Читать книгу Das Blut der Auserwählten - Thomas Binder - Страница 39
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ОглавлениеEs war früher Nachmittag und in der Schule herrschte die von Schülern wie Lehrern sehnsüchtig erwartete Mittagspause. Kurt hatte genug davon, vor lauter Angst den Schwanz ein zu ziehen und – so wie jeden Tag - in irgendeiner Ecke des Schulhofs allein in sich hinein zu heulen. Oder in sich hinein zu grollen und seinen Zorn in die hintersten Winkel seines Bewusstseins zu drängen, zu verbannen. Was ihm meistens sowieso nicht gelang.
Also schlich er sich in einem von der Pausenaufsicht unbeobachteten Moment aus dem Essensraum durch endlos erscheinende Gänge des weiß gestrichenen Schulgebäudes, bis hinauf auf das Dach. Immer auf der Hut, sich vor eventuellen Entdeckern zu verbergen und sich notfalls eine Ausrede für sein Herumwandern einfallen zu lassen.
Das Weiß des Gebäudes sollte wohl Reinheit und Unschuld ausdrücken. Er hasste diese stechende Farbe. Und er hasste diese Schule.
Kurt drückte die Tür des schmalen, dreckigen Stiegenhauses auf. Der Wind blies ihm sofort stark ins Gesicht und zerzauste sein volles, aber fettiges Haar. Die grelle Farbe des Hauses und das reflektierende Licht, das davon ausging, schmerzte in seinen Augen. Eine der vielen subtilen Arten von unterdrückender Manipulation der Jugend: gefügig machen durch regelmäßige Sinnesüberreizung.