Читать книгу Johann Gabb - Thomas Pfanner - Страница 11
ОглавлениеMasuren, 1944
Johann fluchte vor sich hin. Die Grundausbildung war schon kein Zuckerschlecken gewesen, aber das hier schlug dem Fass den Boden aus. In seinem ganzen Leben hatte er mit Pferden zu tun gehabt, er wusste alles über sie und kam mit jedem einzelnen Tier zurecht. Nicht im Traum hätte er sich freiwillig in ein Automobil gesetzt. Zu viel Technik, das Verständnis fehlte auf beiden Seiten. Einem Pferd konnte er beizeiten anmerken, ob es vorhatte, brav zu sein, ob es seine Leistung bringen konnte, ob sich Probleme anbahnten. Einem Automobil sah man nichts an. Gerade funktionierte es noch, im nächsten Moment standen alle Räder still, ohne Vorwarnung, und es ließ den Fahrer in seiner Unkenntnis im Stich.
Johann brauchte nur ein paar Tage, um den ganz speziellen Wahnsinn der deutschen Armee zu begreifen. Im Ausbildungslager siebten die Feldwebel die Rekruten nach ihren Stärken aus, das war jedenfalls der Plan. Ausgemustert wurden nur die Toten, alle anderen erhielten nach Abschluss der Grundausbildung eine weiterführende Spezialausbildung. Auf eines konnte man sich dabei verlassen: Der Wahnsinn hatte Methode. Die Tauben wurden Funker, die Blinden Fahrer und die Ahnungslosen bereitete man darauf vor, die Verwaltung von Nachschub oder anderen Schreibkram zu erledigen. Natürlich wollte man ausschließlich aus den hirnlosen Schreihälsen Vorgesetzte machen.
Und er, der unbedarfte Bauer mit einer nie korrigierten Weitsichtigkeit, noch nie in einem Auto gesessen und ohne jede Ahnung von Fahrtechnik, wurde natürlich zum Fahrer ausgebildet. Was in diesen Zeiten eben als Ausbildung durchging. Auf dem Gelände standen drei Leichtlastwagen vom Typ Opel Blitz, denen man die durchlebten Schlachten sehr genau ansah. Ein paar Einschusslöcher wiesen den Weg zu nachlässig weggewischten Blutspuren, die den Bodenblechen im Führerhaus einen zweiten Braunton hinzufügten. Drei Wagen und achtundsiebzig zukünftige Fahrer. Man hatte ihm nach fünf Fahrstunden und einer kurzen technischen Einweisung den Führerschein überreicht und gleich darauf den ersten Kampfauftrag erteilt.
Johann schnaubte wütend, während er mit dem großen Lenkrad kämpfte und seine ganze Kraft darauf verwendete, den abgewrackten Opel auf dem Feldweg zu halten. Der Wahnsinn war ein doppelter, mindestens. Eigentlich war er gar nicht als Fahrer vorgesehen, sondern als Koch. Aber ein Koch musste seine fahrbare Gulasch-Kanone selbst durch die Weltgeschichte bewegen können.
Johann Gabb und ein Koch. Gütiger Himmel, seine Frau kochte, hatte sie immer. Einen Kochtopf hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht angefasst. Seine Erfahrung beschränkte sich auf Verrichtungen, die rund um die Küche angesiedelt waren, aber niemals in den Bereich seiner Frau eindrangen. Er schlachtete das Vieh, machte die Wurst, räucherte das Fleisch. Sein Schinken galt im Ort als gesuchte Delikatesse. Aber kochen?
Die anderen Männer aus Mágocs, Jágónak und Dombovar, die während der Ausbildung zu einer Kampfeinheit zusammengeschweißt werden sollten, sahen die Dinge ähnlich. Kochen galt als Frauenarbeit, niemand meldete sich, als der Hauptmann die ganze Truppe antreten ließ und im Kommando-Ton dazu aufforderte, sich freiwillig zu melden. Wie das eben so war mit der Freiwilligkeit in Zeiten, die in Sekundenschnelle den Tod bringen konnten.
Der Hauptmann erhöhte den Druck, sprach von der vaterländischen Pflicht, die kämpfende Truppe durch gehaltvolle Ernährung in Saft und Kraft zu halten. Johann hatte erst gar nicht hingehört. Bis zu dem Augenblick, als der Hauptmann zu schmeicheln begann. Hellhörig wurde er erst, als der plötzlich gar nicht mehr so laute Hauptmann von den Nachteilen zu sprechen begann, die eine Position als Koch mit sich bringen mochte. Von langen Arbeitszeiten war die Rede, davon, keinen Helfer zu erhalten, weil der Rest der Truppe an der Frontlinie gebraucht werden würde. Mit einem Mal ging Johann ein Licht auf.
Ein Koch kämpft nicht. Ein Koch kocht. Es gab nicht vieles, was Johann noch weniger mochte als kochen. Erschossen zu werden gehörte definitiv dazu. Vor seinem geistigen Auge erschien das Bild eines Schützengrabens, in dem lauter Leute aus Mágocs lagen, tot und halb verrottet. Einen Kilometer dahinter stand der Koch an seinen Geräten, hatte es warm und gemütlich, und da alle anderen tot waren, auch mehr als genug zu essen.
An dieser Stelle brauchte es keine weiteren Überlegungen. Festen Schrittes trat er vor und meldete sich. Der Hauptmann zeigte sich hocherfreut und übergab ihn unverzüglich seinem Hauptfeldwebel zur weiteren Ausbildung. Bereits eine Stunde später erging sich Johann in gotteslästerlichen Flüchen. Er hatte die Angelegenheit nicht zu Ende gedacht. Vorerst kochte er gar nicht, sondern musste lernen, mit dem Opel Blitz zurecht zu kommen.
Das wurde richtig schlimm, weil es ihm völlig an technischem Verständnis für den Vorgang des Fahrens mangelte. Die Technik verstand er dagegen erstaunlich rasch: anlassen, Öl prüfen, Reifenkontrolle, Anhängerkupplung, dies lag seinem bäuerlichen Alltag nicht übermäßig fern. Ein paar Maschinen gab es nun doch im Dorf, eiserne Erntehelfer, die den Weggang der ersten Freiwilligen kompensieren halfen.
Wenn nur nicht das Fahren selbst gewesen wäre. Diese hohe Geschwindigkeit, gepaart mit Lärm, Gestank und dem ständigen Gefühl, als würde die ganze Fuhre auf Eiern rutschen. Eine mittelschwere Panik fuhr immer mit.
Nun also der sogenannte Kampfauftrag. Der bestand darin, mit dem Opel plus angehängter Gulaschkanone auf einachsigem Anhänger, ins nächste Dorf zu fahren, Nahrungsmittel zu besorgen und zum Stützpunkt zurückzukehren. Natürlich alles hopp-hopp! Hopp-hopp stellte die normale Geschwindigkeit dar, in der Offiziere die Dinge erledigt wissen wollten. Als frei geborener Mann, nur sich und den Seinen Rechenschaft schuldig, ließ er sich von der ständigen Antreiberei gehörig unter Druck setzen. Infolgedessen fuhr er schneller, als er es sich eigentlich zutraute. Der Hauptmann hatte klar gemacht, dass er fest bis sechzehn Uhr mit der Rückkehr seines Kochs rechnete, weil um diese Uhrzeit ein wichtiger Termin für die gesamte Kompanie anstand. Was das nun wieder geben würde?
Was für Offiziere als ein wichtiger Termin galt, konnte für den einfachen Soldaten flugs zur Fahrkarte ins Jenseits bedeuten. Zu allem Überfluss musste sich Johann dann noch in der Stadt verplappern. Die Ostpreußen zeigten sich Fremden gegenüber nicht gerade freundlich. Die örtlichen Bauern besaßen nur noch wenig, nachdem nun schon im vierten Jahr jede durchfahrende Einheit auf der Suche nach Brauchbarem ausschwärmte.
Essbares galt in diesen Zeiten mehr als alles Geld der Welt. Von daher traf Johann auf eine relativ leere Gegend, zu leer für seinen Auftrag. Beim Anblick der Bauern verstand er auch, weshalb der Hauptmann den Begriff Kampfauftrag gewählt hatte, obgleich der nicht wirklich sicher war, ob dieser alte Kommisskopf in seinem verblendeten Kampfeswillen nicht sogar so weit ging, mit dem gleichen Begriff seine Frau zur Erfüllung der ehelichen Pflichten aufzufordern. Aber hopp-hopp.
Johann musste grinsen, achtete einen Augenblick zu lange auf die vor seinem geistigen Auge ablaufende Vorstellung und nicht auf die Straße, und bezahlte unverzüglich dafür. Ein heißer Schreck durchfuhr ihn, mit aller Kraft kurbelte er das Lenkrad nach links, dorthin, wo gerade dieser bessere Feldweg aus seinem Sichtbereich entschwand. Die lange Motorhaube ruckte nur kurz in die Richtung, doch schon verließ das rechte Vorderrad gefestigten Untergrund und setzte daraufhin seinen Weg in eigenwilliger Weise fort, ohne weiter Rücksicht auf die vom Fahrer eingeschlagenen Räder zu nehmen.
Er kämpfte weiter, während der Lkw zu schlittern begann, das Heck schwänzelte wie ein nervöser Kuhschwanz, brach jedoch nicht aus. Dafür kam unaufhaltsam die Straße abhanden, rechtwinklig rückte der Opel in die Botanik aus. Bäume gab es hier kaum, zu viel Wasser und sumpfiges Gelände ließen nur spärlichen Bewuchs zu. Eine gute Seele hatte es immerhin versucht, in lockerem Verbund standen etliche etwa zwei Meter hohe Jungbäume in der Landschaft, von denen einige buchstäblich unter die Räder gerieten, ohne den Vorwärtsdrang des Lasters merkbar zu verringern. Erst jetzt kam Johann die Möglichkeit in den Sinn, den Wagen einfach abzubremsen. Beherzt setzte er den Gedanken in die Tat um und trat mit aller Macht auf die Bremse.
Die Natur beschloss gerade, etwas zu helfen. Ein deutlich größerer Baum erschien plötzlich in Johanns Gesichtsfeld, unmittelbar darauf kam der Opel mit einem Krachen und einem heftigen Ruck zum Stillstand. Gleichzeitig durchzuckte Johann ein heftiger Schmerz.
Er hatte das Lenkrad die ganze Zeit mit aller Kraft umklammert gehalten, infolge des Aufpralls stellten sich die Räder rasant in die andere Richtung, das Lenkrad rotierte abrupt und die Speiche schlug gegen seine rechte Hand. Dem Schmerz folgte ein taubes Pochen, auch ohne medizinische Kenntnisse ließ sich das ausgekugelte Daumengrundgelenk klar erkennen. Johann wurde schlecht, der Magen flatterte, mühsam öffnete er mit links die Tür und quälte sich nach draußen.
Den Schmerz und die augenblickliche Schwäche ignorierend umrundete er den Lkw, durfte aber zu seiner nicht geringen Erleichterung feststellen, dass der Opel von größeren Schäden verschont geblieben war. Soweit kannte er seine neuen Herren schon, dass Schäden am Material wesentlich rigoroser bestraft wurden als menschliche Verluste.
Zum Glück bestand der gesamte Schaden lediglich aus einer Einkerbung in der Stoßstange. Neben den bereits vorhandenen Schäden fiel dieser eine nicht weiter auf, da nichts wirklich kaputt gegangen war. Nur musste der Opel irgendwie wieder zurück auf die Straße kommen. Johann wusste noch nicht, wie viel Glück ihn dieser Unfall bringen würde, vorerst betrachtete er es als größtes vorstellbares Glück, einen dreiachsigen Lkw an der Straße zu sehen. Der schwere Laster hielt an und zwei Soldaten stiegen aus.
»Na, Rekrut, der Führerschein ist noch druckfrisch, wie es scheint.«
Beide Soldaten waren etwa in seinem Alter und brachten somit genügend Lebenserfahrung mit, um ihren Worten ein gutes Maß an Nachsicht mitzugeben. Als Gefreite stand ihnen zudem keine Befehlsgewalt zu.
»He, Kameraden, ich könnte ein Abschleppseil gut brauchen«, rief er den beiden entgegen.
»Ach guck, ein Schwab`«, gab der Soldat zurück und grinste breit. »Gehörst sicher zu dem Haufen Volksdeutscher, die für uns den Krieg gewinnen sollen.«
Johann nickte und versuchte ein neutrales Lächeln. Die allgemeine Lage war ihm ebenso bekannt wie die Strafe auf defätistische Reden. Im Angesicht der unausweichlich scheinenden Niederlage zeigte sich das Regime mehr und mehr dünnhäutig. Ungeachtet dessen redeten die Soldaten gleichzeitig zusehends unverblümter über die Lage, vor allem die Soldaten mit Fronterfahrung. Nur ließ sich für einen Neuling wie ihn nicht sicher abschätzen, wie es mit der Kameradschaft zu seiner Sorte Deutscher stand, sollte er sich an den flotten Sprüchen beteiligen und am Ende ein Sündenbock gesucht werden. Der Soldat wedelte beruhigend mit der Hand.
»Keine Sorge, Kamerad. Mein Neffe war auf Landverschickung in Ungarn, ich bin euch Leuten noch was schuldig.«
Johann atmete auf. In einer feindlichen Umgebung auf Freunde zu treffen, konnte ohne Weiteres als Glücksfall durchgehen. Die Leute in Ostpreußen waren nicht die Einzigen, die Fremden gegenüber feindselig eingestellt waren, wobei denen jeder als fremd galt, sobald er keine Verwandten aus der Region vorweisen konnte. Deutscher war noch lange nicht gleich Deutscher, selbst unter den Soldaten wurden scharfe Unterschiede gemacht. Man unterschied sehr genau nach der Herkunft. Ein Preuße sprach nicht gerne mit einem Bayern, die Norddeutschen wurden mit überhaupt niemandem warm, und die Angehörigen der Waffen-SS hielten sich für was Besseres und wurden daher von normalen Wehrmachtssoldaten geschnitten, wo immer es straflos möglich war.
Dummerweise hatte die SS mit den Volksdeutschen ein ziemliches Problem, weil diese aus Prinzip ausschließlich zur SS eingezogen und keinem Auswahlverfahren unterworfen wurden. Mithin standen sich selbst ernannte Elitesoldaten hastig ausgebildeten Bauern und Handwerkern in der gleichen Truppe gegenüber und verzweifelten aneinander. Die einen zogen sich in die trügerische Sicherheit ihrer Panzer und Schützenpanzer zurück, die anderen sollten mit der Flinte in der Hand ein gewisses Maß an Rückendeckung fabrizieren, was man ihnen aber im Grunde gar nicht zutraute. Die Volksdeutschen wurden also gebraucht, aber nicht gelitten. In dieser Situation freute es Johann, auf zwei Soldaten zu treffen, die ihm freundlich gesonnen waren. Eine kurze Inspektion der Gegebenheiten ließ den Soldaten zufrieden nicken.
»Den kriegen wir wieder raus. Da brauchen wir keine Verstärkung.« Nun erst besah er sich Johann genauer. »Lenkrad weggeschlagen? Mhm, lass mal sehen.«
Der zweite Soldat benötigte nur einen kurzen Blick, um sich in Richtung seines Schwerlasters zu bewegen und kurz darauf mit einem Verbandskasten zurückzukehren.
»Fingergelenk angebrochen, mindestens.«
In seiner anscheinend typischen Weise machte der Soldat eine kurze Pause, um dann weiter zu sprechen.
»Ihr habt doch heute einen Sondertermin, ist doch so, hm? Na, dann mache ich dir einen schönen Verband. Damit gehst du gleich zum Sani und nicht auf den großen Platz. Lass dich verarzten und bitte um zwei Tage Krankschreibung. Übermorgen rückt ihr nämlich ab.«
Johann war erstaunt genug, um die Schmerzen, die das Verbinden mit sich brachten, nicht weiter zu beachten. Was war denn das für ein Soldat, der das alles wusste? Diesen Gedankengang erahnend lächelte der Mann nur schmallippig.
»Wenn du leben willst, musst du alles wissen. Könnte wichtig werden, vorher weiß man es einfach nicht. Man muss auch wissen, was um einen herum so passiert. Außerdem gehen wir mit euch. Es geht wieder zurück nach Ungarn. Da ist das größte Loch zu stopfen. Wir sind die Artillerie«, er machte eine ausholende Bewegung nach hinten, in Richtung auf seinen Lkw.
»Kannst du dir das vorstellen? Drei Jahre lang rennen wir durch ganz Russland und ziehen diese scheiß Geschütze mit Pferdefuhrwerken hinter uns her. Und jetzt haben sie uns diese tollen Zugmaschinen gegeben. Die hätten wir mal vor Moskau haben sollen, als uns im Winter die Tiere verreckt sind und wir nicht nach vorne kamen. Jetzt ist es zu spät. Nun haben wir prima Lkw, die pünktlich geliefert wurden. Kannst du dir das vorstellen? Vor drei Wochen war die Auslieferung, genau einen Tag später war der Sprit alle. Kam auch keiner mehr. Wir fahren auf den letzten zwanzig Litern. Keine Ahnung, wie wir es an die Front schaffen sollen. Ist mir andererseits auch sehr recht. Wer zu spät zur Schießerei erscheint, kann auch nicht erschossen werden.«
Er zwinkerte Johann zu, machte einen Knoten, mit dem er den Verband schloss. Anschließend ließen die Beiden ihn ratlos zurück und schafften es ganz ohne seine Hilfe, den Opel auf die Straße zu schleppen. Sie starteten sogar den Motor für ihn und verabschiedeten sich mit Handschlag.
»So, alles klar. Und immer gut aufpassen, ja? Immer wissen, wo die Gefahr lauert und gleich in die entgegengesetzte Richtung marschieren. Unsichtbar bleiben, nicht zu schwer arbeiten, aber immer irgendetwas tun. Niemals freiwillig melden für eine unabsehbare Sache. Ehe du dich versiehst, hängst du sonst tot über einem Zaun.«
Ein letztes Zwinkern, dann verschwand der Dreiachser hinter einer fettigen schwarzen Abgaswolke. Johann mühte sich beim Einsteigen ab, legte unter Schmerzen den Gang ein und fuhr los, nun wesentlich bedächtiger. Was meinten diese Heinis nur? War es üblich, in kryptischen Sätzen zu sprechen und die mageren Andeutungen nie zu erläutern? Zudem fiel es ihm schwer, zwischen Scherz und echtem Ratschlag zu unterscheiden.
Es dauerte noch einige Zeit bis zu seiner Ankunft, weil er nun überaus vorsichtig fuhr. Als er in der Kaserne ankam, war der vorgegebene Zeitpunkt längst verstrichen. Hinter den Blocks zur Linken hörte er die dröhnende Stimme des Obersten, der offenbar eine seine anfeuernden Ansprachen hielt. Johann glaubte zu hören, wie zwischendurch immer wieder Namen aufgerufen wurden. Da es ihn nicht dazu drängte, vor versammelter Mannschaft seinen Unfall zu beichten, erinnerte er sich an den Rat des freundlichen Soldaten und fuhr gleich durch zum Sanitätsgebäude. Dort sah man ihn skeptisch an, behandelte ihn aber doch zügig und gewissenhaft.
Er erhielt einen neuen Verband, in den eine Schiene eingearbeitet wurde. Zwei schmerzhafte Spritzen rundeten die Behandlung ab. Erst danach erschien ein Arzt, der sich nochmals alles ansah, soweit es durch den Verband nicht im Unsichtbaren blieb. Er ließ sich den Unfall schildern, füllte ein paar Formulare aus und sprach im Übrigen sehr wenig. Schließlich reichte er ihm einen Zettel, stand auf und meinte im Hinausgehen, über die Schulter gesprochen.
»Herzlichen Glückwunsch, Soldat. Sie sind zwei Tage vom Dienst befreit. Durch diesen tragischen Umstand bleibt Ihnen die Tätowierung verwehrt. Halten Sie immer den Ausweis und das Soldbuch bereit, sonst könnte noch jemand auf den Gedanken kommen, Sie gehörten gar nicht zur glorreichen Waffen-SS.«