Читать книгу Geschichte in Film und Fernsehen - Thomas Fischer - Страница 4
[4]1.1 Stand der Forschung
ОглавлениеIn diesem Buch geht es um ‚audiovisuelle Geschichte‘ in den Massenmedien Film und Fernsehen. Massenmedien sind öffentlichkeitsbezogen, weshalb auch audiovisuelle Geschichte immer auf eine breite öffentliche Wahrnehmung ausgerichtet ist (Public HistoryPublic History). Das bedingt, dass es sich bei ihr um allgemeinverständliche Geschichte handelt (Popular HistoryPopular History). Populärgeschichte verzichtet auf Fachbegriffe und wissenschaftliche Analysen. Ihr geht es um spannende Geschichten aus der Vergangenheit, sie ist zu allererst erzählte Geschichte. Erzählte Geschichte(n) in Film und Fernsehen knüpfen meist an historische Ereignisse an: konkrete Personen, Orte und Situationen stehen im Mittelpunkt. Audiovisuelle Geschichte ist also die populäre Erzählung von historischen Ereignissen im Medium Film und deren Verbreitung und Rezeption mittels Kino, Fernsehen und Internet.
Audiovisuelle Geschichte findet entweder als szenische Erzählung (Spielfilm) statt, die historische Ereignisse dramatisiert, oder als verbale Erzählung eines leibhaftigen oder unsichtbaren (Voice-OverVoice-Over) Erzählers, der die Geschichte mit Hilfe historischer Quellen darstellt (Dokumentation). Aus diesen zwei Grundtypen des audiovisuellen Erzählens entstehen dann vermehrt seit den 1980er Jahren verschiedene hybride ErzählformenHybride Erzählformen, die dokumentarisches und szenisches Erzählen vermischen (→ Kap. 2.1 und 2.3.1). Audiovisuelle Geschichte beginnt in dem Moment, in dem im Kinosaal der Projektor anläuft oder die Aufzeichnung beim Fernsehsender ‚abgefahren‘ wird und auf der Leinwand oder dem Bildschirm eine vergangene Lebenswelt sicht- und hörbar wird. Nur während ein Film läuft, wird er als Erzählung zu einem tatsächlichen audiovisuellen Ereignis – zu einer sich in Raum und Zeit entfaltenden filmischen Vergangenheitserzählung. Mit Beginn dieser Erzählung setzt beim Publikum ein komplexer Prozess der Wahrnehmung, Decodierung und Interpretation der sicht- und hörbaren filmsprachlichen Zeichen ein, in dessen Verlauf der Film sowohl als kollektive Erzählung rezipiert als auch mit den je individuellen Erfahrungen und Erinnerungen der Zuschauer und Zuhörer in Einklang gebracht wird. Erst im konstruktiven Zusammenwirken von Erzähler und Publikum wird die Erzählung soziale Realität und Teil der kollektiven Erzähl- und ErinnerungskulturErinnerungskultur. Das ist der Grund, warum sich der folgende Bericht über den Forschungsstand nicht nur auf die geschichtswissenschaftliche Betrachtung des Geschichtsfilms beschränkt, sondern auch Forschungen anderer Wissenschaften zu den Themen Erinnerung, Gedächtnis, ErinnerungskulturErinnerungskultur, Vergangenheitserzählungen etc. einbezieht.