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IV

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Man könnte einwenden, daß es den Standpunkt gar nicht gibt, auf dem einem angeblich solche Zweifel kommen – daß wir bei dem Schritt beiseite, der uns so ans Herz gelegt wird, schlicht den Boden unter den Füßen verlieren, und uns überhaupt keine Grundlage mehr bleibt, von der aus wir noch die unbefangenen ›vorkritischen‹ Antworten und Reaktionen werten können, um deren Prüfung es uns hier geht. Bleiben wir bei unseren gewöhnlichen Standards für Wichtigkeit und Unwichtigkeit, dann lassen sich die Fragen nach dem Sinn dessen, was wir mit unserem Leben anfangen, auch in der gewöhnlichen Weise beantworten. Geben wir diese Standards indessen auf, werden auch diese Überlegungen für uns sinnlos sein müssen, weil wir dann die Vorstellung davon, daß etwas Sinn hat, jeglichen Inhalts beraubt haben – und mithin auch die Vorstellung davon, daß etwas egal ist.

Aber diesem Einwand liegt ein falsches Verständnis dessen zugrunde, was den Schritt beiseite eigentlich ausmacht. Er soll uns ja nicht darüber aufklären, was wirklich wichtig ist, so daß wir uns dann genötigt sehen, in Antithese hierzu die Unwichtigkeit unseres irdischen Daseins anzuerkennen. Wir geben im Verlaufe dieser Überlegungen nirgends die gewöhnlichen Standards auf, nach denen wir alle unser Leben führen. Wir schauen uns vielmehr an, wie diese Standards funktionieren, um festzustellen, daß uns dann, wenn sie in Zweifel gezogen werden, nichts anderes übrig bleibt, als sie nur durch Rückgriff auf ebendiese Standards selbst zu rechtfertigen – und das bringt natürlich nichts ein. Wir bleiben diesen Standards treu, weil wir nun einmal so beschaffen sind, wie wir es sind; was uns wichtig oder bedeutend oder wertvoll erscheint, würde uns nicht so erscheinen, wenn wir anders beschaffen wären.

Es ist klar, daß wir im alltäglichen Leben eine Situation nur dann für absurd halten, wenn wir bestimmte Standards dafür vor Augen haben, wann etwas ernst zu nehmen, wichtig oder harmonisch ist, vor deren Hintergrund das Absurde gestellt werden kann. Die philosophische Behauptung der Absurdität dagegen setzt diese Art eines kontrastierenden Hintergrunds nicht voraus, und das könnte einen dann zu der Vorstellung verleiten, als sei der Begriff ›Absurdität‹ gar nicht geeignet, diesem Urteil Ausdruck zu verleihen. Das stimmt aber nicht, weil ja das philosophische Urteil auf einem anderen Kontrast beruht, durch den es dann zur natürlichen Weiterentwicklung des alltäglichen Urteilens wird. Der Unterschied liegt nur darin, daß im philosophischen Urteil die Ansprüche und Anmaßungen unseres Daseins mit einem umfassenderen Kontext konfrontiert werden, in dem überhaupt keine Standards mehr zu entdecken sind, und nicht wie im Alltagsurteil, mit einem Kontext alternativer Standards, welche die anderen ausstechen.

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