Читать книгу Das Blut der Auserwählten - Thomas Binder - Страница 21
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ОглавлениеEs war nichts Sichtbares, aber Kurt war wie vom Blitz getroffen vor Schreck und Neugier und dumpfer Verwirrung. Er blieb stehen und beobachtete den Obdachlosen mit weit aufgerissenen Augen.
Er fühlte sich merkwürdig, als würde er einem alten Freund begegnen, den er ewig lang nicht gesehen hatte (was in seinem Alter wirklich schwierig gewesen wäre). Als hätte er einen verschwundenen Vater nach unendlich vielen Jahren wieder gefunden. Doch sein einziger, wahrer Vater stand doch zwei Schritte rechts neben ihm!
Was war nur mit ihm los? ... Dieses Glühen ... Was passierte mit ihm?
Kurt konnte sich dieses Glühen nicht erklären. Es war wie eine Aura, die um diese Person herum strahlte, wie ein umgekehrter, bösartiger, wissender Heiligenschein.
Es faszinierte Kurt, er war gebannt, wie eine Motte von einem Lichtstrahl, der der Sonne gleichkam, gebannt sein musste. Sie bewirkte ein unheimliches, wohliges Gefühl in Kurt. Er war unfähig, sich zu bewegen, wie in Trance.
Sein Verstand sagte ihm, dass es einfach nicht da war, nicht existierte. Er war nicht sicher, ob er sich das nur einbildete, aber er konnte es fast physisch spüren. Es war wie Elektrizität, die von diesem Menschen ausging.
Die Gestalt fragte Dad, ob dieser nicht ein bisschen Kleingeld für ihn hätte. Kurt hätte sich – trotz seiner impulsiven Angespanntheit - nicht im Traum die kommende Katastrophe ausmalen können...
Kurts Vater beobachtete die Gestalt für drei Sekunden, überlegend, abtastend, ging einen Schritt auf ihn zu und sagte: „Glaubst du, ich hab für deinen arbeitslosen Arsch auch nur einen Cent übrig, du drogensüchtiges Stück Scheiße?“
Paul trat hinter Dad ein paar Schritte vor und wartete angespannt, nervös, aber bereit auf die Reaktion der Gestalt. Dieser beobachtete seinen Gegner seinerseits für einen Augenblick, noch immer diabolisch grinsend und ging langsam auf die drei zu. Binnen vier beschleunigenden Schritten hatte er sie erreicht, im dritten ein Klappmesser ziehend. Dad befahl seinen Söhnen, sie sollten rennen.
Kurt blieb wie angewurzelt stehen – sein Gesicht vor Horror kreidebleich - und starrte die Gestalt an, die mit dem Messer in der Hand weit ausholte und auf Dads Brust zielte.
Dad wich zurück und verpasste der Gestalt überraschend schnell eine gerade Rechte. Der Angreifer wankte benommen einen Schritt nach hinten und stieß, sich nach vorne lehnend, danach sein Messer in Richtung Dads Bauch. Paul versuchte, die Magengegend der Gestalt - wie ein Footballspieler beim Tackling - mit seiner Schulter zu erwischen, traf aber den flink nach rechts ausweichenden Feind nicht und musste einen harten Stoß von dessen linken Ellbogen einstecken, bevor er bewusstlos zu Boden ging.