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Kapitel 12

Niniveh‹,

Burgwachturm, auf dem Plateau der Ruine

V

or einer halben Stunde war Jack von seiner Wache zurückgekommen. Lang ausgestreckt, die zusammengerollte Jacke unter den Kopf geschoben, hatte er es sich im Schatten bequem gemacht, während sich Sally für sich und den Professor noch etwas ›Keschreh‹ zubereitete. »Entweder sind die Waffenschmuggler so dämlich, dass sie die Spuren des Packards nicht gefunden haben, oder sie haben sich aus dem Staub gemacht, John.«

»Vielleicht wollen sie uns nur in Sicherheit wiegen, Jack?«, meinte Sally.

»Mag sein. Und sobald wir in die Burg zurückkehren, fallen sie über uns her.« Mit einem freundlichen Kopfnicken nahm der Professor das Glas entgegen, das ihm Sally reichte.

Jack schüttelte den Kopf. »Das würde nur Sinn machen, wenn sie deine Helfer stoppen, John«, gab er zu bedenken. »Schließlich hätten wir ihnen ja einen Brief an Dschiluwi oder an den Präfekten mitgegeben können.«

»Verdammt«, entfuhr es dem Professor. »Dass ich daran nicht gedacht habe. Was, wenn die Schmuggler sie aufgehalten haben?«

»Dann ist daran nichts mehr zu ändern«, erwiderte Sally ernst. »Uns bleibt nur übrig zu warten.«

»Ein netter Trost!«, seufzte Atkins. »Gut … warten wir … Als ich den Keilschrifttext fand, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass sich mir solche Hindernisse in den Weg stellen.«

»Wie bist du überhaupt darauf gekommen, dort am Oberlauf des Tigris nach diesem Text zu suchen?«, wollte Sally von ihm wissen.

»Das war ganz einfach, Sally. Sie wollen es wirklich hören?«

Sally nickte heftig.

»Also gut … Paul-Emile Botta, ein französischer Archäologe, gelang es im Jahre 1844, ›Niniveh‹ anzustechen …, wenn ich mich einmal so ausdrücken darf. Er war es auch, der die ›Sargonsburg‹ ausgrub und aus der Bibliothek des Königs ganze Ladungen von Keilschrifttexten nach Frankreich schaffen ließ.

Diese Texte behandelten fast ausnahmslos die Feldzüge ›Sargons des Jüngeren‹. Einer der Texte jedoch beginnt mit der Schatzaufzählung ›Sargons‹, und bricht nach dem Nennen, der im Palast befindlichen Reichtümer und Statuen plötzlich im Anfang des Berichtes über die geheime Schatzkammer des Königs ab.«

»Laut Ferdinand Justi, einem deutschen Orientalisten – ich habe sein Buch ›Geschichte des alten Persiens‹ gelesen – gibt es dazu aber eine Angabe in einer armenischen Überlieferung«, lächelte Sally wissend. »Ich kann es nicht zitieren, doch inhaltlich hieß es in etwa: Und ›Sargon‹ kam mit einem Heere, wie eine Wolke von Heuschrecken über die Hauptstadt der ›Nairi‹ und ›Szirti‹. Er nötigte dem König in dessen Festung ›Chubuskia‹ einen Tribut ab, und die Männer der verbündeten Fürsten wurden deportiert. König ›Ullussun‹ durfte hingegen gegen eine Verdoppelung des Tributs auf seinem Thron bleiben. Danach eroberte er ›Musasir‹ und die Schatzkammer der ›Ursana‹: an die 700 Maultiere, 200 Schafe, gewebte feine Stoffe, mehrere Minen Gold. Er soll auch über 8000 Menschen versklavt haben.45«

»Sie erstaunen mich, Sally«, gab Atkins zu. »Sie müssen eine brillante Studentin gewesen sein.«

»Mich würde interessieren, woher du wissen willst, dass der fehlende Text ausgerechnet im Tigris liegt«, meldete sich Jack.

»Das ist einfacher, als ihr euch das vorstellt. Ich besorgte mir Bottas fünfbändiges Werk46 über seine Ausgrabungen und quälte mich hindurch. Es enthält übrigens alles Wissenswertes über ›Niniveh‹.«

»Aha! Ich gebe zu Botta nicht gelesen zu haben«, gab Jack von sich. »Und wie geht es nun weiter?«

»Nun, ich fand dort eine Aufzeichnung über die Sendung von Keilschrifttexten, um die es mir geht. Ich las, dass in den reißenden Wassern des Flusses seinerzeit außer einem Floß mit Skulpturen auch eines mit Keilschrifttafeln untergegangen ist. An der Beschreibung konnte ich mit einiger Sicherheit die Untergangsstelle ausmachen. Und dort begann ich mit Hilfe eines Landsmannes, eines Marinesoldaten und Helmtauchers, zu suchen, bis wir die in Fellsäcken steckenden Tafeln gefunden hatten.«

»Konntest du auf den Tafeln noch etwas entziffern?«, erkundigte sich Sally gespannt.

»Die Ziegel sind gebrannt, Sally. Das macht die eingekerbte Schrift unverwüstlich.«

»Donnerwetter, John!«, entfuhr es Jack. »Hut ab vor den Professoren! … Und ich dachte, sie wären Dozent geworden, weil es ihnen als Hirte Spaß macht, eine schlafende Herde zu hüten.«

Atkins grinste und hob drohte dem jungen Mann mit dem Finger. »Fein, Jack. Ich interpretiere es mal so, dass du mit von der Partie bist. Du doch sicher auch, Sally, oder?«

»Auf jeden Fall, John«, nickte sie.

»Bei Abenteuern können wir nicht nein sagen«, bemerkte Jack lächelnd. »Deswegen sind wir ja hergekommen.«

»Dass ihr jungen Naseweise immer eine Vorliebe für brenzlige Situationen haben müsst. Unsereiner wünscht sich einen ungestörten Tag und liest abends in einem Geschichtsbuch. Das ist ungefährlicher und tut die gleichen Dienste.«

»Für heute Abend brauchst du wohl keine historischen Ausführungen mehr zu lesen, John«, schmunzelte Jack.

»Sieht ganz so aus.« Atkins ließ sich von Sally noch einmal nachschenken, und sie tranken den noch dampfenden ›Keschreh‹ in kleinen Schlucken. Dann fuhr der Professor fort: »Die Waffenschmugglerbande hat uns viel Arbeit erspart, als sie die Seitennischen ausgruben, um ihr Versteck anzulegen. Wir brauchen jetzt nur noch den einen Seitenstollen bis in die Schatzkammer weiter vorzutreiben … dann haben wir es geschafft. Nicht einmal weitere Helfer benötigen wir dazu. Wenn wir ein bisschen Glück haben, dann schaffen wir es in einer Nacht.«

»Beinahe hätte es die Bande selber geschafft, ohne das Geringste davon zu wissen«, sagte Sally und trank ihr Glas aus.

»So ist es schon vielen ergangen … auch uns Archäologen«, lachte Atkins. »Auch Layard machte seinen größten Fund zufällig, als er in zwei Räumen, die an den Palast ›Sanheribs‹ anschlossen, eine steinerne Bibliothek fand.«

»Soll das ein Witz sein, John?«, staunte Jack.

»Nein. Wirklich, Jack! Eine Bibliothek mit dreißigtausend Bänden Keilschrifttexten, die ›Assurbanipal‹ während seiner Regierungszeit von 669 bis 627 vor Christus sammelte. In dieser Bibliothek ist die gesamte Geschichte einer großen Kultur dargestellt. Und es fand sich darunter auch ein großartiges Epos …«

»Sie meinen das so genannte Zwölftafel-›Gilgamesch‹47-Epos des aus ›Uruk‹48 stammenden ›Masamassu‹49 ›Sin-lege-unnuni‹50, von dem leider nur elf Tafeln erhalten geblieben sind«, ergänzte Sally.

»Sie schaffen es immer wieder, mich zu überraschen, Sally. Ja … genau das meinte ich …«


Kollernde Steine ließen Atkins plötzlich verstummen. Keuchend kam jemand den Weg emporgelaufen. Fast gleichzeitig griffen Jack und der Professor zu den Waffen und entsicherten sie. Die Läufe waren auf die Wegbiegung gerichtet, wo der Herablaufende gleich auftauchen musste.

Sekunden später erschien Abu Mubarak. Er war blass und atmete schwer.

»Sie kommen, ›Sidis‹!«, rief er den beiden zu. Nach Luft ringend, blieb er kurz vor der kleinen Gruppe stehen.

»Wie viele sind es? Wo befinden sie sich jetzt, Abu?« Jack war aufgesprungen. Seine ruhige Stimme verfehlte ihre Wirkung auf den aufgeregten Araber nicht.

»Sie sind unten am Eingang der Seitenschlucht, ›Sidi‹«, antwortete er sichtlich ruhiger. »Es sind drei Männer. Sie folgen den Spuren des Autos.«

»Dort hinüber! Sally, John … Abu!« Jack zeigte auf eine niedrige Felsgruppe dreißig Yards voraus, keine drei Yards neben dem Weg. »Dort können wir sie erwarten!«

»Immer diese Aufregungen«, mokierte sich Atkins. »Als ob sie nichts anderes zu tun hätten, als uns nachzustellen.«

»Dazu haben sie ja wohl allen Grund. Wenn wir dieses Waffenlager der Polizei melden, geht es um ihren Kopf. Da lassen sie lieber andere über die Klinge springen«, gab Jack zurück.

Schnell rafften sie ihre Sachen zusammen, warfen sie in die Laubhütte und liefen dann zu ihrer Deckung hinüber, die es ihnen ermöglichte, die weiter unten um die Biegung kommenden Gegner früh genug auszumachen.

»Abu nach links hinüber!«, ordnete Jack an. »Sally, John … ihr bleibt immer hier in Deckung! Ich laufe noch ein paar Schritte vor. Dann haben wir sie in der Zange. Wenn ich das Zeichen gebe, müsst ihr bereit sein.«

Während sie ihre Positionen einnahmen, lief Jack fünfzig Yards den Weg hinunter. Dann sprang er in das Gebüsch und kroch in Deckung.

Hinter einem niedrigen Felsband blieb Jack liegen. Den Lauf seines Maschinengewehrs legte er in eine Felsspalte und wartete.

Schon kurz darauf sah er den ersten Mann kommen. Es war ein Araber. Zwei breitschultrige Burschen mit schussbereiten Waffen folgten ihm. Sie trugen europäische Anzüge und in den Nacken geschobene handgeflochtene Strohhüte. Die Maschinengewehre im Anschlag gingen sie, nach allen Seiten sichernd, weiter. Eine düstere, unheilvolle Drohung ging von ihnen aus.

Plötzlich tauchte noch ein vierter Mann auf. Er trug einen schmuddeligen Anzug, der einmal weiß gewesen sein mochte und sich um seine Hüften spannte. Er war schwer gebaut und bewegte sich mit der Behäbigkeit eines Nilpferdes.

Jedes Mal, wenn die vor ihm gehenden Männer stehenblieb, verschwand der Falstaff mit einer Geschwindigkeit, die man ihm bei seiner Körperfülle, gar nicht zugetraut hatte, wieselgleich in einem Gebüsch am Wegesrand. Trotz des Ernstes der Situation konnte sich Jack ein Grinsen nicht verkneifen. Dieser Mann, der in seiner Statur dem alten ›Heinrich VIII.‹ glich, schien nicht einer der heldenhaftesten Kämpfer jenes Schmugglerringes zu sein.

Der führende Fährtensucher blieb abermals stehen. Er hatte die Spur entdeckt, die die Jack, Atkins und Abu auf ihrem Weg zum Wachposten zurückgelassen hatten, und winkte die beiden Bewaffneten heran.

Zwei Minuten vergingen in einer erregten Debatte, während der Fettwanst hinter einem Tamarisken-gebüsch saß. Dann gingen sie noch zögernder und noch wachsamer weiter.

Sie erreichten Jack, der sie passieren ließ. Jack teilte seine Aufmerksamkeit nun zwischen dem Dicken und den drei anderen. Er wollte sie alle vier gleichzeitig in die Zange nehmen. Doch der Falstaff zögerte lange und blieb so weit zurück, dass dieses Vorhaben undurchführbar schien.

Ein Geräusch, das Abu verursachte, ließ die drei vorpirschenden Banditen blitzschnell in Deckung gehen.

Mit knatternden Stößen feuerten die beiden Maschinengewehre gleichzeitig. Brüllend wurde das Echo von der Felswand am Ende der Schlucht und von der Grabkuppel zurückgeworfen.

In diesem Augenblick gab Jack das verabredete Zeichen, indem er einen Feuerstoß über die Köpfe der drei in Deckung gegangenen Burschen hinwegschickte. Zwei Sekunden später feuerte auch Atkins Waffe.

Hoffentlich bleibst du in Deckung, John!, schoss es Jack durch den Kopf.

Er sah aus den Augenwinkeln, dass der Übergewichtige in das Dickicht der Schlucht einbrach, und schickte über dessen Kopf eine kurze Feuergarbe nach.

Der Falstaff stürzte in ein Gebüsch. Krachend gaben die Äste nach. Dann rappelte er sich wieder auf und versuchte weiterzukommen.

Einige Kugeln flogen haarscharf über Jacks Kopf hinweg und zwang ihn, schleunigst in Deckung zu gehen. Er robbte bis zum Ende des Felsens weiter und erspähte zwischen dem Grün der Büsche einen hellen Fleck: den Burnus des Arabers.

Jack zielte genau, ehe er den Zeigefinger durchkrümmte. Die Kugeln, die knapp neben dem Fährtensucher einschlugen, ließen den Araber aufspringen. Jetzt hatte Jack die Chance, diesen Gegner außer Gefecht zu setzen.

Der kurze, gezielte Feuerstoß traf den Mann in die Beine und ließ ihn schreiend zusammenbrechen. Wüste Flüche schallten zu Jack hinüber. Dazwischen ratterte das Maschinengewehr des Professors.

Für einen Augenblick sah Jack einen der beiden Männer mit den Maschinengewehren aufspringen und vorstürmen. Noch ehe er sein Gewehr herumreißen konnte, war dieser Gegner schon weiter rechts in einem Bambusgestrüpp verschwunden.

Vergebens versuchte Jack, durch den Grünschleier der Schlucht zu blicken. Dann erkannte er die Bewegung, unter der sich die Spitzen des Bambus umbogen, ohne dass auch nur ein Windhauch gegangen wäre. Es bestand kein Zweifel: Sein Gegner, der vorhin zur Seite geschnellt war, schlich sich dort durch das Süßgras und versuchte, sich an ihn heranzupirschen.

Entschlossen verließ Jack seinen Standort und kroch halbrechts tiefer in die Schlucht hinein. Nach fünfzig Yards war er so zerkratzt, als habe man ihn vierundzwanzig Stunden mit einem halben Dutzend Wildkasten in einen Käfig gesperrt. Dann hielt ihn ein steiniger Abfall auf, durch den ein Rinnsal floss. Er wandte sich wieder nach links und kroch nun parallel zum Weg. Langsam erreichte er das Bambusdickicht. Dicht an den Boden gepresst blieb er hier liegen.

Von der Stellung her, die Sally und Atkins bezogen hatten, peitschte ein Feuerstoß durch den Nachmittag. Das eine Maschinengewehr antwortete und zeigte Jack, dass John den zweiten Gegner gut im Auge behielt.

Dann hörte er ein Rauschen aus dem Bambus. Sekunden später kam das angestrengte Atmen eines Mannes hinzu. Keine vier Yards neben ihm tauchte er auf.

Im Dämmerlicht des Dickichts erkannte Jack ein grobgeschnittenes brutales Gesicht mit einer langen Hakennase. Seine dunklen Augen glühten wie Kohlen. Sein Maschinengewehr hatte er zurückgelassen. Quer im Mund trug er einen Dolch, um so beide Arme frei zu haben. Jack blickte in das Gesicht eines Killers.

Für einen Augenblick war Jack versucht, seine Waffe zu heben. Dieser Mann strahlte eine tödliche Gefahr aus. Er schien zum äußersten entschlossen. Dennoch konnte Jack nicht einfach seine Waffe auf einen Menschen abfeuern.

Gewiss, in dem Moment, wenn es um Sein oder Nichtsein ging, wenn Sekunden über Leben und Tod entschieden, musste er sich so verteidigen. Hier aber hatte er eine Möglichkeit, seinen Widersacher zu überwältigen, ohne ihn töten zu müssen.

Sein Gegner kroch weiter. Inzwischen wandte er ihm den Rücken zu. Nur drei Yards trennten ihn von ihm.

Jack richtete sich halb auf. Er ließ das Maschinengewehr zu Boden gleiten und spannte alle Kraft zum entscheidenden Sprung an. Leicht einknickend, schnellte er sich mit einem tollkühnen Satz nach vorn. Noch ehe der Gegner sich herumwerfen konnte, landete Jack rittlings auf seinem Rücken. Sofort zuckten seine Fäuste nach unten.

Der Gegner rollte sich auf die Seite. Reflexartig hob er noch einmal seine Arme. Doch ein schmetternder Schlag gegen seinen Kinnwinkel ließ ihn sich lang ausstrecken.

Mit der Kordel der Kopfbedeckung fesselte er ihm Hände und Füße auf dem Rücken zusammen. Von diesem Mann würde vorerst keine Gefahr mehr ausgehen.

»Achtung, Jack! … Jack!!« Es war der Schrille Aufschrei seiner Schwester.

Jack huschte zu seinem Maschinengewehr zurück. Genau diese Bewegung war seine Rettung, denn im gleichen Augenblick spritzte ihm ein blendender Feuerstrahl entgegen. Der Feuerstrahl aus der Schnellfeuerwaffe des anderen Sicherers, der ihn unweigerlich durchsiebt hätte, zischte keine zwei Fuß rechts an ihm vorbei.

Noch im Fallen Griff Jack zur Waffe. Er riss sie hoch und feuerte blindlings in die Richtung, aus der der Gegner geschossen hatte. Alle Patronen des Munitionsgurtes, die noch vorhanden waren, streute er im Dauerfeuer in das Gebüsch. Das war seine einzige Chance, seinen Gegner nicht mehr zum Schuss kommen zu lassen.

Dann riss er den leeren Gurt heraus und ließ knackend einen neuen einrasten. Der peitschende Schlag eines Einzelschusses riss Gesteinssplitter von dem Felsen hinter Jack herunter. Ein höhnisch-hysterisches Kreischen war die Antwort. Sekunden später kam ein ballartiger Gegenstand zu ihm herübergeflogen und fiel keine drei Yards von ihm entfernt auf einen niedrigen Felsbuckel.

Sofort duckte sich Jack tief in die niedrige Mulde hinein. Mit donnerndem Krachen barst die Handgranate auseinander. Dutzende von ausgezackten Metallsplittern flogen durch die Gegend.

Jack stieß einen fürchterlichen Fluch aus. Wenn ihm der Professor jetzt nicht half, war er verloren.

Wieder kam eine Granate zu ihm herübergeflogen. Sie landete einen Yard vor ihm und rollte dann genau auf ihn zu.

Für den Bruchteil einer Sekunde war Jack wie gelähmt. Dann schnellte plötzlich seine Hand nach vorn. Sie umkrallte das Rund der Granate und schleuderte sie in Richtung seines Gegners zurück.

In diesem Augenblick, als die Granate zwanzig Yards von ihm in der Luft detonierte, sprang Jack auf und hastete zum Weg.

Mit einem weiten Hechtsprung warf er sich in die Rinne dicht am Weg. Er landete in einem Haufen Disteln. Doch die harten Stacheln spürte er nicht einmal. Die Garbe an Kugeln, die ihm nachgejagt wurde, erreichte ihn nicht mehr.

So schnell er konnte, kroch er in Richtung von Sally und Atkins weiter, die nun auch wieder freies Schussfeld hatten. Eine dritte Granate detonierte zehn Yards hinter ihm im Graben. Zum Glück für ihn fiel sie in eine Vertiefung, sodass ihre Druckwelle steil in die Höhe ging.

Gesteinsbrocken prasselten auf ihn herunter. Er spürte einen Schlag in der Seite. Einer dieser Brocken hatte ihn getroffen. Er glaubte, von einer Kugel getroffen worden zu sein, und ein würgendes Gefühl ergriff ihn.

Für eine Sekunde erkannte Jack seinen Gegner. Er riss das Maschinengewehr hoch und feuerte. Das – er wusste es schon, als er den Trigger durchzog – war ein entscheidender Fehler. Denn während der Gegner ihn vorhin nach Gefühl mit Granaten eingedeckt hatte, wusste er nun, wo sich Jack befand.

Drei Sekunden nach Jacks Feuerstoß kam die nächste Granate bereits angeflogen. Mit einem Blick erkannte Jack, dass die Granate ihr Ziel – und das war er – genau treffen würde.

Er riss das Maschinengewehr hoch und drückte ab. Ratternd spuckte die Waffe ihre Geschosse aus. Eine der Kugeln traf die Granate, als sie höchstens vier Yards von ihm entfernt geflogen kam.

Ein brüllender Schlag zerriss die Luft. Jack spürte, wie ihn die Druckwelle der Detonation traf. Hart schlug sein Kopf gegen die Felswand der Rinne. Eine grelle Sonne kam auf ihn zu, wurde größer und größer und platzte mitten in seinem Kopf auseinander.

Dann fiel er in eine große schwarze Finsternis. Er vernahm den Feuerstoß, den Atkins auf den aufspringenden und sein Gewehr in Anschlag bringenden Banditen abfeuerte, nicht mehr. Und auch nicht, wie der Mann im Kugelhagel zusammenbrach.


Der Alte vom Berge

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