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1.3.4Odilo Globocnik und die Sonderrolle des Distrikts Lublin

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Das Gebiet um Lublin hatte nach den ursprünglichen Vereinbarungen mit dem temporären Bündnispartner zur Sowjetunion kommen sollen.68 Dann aber zeigte sich Stalin stärker an Litauen interessiert, so dass Deutschland sein Herrschaftsgebiet weiter nach Osten arrondieren konnte.69 Bis zum deutschen Krieg gegen die Sowjetunion bildete der Distrikt Lublin die am weitesten östlich gelegene Peripherie des Reiches. Dies war der Schauplatz einer radikalen Germanisierungspolitik und der zentrale Tatort der »Aktion Reinhardt«.

Der Exponent beider Politiken und zugleich wichtigste Faktor der Sonderrolle, die der Distrikt Lublin spielte, war der dortige SS- und Polizeiführer, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Odilo Globocnik. 1904 als Sohn eines österreichischen Postbeamten und einer Slowenin in Triest geboren, hatte sich Globocnik seit dem Umzug der Familie nach Klagenfurt in der illegalen österreichischen NSDAP betätigt und war schon 1934 der SS beigetreten. Nach dem »Anschluss« Österreichs avancierte Globocnik zum Gauleiter von Wien. Seine steile Parteikarriere endete abrupt 1939, weil Globocnik illegale Devisengeschäfte betrieben sowie NSDAP-Gelder und beschlagnahmtes jüdisches Vermögen veruntreut hatte. Himmler hielt an Globocnik fest und ernannte ihn mit Wirkung vom 9. November 1939 zum SS- und Polizeiführer des Distrikts Lublin.

Globocnik war ein fanatischer Antisemit und, ungeachtet seiner teils slawischen Herkunft, ein Fanatiker der »deutschen Rasse«. Neben seinen ideologischen Überzeugungen eignete sich Globocnik vor allem deshalb als Himmlers Mann im Osten, weil der vom »Reichsführer« freundschaftlich »Globus« genannte SS-General gigantomanische Pläne für die rassenpolitische Umgestaltung Polens und der Sowjetunion entwickelte. Globocnik machte Himmlers siedlungspolitische Visionen zu praktischer Politik.70

Diese Pläne verfolgte Globocnik mit krimineller Energie, in der ihn Himmler immer wieder bestärkte.71 Durch seine Immediatstellung zum SS-Chef wuchs Globocnik schnell aus seiner subalternen Position heraus und wurde zu einem der wichtigsten Vordenker und Vollstrecker nationalsozialistischer Vernichtungspolitik.72 Nur der schon erwähnte SS- und Polizeiführer des Distrikts Galizien, SS-Brigadeführer Friedrich Katzmann, erreichte eine annähernd vergleichbare Machtstellung, konnte Globocnik aber intellektuell nicht das Wasser reichen.73

Der Konflikt zwischen dem Höheren SS- und Polizeiführer Krüger und Hans Frank hatte im Distrikt Lublin seine Entsprechung im Dauerstreit zwischen Globocnik und Gouverneur Ernst Zörner, einem Alt-Parteigenossen, der sich wie Frank wiederholt und weitgehend erfolglos über Globocniks Eigenmächtigkeiten beklagte.74 Im November 1942, als die Juden des Distrikts Lublin bereits weitgehend ermordet waren, befahl Globocnik die »Umsiedlung« der Polen aus dem Kreis Zamość, den Himmler zum ersten deutschen Siedlungsgebiet im Generalgouvernement machen wollte.

Die brutale Durchführung dieser Aktion glich in mancher Hinsicht der Deportation der Juden. Da die Polen befürchteten, ihnen drohe dasselbe Schicksal, flüchteten sie in die Wälder und verstärkten die Partisanenbewegung, gegen die wiederum Globocnik blutige »Pazifierungen« durchführen ließ.75 Im Mai 1943 wurde Zörner durch Himmlers Schwager Richard Wendler ersetzt.76 Die »Sicherheits«-Lage im Distrikt Lublin war durch Globocniks Alleingänge unterdessen so katastrophal geworden, dass es Frank und Wendler im Juli 1943 durch gemeinsame Anstrengung gelang, Globocniks Ablösung zu erwirken, den nun auch Himmler nicht mehr halten konnte.77 Globocniks Karriere tat dies keinen Abbruch. Er avancierte zum Höheren SS- und Polizeiführer in seinem Geburtsort Triest. Ende Mai 1945 geriet Globocnik in seiner Kärntner Heimat in britische Kriegsgefangenschaft und nahm sich das Leben.78

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