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EIN STIEFEL NAMENS ITALIA

Bel Paese, schönes Land, das ist keineswegs eine neuzeitliche Liebeserklärung an Italien. Schon Dante und Petrarca besangen so ihr Heimatland und schließlich Goethe, als er 1786 endlich aufbrach zu seinem Sehnsuchtsziel. Doch allein die Länge des »Stiefels«, der knapp 1200 Kilometer von den Alpen bis weit ins Mittelmeer ragt, macht deutlich, dass es bei einer Reise allein nicht bleiben kann.


Eine Bucht für jede Italien-Sehnsucht, am Gargano mit den Tremiti-Inseln ganz leicht zu finden – Blick von San Domino auf San Nicola.

Und das ist gut so. Denn »das Land, wo die Zitronen blühn« bietet mehr als nur Sonnenschein und die Hinterlassenschaft der Antike, was Goethes Hauptgrund war, überhaupt nach Italien zu reisen. Alles, was nicht antik war, hatte er möglichst schnell durchreist. Sogar Venedig! Für uns selbstverständlich eines unserer Highlights in diesem Band, der eigentlich weit umfangreicher sein könnte, so vielfältig ist Bella Italia oder Bel Paese, das schöne Land. In der UNESCO-Weltkulturerbeliste hält Italien schon lange mit mehr als einem halben Hundert Welterbestätten den ersten Platz. Die allererste Wahl fiel in Italien 1979 auf die Felsenbilder der Valcamonica in der nördlichen Lombardei, die übrigens noch immer die meisten Stätten zählt, noch vor der Toskana!

Von den Alpen bis zum Tosko-Emilianischen Apennin

Unser Auswahlkriterium? Sehr bekannte Gebiete und Ortschaften, die nicht fehlen dürfen, wenn Italien dargestellt wird, aber dazu beispielsweise einige Metropolen der Lombardei wie Mailand, die Regionalhauptstadt. Und Mantua? Die Stadt der Gonzaga mit ihren wunderbaren, vom Mittelalter geprägten Plätzen, dem Palazzo Ducale mit seinen mehr als 50 Räumen voller Kunst und Geschichte wie Mantegnas Camera degli Sposi oder dem Palazzo Tè am Rande, in dem Giorgio Romano sein Bestes gab, Park und Fischteiche inbegriffen. Fast alle oberitalienischen Seen liegen übrigens in der Lombardei, im Osten teilt sie sich den Gardasee mit dem Veneto, im Westen den Lago Maggiore mit dem Piemont (und der Schweiz). Der Comer See in der Mitte, aber der Iseo-See mit der größten und höchsten Insel in einem europäischen See?

Ganz im Westen versteckt sich das kleine Aostatal und teilt sich ab dem Mont Blanc die französische Grenze weiter südlich mit dem riesigen Piemont und dem Regenbogen namens Ligurien, dessen Mitte Genua, die Stolze, beherrscht und in dessen Osten die Cinque Terre und Portofino garantiert weitere Sehnsuchtsziele sind.


Venedigs Piazza San Marco vor der gleichnamigen Kathedrale gehört zum Pflichtbesuch in der Lagunenstadt.


Feinschmecker zieht es aber auch auf die Obst- und Gemüsemärkte.


Stille Buchten an der langen Küste des italienischen »Stiefels« laden zum Baden ein.

Zentrum der Emilia Romagna ist die »rote, fette, gebildete« Regionalhauptstadt Bologna mit ihren kilometerlangen Laubengängen und Fressgassen voller kulinarischer Spezialitäten, die mehr sind als Bologneser Soße. Richtung Apennin lassen die meisten Italienreisenden Modena im wahrsten Sinne des Wortes links liegen, nämlich links der Autobahn. Das hat Modena mit seinem großartigen Dom und dem hoch aufragenden Campanile wirklich nicht verdient. Fast ist das benachbarte Maranello Richtung Apennin bekannter, die Rennfahrerstadt mit dem allgegenwärtigen, sich aufbäumenden Pferd von Ferrari; und Parma, für Kunstkenner eine Pflichtübung, ebenso wie für Musikliebhaber auf den Spuren Verdis; Ferrara mit seiner schönen Stadtmauer als Sitz der Este, das Ravenna der Mosaiken, Rimini, Fellini wegen und als Synonym für Badeferien an der italienischen Adria.

Außerdem Venetien, italienisch Veneto, vom Gardasee bis Venedig und bis hinauf in die Venetischen Alpen, wo Tizian das Licht der Welt erblickte; Verona mit seiner Arena und der bekanntesten Liebesgeschichte der Welt – Romeo und Julia; Padua mit großartigen Marktplätzen, dem aufregendsten anatomischen Saal und Giottos unnachahmlichen Fresken in der Cappella degli Scrovegni. Dann die Goldstadt Vicenza, vom begnadeten Architekten Palladio geprägt, der in Villen und Palästen bis in den Brentakanal (und am Rande Venedigs) seine Handschrift hinterließ. Aber Bassano del Grappa? Im benachbarten Friaul ganz im Nordosten fungierte Triest als Scharnier zwischen Nord und Süd, dem Land und dem Meer. Doch Grado auf seiner kleinen Insel haben vor allem die dicht beisammenstehenden sakralen Bauten geprägt.

Im Zentrum Toskana, Umbrien und die Marken

Die Toskana ist mehr als nur Florenz, die Wiege der Renaissance mit der herrlichen Inkrustation ihres sakralen Zentrums um den Dom und das runderneuerte Museo Diocesano. Florenz ist auch Zentrum modischer Accessoires und der Mode überhaupt mit den Pitti-Messen, und eine beliebte Universitätsstadt mit vielen Sprach- und Kulturinstituten. Die Stadt hat seit jeher berühmte Rivalinnen: Lucca auf römischen Fundamenten, das gotische Siena und das etruskische Arezzo mit Piero della Francescas Fresken in der Chorkapelle von San Francesco, vor allem aber die einstige Seemacht Pisa mit ihrer prächtigen Piazza dei Miracoli mit dem »geneigten« Glockenturm.

Sehnsucht nach schönen Landschaften wecken die sanft hügeligen Crete und die dichten Wälder der Maremma, zu Weinreisen verlocken Chianti und Montalcino und vielleicht auch das turmreiche San Gimignano wegen seines strohgelben Vernaccia. Vorgelagert sind Napoleons kurzzeitige Zufluchtsinsel Elba und das sehr hübsche, eigenwillige Giglio. Umbriens Städte wie Perugia oder Orvieto, die sich stolz auf ihren Tuffhügeln erheben, sind unverkennbar etruskischen Ursprungs, aber danach hat der heilige Franz von Assisi die Region mit zahlreichen Kirchen und Klöstern geprägt. Am Rande duckt sich Norcia innerhalb seiner Mauern – aus leider berechtigter Angst vor Erdbeben. Doch die Stadt von Europas Patron Benedikt lässt sich nicht unterkriegen und steigt jedes Mal wieder wie ein Phoenix aus der Asche. Die benachbarten Marken haben einen Herzeigeort, die fürstliche Residenz Urbino, ein Gesamtkunstwerk der Renaissance. Und das nahe San Marino auf hohem Felsen ist stolz darauf, die älteste Republik der Welt zu sein – und selbständig.

Rom und der Süden

Das alte Rom hinterließ nicht nur das Forum Romanum, das Kolosseum und die Trajanssäule, die Caracalla-Thermen, die vielen Tempel und, und … Auf Schritt und Tritt gibt es etwas zu entdecken, auch aus späteren Epochen wie den Vatikan mit seinen unglaublichen Museen und die Engelsburg, das im Zuckerbäckerstil errichtete Vittoriano für Vittorio Emanuele II, den ersten König Italiens, die Piazza Navona mit ihrem großartigen Brunnen und erst die postkartenschöne Spanische Treppe! Weiter südlich breitet sich der Golf von Neapel mit der alten Stadt der Krippenbauer zu Füßen des Vulkans Vesuv aus, hinter dem Sorrento und die Amalfitana weitere Sehnsüchte wecken nach Zitronenduft und Dörfern an steilen Hängen oder einfach nach dem Dolcefarniente unter südlicher Sonne oder klaren Sternennächten zu Mandolinenklängen. Gegenüber Capri und am Horizont Ischia und Procida.

Sozusagen auf der Rückseite des Stiefels breitet sich Apulien mit seiner interessanten Metropole Bari aus, den Dörfern Alberobello und Locorotondo mit ihren kegelförmigen Trulli und den riesigen Ölbaumplantagen auf historischen Landgütern, den Masserie.

Vor der Stiefelspitze erhebt sich Sizilien mit seinem noch tätigen Vulkan Ätna aus dem Meer, Taormina heißt hier das Zauberwort für das richtige Urlaubsgefühl. Nördlich der Insel glitzern ihre kleinen Begleiterinnen im Meer, die Liparischen Inseln mit köstlichem Wein und berühmten Kapern. Schließlich, einem eigenen Kontinent gleich ob ihrer Vielfalt – die große Insel Sardinien. Ein Badeparadies mit kilometerlangen, feinsandigen, von Dünen geschützten Stränden, eine Kulturlandschaft mit urtümlichen Nuraghen und geheimnisvollen Gigantengräbern der früheren Bewohner, mit schönen Städten und sehr wildem, ursprünglichem Inselinneren, ein wahres Paradies für Wanderer. Doch Geheimrat und Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe ist nicht bis Sardinien gekommen, Sizilien war sein letztes Sehnsuchtsziel. Dort, wo er die Spuren der griechisch-römischen Antike suchte und fand, dort, wo die Zitronen blühn …


Im Landesinneren findet man zahlreiche trutzige Burgen wie hier bei Aymavilles im Aosta-Tal.

Das Reisebuch Italien

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