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Dad redete viel über Krieg, vor allem über den einen Krieg, der gerade in Vietnam (oh, Entschuldigung - in Charlie-Land) wütete. Mittlerweile hatte sich die gesamte Familie von ihren polnischen Wurzeln entfremdet und vollkommen dem amerikanischen Patriotismus jener Zeit verschworen. Ein Lehrbuchbeispiel für den echten 'american way of life'.

Dad war in seinem Element. Er saß, von seinen beiden Jungs, drei ihrer Freunde und zwei Six-Packs Dosenbier umringt, auf einem alten vergilbten Campingsessel im Innenhof des Apartmentblocks, in dem sie alle wohnten. Vor Dads Füßen stapelten sich schon ein paar Dosen und sein Mundwerk war im Gegensatz zu sonst schon ordentlich gelockert „Ich bin wirklich froh,“, meinte Dad überschwänglich, „dass den verdammten Charlie-Schweinen endlich mal gezeigt wird, wo der Hammer hängt. Wir Amerikaner sind doch nicht irgendwelche verweichlichten Schwuchteln, die man herumschubsen kann, wie es einem gefällt.“ Mom und Dad hatten sich bereits seit ihrer Ankunft in den Staaten als wahre Amerikaner bezeichnet, was sie genau genommen rechtlich ja auch waren.

„Jetzt, wo diese Scheiß-Kommunisten-Wichser anfangen, diesen verdammten Ho-Chi-Minh-Pfad zu bauen“, meinte ihr Vater mit einer Dose Bier in der Rechten und immer lauter werdender Stimme, die geballte linke Faust immer wieder auf den linken Oberschenkel knallend, „jetzt fängt sie an, die Zeit für unser Land zu KÄMPFEN, uns vor dem Feind zu verteidigen!“

Dad dachte dabei, wie viele andere Amerikaner dieser Zeit, nie an die Zehn- und Hunderttausende von toten, bäuerlichen Zivilisten und die sich gegenseitig über den Haufen knallenden Soldaten des Nordens, Südens und Amerikas. Und schon gar nicht daran, dass der Konflikt Jahre andauern würde, ohne ein nennenswertes Ergebnis zu liefern – außer die amerikanische Wirtschaft dramatisch aufzubessern -, bis es zum tragischen Ende kommen sollte.

Sie als Amerikaner müssten, brauste Dad auf, endlich aufwachen und kapieren, dass der Kommunismus immer weiter vordringe und dass man dies verhindern müsse und Paul würde ihnen schon allen zeigen, zu was ein Amerikaner fähig wäre, wenn seine Zeit einmal in ein paar Jahren kommen würde, diesen elenden Dreckskerlen.

Jetzt redete er schon wieder über Paul. Nie lobte er Kurt! In solchen Momenten hätte er Paul erwürgen können. Immer nur Paul dies, Paul das! Dad sollte ihn endlich auch einmal so ansehen! Er hasste Paul! Er hasste ihn wirklich. Aber er hatte nie den Mumm gehabt, sich zu wehren. Oder die Kraft. Oder die Skrupellosigkeit. Und Paul wusste das ganz genau, als er ihn jedes Mal mit einem triumphierenden Lächeln ansah, wenn Dad ihm den Kopf tätschelte und Kurt ignorierte.

Das Blut der Auserwählten

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