am Niederrhein, wo der Eifelbasalt verwendet werden konnte. Als Beispiel in ganz anderer Region sei die Traufe des „Weißen Turms“ (1476–84) in Biberach in Oberschwaben angeführt (Abb. 231).

Mit den Bogenfriesen, die sich ja in aller Regel im obersten Teil der Türme befanden – unter der Brustwehr oder sogar direkt unter der Traufe –, war schon jene Zone der Türme berührt worden, die ab dem späten 14. Jahrhundert am stärksten durchgestaltet wurde, nämlich der obere Abschluss und das Dach. Jedoch bleiben noch einige ornamentale Möglichkeiten anzusprechen, die sich auf den Turmschaft bzw. die Wandflächen beziehen und, über Fenster und Friese hinaus, überhaupt erst den Bereich der Ornamentik im eigentlichen Sinne berühren; dementsprechend ist hier die Rede von extrem seltenen Erscheinungen.

Wappen, Reliefs, Bemalung


Abb. 81 Dinkelsbühl (Mittelfranken), der „Dönersturm“ ist eines der seltenen Beispiele für die Verwendung von Stockwerkgesimsen an einem Stadtmauerturm; sie sind hier allerdings auf die Ecken beschränkt.


Abb. 82 Möckmühl (Württembergisch Franken), Mauer und Turm (vor 1373) an der Ostseite der Stadt mit Rundbogenfriesen, die ursprünglich farbig gefasst waren.

Das Wappen der Stadtherrschaft bzw. der Stadt selbst war im Spätmittelalter das wichtigste Herrschaftszeichen, das daher gerne auch an der Mauern gezeigt wurde. Ebenso begreiflich ist allerdings, dass es vor allem dort angebracht wurde, wo es der Ankömmling gut sehen konnte, also an den Toren (vgl. 2.3.5.8; Abb. 83). Wappen an Mauertürmen sind selten; am ehesten treten sie noch an jenen Türmen auf, die an besonders angreifbarer oder zumindest sichtbarer Stelle angeordnet und daher ohnehin voluminöser und aufwendiger ausgestattet waren. Als Beispiele seien hier der „Dönersturm“ in der um 1372–1420 errichteten Mauer von Dinkelsbühl (Abb. 81) genannt, ferner der „Kattenturm“ (noch 14. Jahrhundert?) in Wolfhagen (Hessen), schließlich der „Romäusturm“ in Villingen (an der Erhöhung von 1429/39); das Wappen der Stadt und jenes des Reiches am „Dicken Zwinger“ in Goslar (1517) ist ein Beispiel, dass Artillerietürme auch insoweit Nachfolger der Mauertürme waren.


Abb. 83 Dinkelsbühl (Mittelfranken), Wappen am „Rothenburger Tor“, rechts die drei Ähren des Stadtwappens, links der Reichsadler; die Farbfassung ist modern. Im Vordergrund sieht man die Schießscharten des Vortores.

Entsprechend selten waren Reliefs oder gar Skulpturen anderen Inhalts an Mauertürmen. Wenn am „Zollturm“ in Zons ein „1388“ datiertes Relief den Stadtgründer mit St. Petrus in einer Maßwerknische zeigt, so ist dies ein Höhepunkt der Gestaltung; freilich war dies als Wohnturm einer Zollstelle ein Sonderbau, der zudem Rechte eines Erzbistums sicherte. Vergleichbar war die Statue des namengebenden Heiligen am Basler „Thomasturm“ (um 1400), die das flussab liegende Mauereck am Rhein akzentuierte und sich an die Schiffer wandte. Bescheidener wirkt der wappenhaltende Engel am Traufgesims des Vaihinger „Pulverturmes“, der 1493 als Stiftung zweier Familien entstand (Abb. 84), und auch die Renaissancemaske am Meininger „Wasserturm“ ist ein Sonderfall, da der Turm zu einem vornehmen Wohnhaus gehörte. Alle diese Beispiele von Wappen und Reliefs sind außerdem nicht nur seltene Ausnahmen, sondern sie gehören auch in die Spätphase des Mauerbaues ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts.

Ein weiterer Aspekt der Außengestaltung von Mauertürmen ist uns heute praktisch nicht mehr greifbar, dürfte aber eine wichtige Rolle gespielt haben – die Bemalung. Bei Stadtmauern und ihren Türmen spielte zu allen Zeiten das billige Bruchsteinmauerwerk eine wichtige Rolle, damit auch der Verputz, und man kann sich daher gut vorstellen, dass zumindest exponierte Türme gelegentlich farbig gestaltet waren. Da es sich dabei um nichts unbedingt Nötiges handelte und die Mauern ohnehin teure Instandhaltung forderten, da zudem spätestens im 17. Jahrhundert eine lange Phase der Vernachlässigung einsetzte, ist davon kaum je etwas erhalten. Auch sind die modernen Methoden restauratorischer Untersuchung, die auch geringe Reste von Farben feststellen können, auf Stadtmauern offenbar kaum je angewendet worden – vielleicht, weil man zu Recht kaum mit Befunden rechnete. Das einzige Beispiel, das ich auf meinen Reisen im gesamten deutschen Sprachraum fand, bei dem sich die Farbfassung eines Mauerturmes hat feststellen und restaurieren lassen, ist der „Gemalte Turm“ in Ravensburg (um 1400/1418; Abb. 85). Auch im Rheinland findet man heute wieder etliche farbig gefasste Stadtmauertürme – in der Regel weiß mit rot abgesetzten Gliederungen –, jedoch ist dies eine ab den 1960er Jahren entstandene Restaurierungsmode, deren Beleg im Einzelfall oft zweifelhaft ist; auf weitere Einzelbeispiele erhaltener Bemalungen bleibt bei den Toren zurückzukommen (vgl. 2.2.5.8.).

Dass schlichte Horizontalgliederungen das wohl wichtigste „Schmuck“-Element jüngerer Stadtmauertürme waren und dass diese besonders gerne unter der Wehrplatte bzw. ihren Zinnen oder auch an der Dachtraufe angewendet wurden, war bereits vermerkt worden. Schon mit diesen meist einfachen, höchstens in Bogenreihungen bestehenden Mitteln wurde also der obere Abschluss des Turmes besonders hervorgehoben, der ja in der Tat die naheliegende Stelle für solchen Aufwand war, weil er weit in die Landschaft hinaus wirkte. Deswegen wurden, wieder erst im 14./15. Jahrhundert, auch noch andere Bauteile in diesem Bereich besonders ausgestaltet: die Zinnen der Wehrplatte und vor allem das Dach.

Wehrplatte und Dachform

Die Zinnen bzw. – wie sie im Mittelalter gelegentlich genannt wurden – die „wintberge“ sind zunächst eine funktionale Form. Sie sollten Verteidiger gegen Beschuss decken und boten dabei im Grunde nur zwei Möglichkeiten der Verzierung: Die feldseitige Ansicht konnte mit aufgelegten Gliederungen versehen werden und der obere Abschluss eine besondere Form erhalten. Die einfachste Art, die Ansicht zu bereichern, war die Herumführung eines Gesimses, etwa eines Wasserschlages um Zinnenlücke und Zinne herum; hier gibt es vereinzelte Beispiele, kaum vor 1400, etwa im Rheinland und in Hessen (Kassel „Druselturm“; Butzbach, „Hexenturm“; Lich). Etwas aufwendiger war schon die Gestaltung der Zinne als Blende, was etwa in Ingolstadt (1363–1430) zu den wichtigen Gestaltungsmerkmalen gehört; auch hier bietet das Rheinland im 15. Jahrhundert besonders viel (Andernach, „Runder Turm“; Oberwesel, „Zennerturm“ und andere), auch in der Variante, dass die Seiten eines achteckigen Turmgeschosses als solche mit Blenden versehen wurden (Seligenstadt, 1461–63). Den Höhepunkt findet man jedoch – wie eigentlich allgemein, wenn es um Schmuckreichtum geht – im 15. Jahrhundert in der vor allem brandenburgischen und auch pommerschen Backsteinregion. Hier, wo der Backstein die einfache Herstellung auch komplexer Formen ermöglichte, wurden die Blenden mit Bogen- und vereinfachten Maßwerkformen bereichert, die in Verbindung mit der übrigen Gestaltung solch später Türme und Tore ein besonders reiches Bild ergaben (Abb. 86).


Abb. 84 Vaihingen an der Enz (Baden-Württemberg), wappenhaltende Skulptur eines Engels am Eckrondell („Pulverturm“) des Zwingers; die beiden Wappen links sind jene der Familien, die den Turm finanzierten, daneben das Erbauungsjahr „1492“.


Abb. 85 Ravensburg (Baden-Württemberg), der wahrzeichenhafte „Gemalte Turm“ (um 1400/1418) an der Ecke der Unterstadt ist ein seltenes Beispiel dafür, dass eine spätmittelalterliche, wohl italienisch beeinflusste Farbfassung wiederhergestellt werden konnte.


Abb. 86 Tangermünde, das „Neustädter Tor“ (um 1440–70), das die für das Backsteingebiet charakteristische Ornamentik zu einem seiner Höhepunkte führt, besitzt u.a. Zinnen, die mit einer Art Maßwerkblenden geschmückt sind.

Beim oberen Zinnenabschluss war, gesamteuropäisch gesehen, zweifellos der Schwalbenschwanz die meistverbreitete Schmuckform; entstanden im 13. Jahrhundert in Oberitalien und dort im Spätmittelalter weitverbreitet, fand sie im übrigen Europa mit der Renaissance eine teils erhebliche Verbreitung. Im Spätmittelalter war sie im deutschen Raum aber noch selten, man findet sie etwa an einem niedrigen Rundturm einer Vorstadt in Memmingen (1445–71) oder in Pfeddersheim (Rheinpfalz, um 1500). Als Westausläufer einer in Polen und weiter östlich verbreiteten Form der Renaissance sind die runden Zinnen der „Alten Wasserkunst“ in Bautzen zu verstehen (1558). Auch andere Schmuckformen waren offenbar selten, etwa die getreppten Zinnen am „Roten Turm“ in Friedberg (Hessen) und an einigen Türmen in Bautzen (um 1500) oder die fialenartigen Aufsätze in Ingolstadt; für beides findet man Vergleiche in Wales und Irland, aber ein Zusammenhang scheint kaum erkennbar.

Bei den Formen des Turmdaches ist natürlich zunächst einmal zu betonen, dass dessen originale Holzkonstruktion natürlich in der großen Mehrzahl aller Fälle verschwunden ist, auch wenn der Turm als solcher überlebt hat. Dennoch ergibt eine beachtliche Anzahl erhaltener Dächer zusammen mit alten Darstellungen ein recht gutes Bild der ehemaligen formalen Vielfalt. Die große Mehrzahl der Türme besaß ein hölzernes Dachwerk in Zelt-, Kegel- oder verwandter Form, bei den kompakten Grundrissen der Türme, dem horizontalen Abschluss der Brustwehren und der guten Verfügbarkeit von Holz und Zimmerleuten war dies die naheliegende Lösung.

Jedoch gab es, als Ausnahme, auch andere Formen. Die dachlose Plattform dürfte schon deswegen kaum vorgekommen sein, weil die extreme Mehrzahl der Türme nur Balkendecken besaß, die durch Undichtigkeiten sehr gefährdet worden wären. Zudem wäre diese Form bei der vielfachen Erneuerung gerade des Dachbereiches und dem üblichen, relativ anfälligen (Bruchstein-)Mauerwerk der Brustwehren heute kaum noch nachweisbar. Vor allem im Rheinland mit seinem Schiefermauerwerk findet man oft gemauerte, dachförmige Zinnen, die – wenn nicht allzu verfälschend restauriert – sicher unter freiem Himmel lagen. Hier wird man mit Dächern rechnen dürfen, die hinter Zinnen und Wehrgang nur den Innenraum des Turmes schützten, wobei der Wehrgang durch Wasserspeier entwässert wurde (figürliche Beispiele etwa in Grebenstein [Abb. 89], Züschen, beide in Hessen); der äußere Eindruck kam dabei einer Plattform zumindest nahe. Weit häufiger waren, zumindest in bestimmten Regionen, gemauerte Spitzdächer, die eben dieser Form mit umlaufendem, offenem Wehrgang entsprachen. Sie sind häufig an Burg- und Stadtmauertürmen in Sachsen-Anhalt – gut erhaltene Beispiele findet man etwa in Naumburg, Jena oder Staßfurt –, weiter östlich in Brandenburg (Abb. 87) und Schlesien; auch in Österreich war das Steindach verbreitet, ist aber auf Stadtmauertürmen kaum erhalten.


Abb. 87 Bernau (Brandenburg), Blick in das gemauerte Spitzdach. Solche Dächer, hier in Backstein, kamen in einigen Gegenden des deutschen Sprachraumes nicht nur auf Stadtmauertürmen vor, etwa in Österreich, Sachsen-Anhalt, Hessen und Brandenburg (vgl. auch Abb. 89, 147).

Die Form des Satteldaches zwischen Giebeln bietet sich bei Türmen wenig an, weil sie eher für längliche Grundrisse taugt. Dennoch trat die Form gelegentlich auf, in bestimmten Regionen sogar häufiger. Das brandenburgische Wiekhaus des 14./15. Jahrhunderts war mit seiner querrechteckigen Form für ein Satteldach geeignet und man darf davon ausgehen, dass diese Form mit Traufen zur Stadt- und Feldseite hier normal war; jedoch sind nur in vier(!) Fällen von vielen Hunderten noch Giebelreste erhalten (Abb. 88). Einzelne Fälle von gegiebelten Türmen gibt es noch im fränkischen Raum (Dinkelsbühl, Greding), in Oberschwaben und in der Schweiz waren sie etwas häufiger, oft als Treppengiebel, von etwa 1350 bis ins frühe 16. Jahrhundert. In diesem südwestdeutschen Raum, in dem die Giebel auch an Tortürmen auftraten, dienten sie eindeutig als Würdeform, offenbar als Zitat der Giebel von Patrizierhäusern. Eine noch aufwendigere Verwendung als Schmuckform blieb dagegen seltene Ausnahme, etwa in Langensalza (Thüringen), wo es Giebel über allen vier Turmseiten und darüber ein steiles Spitzdach gab.

Die bisher angesprochenen Varianten der Wehrplatten und Turmdächer bestanden in der formalen Variation funktionaler Notwendigkeiten – der Wehreinrichtungen und des Daches als Witterungsschutz –, nicht eigentlich in Schmuck, das heißt in der Hinzufügung von „Überflüssigkeiten“ zwecks rein ästhetischer Wirkung. Aber auch dieses Phänomen gab es durchaus, und zwar in Form von Ziererkern bzw. „Eckwarten“. Ausgangspunkt der Entwicklung waren dabei sicherlich echte Wehrerker, die vor allem an Ecken aus der Brustwehr vorsprangen und ein verbessertes Schussfeld boten (und in Ausnahmefällen auch Wurflöcher). Ein gutes Beispiel sind die quadratischen Türme der äußeren Mauer von Nürnberg (1346–1407): Fast jeder von ihnen besaß, nur an der Feldseite, runde Eckerker, in Buckelquaderwerk wie die Türme selbst. Ein schönes, aber in seiner Region vereinzeltes Beispiel bietet der „Fillerturm“ in Alfeld (Niedersachsen) mit Runderkern an der Wehrplatte, die gestalterisch aufwendig über Halbkegeln auskragen (Abb. 434). In anderen Fällen wird noch deutlicher, dass die Erker zugleich der Verteidigung und dem Schmuck dienten, etwa in Grebenstein (Hessen), dessen Rundtürme (um 1400) jeweils gleich drei Erker am obersten Geschoss besitzen, aber auch eine vorgekragte Brustwehr, figürliche Wasserspeier – vergleiche das nahe Züschen – und eine Kreuzblume auf der Dachspitze (Abb. 89). In Steinheim am Main steht noch eine runde Eckschale, deren Wehrplatte über einem Rundbogenfries mit Erkern versehen ist. Dass solche Formen vor den Veränderungen der Neuzeit gerade im mittelrheinischen und hessischen Gebiet häufig waren – auch an Burgen und Patrizierhäusern, etwa in Frankfurt – kann recht gut die weitgehend verschwundene äußere Mauer von Frankfurt am Main verdeutlichen. Neben dem „Eschenheimer Torturm“, einem der schönsten Bauwerke an deutschen Stadtmauern, der unter anderen Schmuckelementen auch Erker an der Wehrplatte besitzt (Abb. 131), zeigt hier der „Rententurm“ (1455/56 von Eberhard Friedberger) polygonale, schieferverkleidete Dacherker, vor allem aber dokumentieren alte Ansichten eine Fülle derartiger Gestaltungen an heute verschwundenen Türmen. Dass solche reinen, wehrtechnisch zumindest überflüssigen Formen selbst im Artilleriezeitalter überlebten, mag als gut erhaltener Fall die fast 50 m lange, wohl 1486 begonnene Streichwehr verdeutlichen, die den Einfluss der Ohle in Breslau deckte und deren bewusst flache, schartenreiche Mauern trotzdem eine Mehrzahl von Erkertürmchen trugen (Abb. 178).


Abb. 88 Nur sehr wenige Wiekhäuser haben Reste ihrer Dächer bzw. Giebel bewahrt: links Königsberg, rechts Bärwalde, beide in der ehemaligen Neumark (Polen).


Abb. 89 Grebenstein (Hessen). Selten wurden Mauertürme so stark verziert wie hier: fortifikatorisch nutzlose „Balkone“ bzw. offene Erker nach vier Seiten, figurale Wasserspeier und eine Kreuzblume auf dem gemauerten Kegeldach.


Abb. 90 Schwäbisch Gmünd (Württemberg), der „Fünfknopfturm“ spiegelt schon in seinem Namen seine formale Besonderheit, nämlich die Bekrönung mit fünf Erkern, die fortifikatorisch nur bedingt effektiv waren (vgl. Abb. 213; T. Radt).

Mit dem Frankfurter „Rententurm“ war bereits eine Form berührt worden, die wahrscheinlich weitaus verbreiteter als die steinernen Erkertürmchen im Bereich der Brustwehr war – nämlich hölzerne Erkertürmchen, die als Teil des Dachwerkes erst über der Traufe saßen; auch dies war eine Form, die in der Spätgotik keineswegs nur an Stadtmauertürmen auftrat, sondern auch an Burgen und städtischen Profanbauten. Solche Erkertürmchen, in der Regel mit extrem spitzen Dächern wie auch ihre steinernen Vorbilder, waren von diesen in ihrer Wirkung kaum zu unterscheiden; das gilt auch für alte Darstellungen, etwa Matthäus Merian, die Derartiges in enormer Anzahl wiedergeben. Sie waren aber aufgrund des leichter zu bearbeitenden Materials weit billiger herzustellen und dürften daher die große Mehrzahl derartiger Bauteile gebildet haben. Dass die Besonderheit ihrer Gestaltung die Bürger durchaus beeindruckte, belegen drei noch gut erhaltene Beispiele, bei denen die Erkertürmchen den Namen des Turmes hervorbrachten. In Kaufbeuren (um 1400/1420) und in Schwäbisch Gmünd (Dachwerk 1423/24) gibt es je einen „Fünfknopfturm“ (Abb. 90), in Augsburg einen „Fünfgratturm“ (Mitte des 15. Jahrhunderts).

Die mittelalterlichen Stadtbefestigungen im deutschsprachigen Raum

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