Читать книгу Von der Kunst, sich selbst zu führen - Thomas Hamblin Harry - Страница 51
Und was ist mit Gegnern und Miesepetern?
Оглавление„Zahlt Schlechtes, das man euch antut, niemals mit Schlechtem heim, überlegt vielmehr gegenüber jedem Menschen, was ihm guttun würde.“ – „Lass dich nicht vom Bösen überwältigen, überwältige vielmehr das Böse mit dem Guten“ (Römer 12,17.21).
Hier begegnen wir der hohen Schule der Selbstführung. So wie hier beschrieben handeln nur Menschen, die mit Gottes Kraft ausgerüstet sind. Die der Heilige Geist dazu befähigt, sich selbst gut zu steuern. Feinde zu lieben, zu segnen, das Gute für sie anzustreben, das hat nichts mit Gefühlen zu tun und schon gar nichts mit einer natürlich in uns angelegten Tendenz. Hier befähigt uns Gott zu einem aktiven Handeln, das unsere ersten und natürlichen Impulse überwindet. Dabei handelt es sich um eine Vorgehensweise, die Gottes Kraft in mir hervorbringt, von mir aber bewusst gewollt ist – entscheide ich mich nicht für sie, dominiert mich der automatische Impuls zur Rache.
Das ist die große Verheißung des Lebens in der Nachfolge: Als von Gott Ermächtigte und Befähigte können wir uns selbst so steuern, dass wir Gottes Wege gehen, statt unguten Gefühlen nachzugeben.
Schwierige Menschen, Feinde, Gegner – sie fordern unsere Selbstführung am meisten heraus. Vers 17 gibt uns für solche Menschen die Richtung vor. Hinter der Formulierung „… was ihnen guttun würde“ steckt das griechische Wörtchen „kalos“. Es meint das, was angemessen, nützlich, geeignet, gut und schön ist. Zurückschlagen, es heimzahlen, verletzen, verachten, verleumden – und wie das Sortiment menschlicher Boshaftigkeiten auch immer aussehen mag – entsprechen alle nicht diesem „kalos“. Sie erzeugen neue, noch boshaftere Gegenreaktionen. Auch gemeinen, fiesen, bösen Menschen gegenüber gilt der Grundsatz des Guten: Wir sollen uns überlegen, was gut, nützlich, hilfreich für sie wäre:
• Gut wäre, wenn sie durch uns etwas anderes erfahren würden als sie selbst geben. So sehen sie, dass es auch anders geht.
• Gut wäre, wenn sie mit ihren bösen Absichten und Gemeinheiten ins Leere laufen würden und nicht zum Ziel kommen, weil wir anders darauf reagieren, als sie erwarten. Sie wollten siegen, zerstören, verwunden, ausschalten. Würden wir uns auf dieselbe Ebene begeben, hätten sie ihr Ziel erreicht. Halten wir ihnen aber Gutes entgegen, schießen ihre Pfeile ins Leere.
• Gut wäre, wenn ihr Herz Heilung und Veränderung erfahren würde. Bösen Menschen wurde fast immer irgendwo in ihrem Leben auch Böses zugefügt. Wer ständig und mutwillig verwundet, ist selbst ein Verwundeter. Deshalb segnen und beten wir für den anderen: dass er Gottes heilende Berührung zulassen kann, die seinem Treiben ein Ende bereiten wird.
• Gut wäre, wenn böse Menschen davor bewahrt würden, ihr Böses ungehindert fortsetzen zu können. Deshalb beten wir, dass Gott sich ihnen in den Weg stellt. Das bewahrt nicht nur ihre Opfer vor noch mehr Schaden, es bewahrt auch die Täter vor noch tieferer Schuld. Wir beten auch um die Kraft, dass wir uns dem Bösen entgegenstellen können, wo es in unserer Verantwortung steht und wo wir die Möglichkeit dazu haben. Dem anderen gegenüber mutig Grenzen zu setzen, heißt: uns selbst, andere und auch den Täter schützen. Deshalb zögern wir nicht, es zu tun, wo es uns möglich ist.
• Gut wäre, wenn aus Bösewichten Guttäter würden. Das ist möglich, wenn die Liebe Gottes ihr Herz erreicht. Sie brauchen die Erfahrung des „Erbarmens Gottes“ (Vers 1), das Sünder gerecht spricht und neu macht. Vielleicht sind wir der einzige Mensch, durch den Gott dem anderen zeigen kann, wer und wie er ist. Deshalb bete ich um Kraft und um Möglichkeiten, ihm trotz allem Gutes zu tun und ihn auf Gott hinzuweisen (siehe Vers 20). Denn: Nur Geliebte können umkehren.
Was bedeutet es, sich selbst zu führen? Weshalb ist das ein relevantes Thema? Ich habe in diesem ersten Teil des Buches diese Fragen zu beantworten versucht. Dabei war mir eine vom christlichen Glauben geprägte Sichtweise ein besonderes Anliegen. Nicht nur, weil unsere Selbstführung auf diesem Boden gute, das Leben und Beziehungen fördernde Auswirkungen hat. Die biblischen Wurzeln machen auch deutlich, wie relevant das Thema für uns ist. Uns selbst führen ist ein konkreter Ausdruck davon, dass wir Gott ernst nehmen, mit ihm und für ihn leben wollen. Es ist ein zentraler Aspekt glaubwürdiger Christusnachfolge!
Was alles dazugehört und wie sie sich konkret gestalten lässt, damit beschäftigen wir uns in den verbleibenden Teilen und Kapiteln dieses Buches.