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NOSTALGIE UND MODERNE – MERAN

Kurstadt an der Passer


Meran war schon einiges in seiner Geschichte: Tiroler Hauptstadt, vergessenes »Kuhstadtl«, dann Kurort und Treff der High Society. Und gerade – so scheint es – häutet sich die Stadt am Eingang ins Passeiertal erneut, verpasst sie sich ein neues, moderneres Image. An ihrer Beliebtheit als Reise- und Urlaubsziel wird sich wenig ändern, dafür sorgen unter anderem Klima und Kulisse: beides erstklassig.


Vor etwa hundert Jahren war das Kurhaus die große Attraktion Merans, schön gelegen am Ufer der Passer.

Natürlich wissen die Meraner, was sie an der Kaiserin aus dem fernen Wien hatten. Schließlich war es Elisabeth, die das ziemlich verschlafene Städtchen an der Passer durch ihren ersten Kuraufenthalt 1870 zurück in den Fokus der europäischen Hautevolee schubste. Zeitungen gab’s zu k.-u.-k.-Zeiten ja schon, Klatschspalten auch, und so erfuhr die Schickeria bald, wohin die Prominenz zur Erholung reiste. Aus der ehemaligen Hauptstadt Tirols wurde so ein Kurort von Weltruf. Dass Sissi mit ihrer Entourage damals ausgerechnet in jenem Schloss Trauttmansdorff logierte, dessen Gärten heute die Top-Sehenswürdigkeit Merans sind, ist eine nette kleine Pointe. So ist die Kaiserin in gewissem Sinn erneut angekommen in »ihrem« Schloss, und der Weg von der Stadt herauf, den sie vor über hundert Jahren oft nahm, ist heute ausgeschildert: natürlich als »Sissi-Weg«. Die österreichisch-ungarische Monarchie ist längst Geschichte, das Reisen eine Angelegenheit der Massen. Elisabeths steinernes Ebenbild sitzt an der Sommerpromenade, ihr Blick lässt allerdings nicht erkennen, ob der Kaiserin das muntere Treiben unserer Zeit gefällt. Bestimmt hätte sie sich aber gern in jenem Restaurant niedergelassen, in dem Andrea Fenoglio seit 1991, inzwischen mit einem Michelin-Stern geadelt, magistral den Kochlöffel schwingt: im »Sissi«.

Die Altstadt

Vom Restaurant sind es nur ein paar Schritte bis in die Meraner Lauben. Reiseführer vermerken gern, dass sie ein Stück länger sind als jene in Bozen. Das Gedränge ist vergleichbar und in den Schaufenstern dominiert Mode. Das Thema interessiert, natürlich, und es lässt sich sogar noch vertiefen: im »Frauenmuseum Evelyn Ortner«, das im ehemaligen Klarissenkloster untergebracht ist.

Gewissermaßen eingerahmt wird die Laubengasse von der gotischen Pfarrkirche St. Nikolaus mit ihrem unverkennbaren achteckigen Turmabschluss auf der einen, der Landesfürstlichen Burg (15. Jh.) auf der anderen Seite. Durch das Bozner Tor und über die Postbrücke kommt man in wenigen Minuten zur Spitalkirche zum Heiligen Geist. Kunstliebhaber werden diesen kleinen Abstecher nicht versäumen. Merans vielleicht schönstes Gotteshaus, ein spätgotischer Bau, der Stefan von Burghausen zugeschrieben wird, besticht sowohl durch seine ausgewogenen Proportionen in einem originellen Grundriss mit Umgangschor als auch durch seinen reichen plastischen Schmuck. Neun Säulen tragen das schöne Sternrippengewölbe.


Wie in Bozen laden auch die Meraner Lauben zum Flanieren und Shoppen ein, sogar bei Schlechtwetter. Wenn die Sonne scheint, sitzt man gern bei einem Apéro draußen.

Matteo Thuns Meraner Therme

Bloß 200 Meter, aber mehr als sechs Jahrhunderte liegen zwischen der Spitalkirche und dem neuen Hingucker Merans, der modernen, von Matteo Thun entworfenen Therme, einem Wellnesspalast der Superlative mit 25 Pools, Saunen, Dampfbädern und einem schönen Park. Das radonhaltige Wasser wird übrigens nicht in Meran, sondern am Vigiljoch gefasst.

Bemerkenswerte Architektur auch auf der anderen, der orografisch rechten Seite der Passer: das Meraner Kurhaus, ein Juwel des Jugendstils, das in mehreren Etappen entstand und erst 1914 mit dem Bau der Kuppel und des großen Kursaals vollendet wurde. Die Pläne dazu stammten von dem Wiener Architekten Friedrich Ohmann. Ihm schwebte ursprünglich ein noch weit größerer Komplex vor, doch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs setzte diesen Plänen ein abruptes Ende. Angestoßen hatte den Bau eines neuen Kurhauses Josef Valentin Haller, fast vier Jahrzehnte lang Bürgermeister Merans, das er vom schlechten Ruf eines »Kuhstadtl« befreien und dem er zu neuem Ansehen in der Welt (vor allem der Reichen und Schönen) verhelfen wollte.


Das Schloss Tirol ist immer einen Ausflug wert.

TOP ERLEBNISSE

MARLINGER WAAL

Wer in der Meraner Gegend wandert, kommt an ihnen nicht vorbei: den kilometerlangen, oft uralten Bewässerungskanälen (Waalen), mit deren Hilfe die Bauern dem extrem trockenen Klima trotzten und für ausreichendes Nass auf ihren Kulturflächen sorgten. Der längste Waal im ganzen Land verläuft rechts der Etsch und führt von der Töll zwölf Kilometer weit bis nach Oberlana. Initiiert wurde sein Bau durch die Mönche des Kartäuserklosters im Schnalstal, die in der Marlinger Gegend mehrere Weingüter besaßen. Heute ist der Marlinger Waal ein Klassiker unter den Meraner Wanderwegen. Infotafeln vermitteln Wissenswertes über das Südtiroler Waalwesen, und natürlich fehlen auch Einkehren unterwegs nicht.

www.merano-suedtirol.it

SCHLOSS TIROL

Wer sich für die Geschichte Tirols interessiert, darf einen Besuch der Stammburg des Landes nicht versäumen. Die mächtige Feste thront auf einem Felsrücken nordwestlich über Meran. Ihre Glanzzeit hatte sie als Sitz der Landesfürsten im 14. Jahrhundert. Heute beherbergt Schloss Tirol das Südtiroler Museum für Kultur- und Landesgeschichte.

www.schlosstirol.it


Bilderbuch-Südtirol: Die Seiser Alm mit den Felszinnen des Langkofelmassivs.

Das Reisebuch Italien

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