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3.3.3Aufstellung und Ausbildung

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Die Sollstärke des Ausbildungslagers betrug 1 000 Mann in zwei Bataillonen. Im März 1942 waren 1 250 Wachmänner im Lager, die sich auf acht Kompanien und einen Unterführerlehrgang verteilten. Da kaum zeitgenössische Dokumente vorliegen, ist nicht sicher, ob tatsächlich zwei Bataillone aufgestellt wurden. Falls dies der Fall war, kommen als Kommandeure nur die deutschen Untersturmführer Willi Franz und Johannes Schwarzenbacher in Betracht, wobei zunächst Franz das 1. Bataillon und Schwarzenbacher das 2. Bataillon geführt haben dürfte. Ab Mai 1942 führte hingegen Schwarzenbacher das 1. Bataillon und fungierte zugleich als Stellvertreter Streibels.126 Schwarzenbacher, der wie Streibel aus dem Volksdeutschen Selbstschutz nach Trawniki gekommen war, wurde von Globocnik als in »Banditen[und] Judenaktionen bestens bewährt« hochgeschätzt und ging, gegen den ausdrücklichen Wunsch des SS-Personalhauptamtes, mit ihm nach Triest.127

Jedes Bataillon hatte drei oder wahrscheinlicher vier Kompanien à jeweils rund 120 Mann. Demnach gehörten dem 1. Bataillon die 1. – 4. Kompanie und dem 2. Bataillon die 5. – 8. Kompanie an. Einige Kompanieführer sind namentlich bekannt; meist ist aber nicht klar, wer wann welche Kompanie unter sich hatte. Führer der 1. Kompanie war vermutlich zunächst Franz, der im März 1942 die 4. Kompanie kommandierte. Schwarzenbacher führte zu dieser Zeit die 3. Kompanie, SS-Unterscharführer Kurt Reinberger die 6. Kompanie.128 Weitere Unterführer waren SS-Männer aus Globocniks Stab und Schutzpolizisten des Kommandeurs der Ordnungspolizei im Distrikt Lublin.129 Die Kompanien gliederten sich in je drei Züge und vermutlich sechs Gruppen.130

Einschließlich der Verwaltung, deren Personal überwiegend der SS-Standortverwaltung Lublin angehörte, waren nur etwa 50 Reichsdeutsche im Lager. Im Sommer 1942 waren die zwei Bataillone auf Sollstärke aufgefüllt und weitere 1 500 Wachmänner befanden sich im auswärtigen Einsatz.131 Im Februar 1943 war das Lager hingegen bis auf einige Hundert Rekruten leer, was den wachsenden Personalbedarf der Zwangsarbeitslager verdeutlicht. Zieht man weiter in Betracht, dass nicht wenige Wachmänner drei und mehr Außenkommandos durchliefen, wird klar, dass das Lager Trawniki zwei Funktionen erfüllte: Es war Ausbildungsstätte für neue Rekruten und Unterführer sowie Verteilerstelle für Außenkommandos, zu denen die Wachmänner abkommandiert wurden.

Im Ausbildungslager stellten 1942/43 Reichsdeutsche die Zugführer, als Gruppenführer kamen möglicherweise auch Sowjetdeutsche zum Einsatz. Die Ausbilder waren überwiegend Reichsdeutsche, aber zumindest in der Anfangszeit kamen auch militärisch ausgebildete Russlanddeutsche zum Zug. Im Herbst 1941 scheinen die Kompanie- und Zugführer häufig ausgewechselt worden zu sein.132 Polizeimeister Albert Drechsel leitete seinerzeit die Ausbildung der Rekruten. Er wechselte später in die Geschäftsstelle des Lagers.133 Sobald genug Rekruten anwesend waren, wurden acht anfänglich noch unterbesetzte Kompanien aufgestellt.134

Es gibt Hinweise, dass in die 1. Kompanie vorzugsweise Sowjetdeutsche aufgenommen wurden, wie das auch Himmler als Ideal eines Schutzmannschafts-Bataillons vorschwebte. Aus dieser 1. Kompanie seien die Ausbilder späterer Rekruten hervorgegangen:

»Die Gruppe von etwa 15 – 20 Volksdeutschen, mit denen ich nach Trawniki gekommen war, wurde abgesondert von einer anderen Gruppe Volksdeutscher ausgebildet, die etwa 60 Mann stark und schon vor uns in Trawniki war. Später, um die Weihnachtszeit 1941, kamen noch etwa 100 Russen [gemeint vermutlich: Ukrainer] hinzu, die ihrerseits wieder von den vorgenannten Volksdeutschen mit ausgebildet wurden. Die wesentliche Tätigkeit der Volksdeutschen bestand darin, den Russen die Kommandos, die in deutscher Sprache gegeben wurden, in russischer Sprache zu übermitteln.«135

Ein ehemaliger ukrainischer Wachmann, der im September oder Oktober 1941 nach Trawniki kam, berichtet von der 1. Kompanie (»Rotte«) als derjenigen, die sich anfänglich als »Kampftruppe« oder »Bautruppe« aus besser gekleideten und ausgerüsteten Rekruten zusammengesetzt habe. Die drei Züge dieser Kompanie seien von Sowjetdeutschen geführt worden; die Gruppen darunter hätten ebenfalls Sowjetdeutschen oder Ukrainern unterstanden.136

Seit September 1941 Jahres wurden vermehrt Juden und sowjetische Kriegsgefangene im Distrikt Lublin erschossen. Über die Heranziehung von Trawniki-Männern zu diesen Aktionen ist bislang nichts bekannt geworden.137 Es gibt aber deutliche Hinweise, dass ein Teil der 1. Kompanie um diese Zeit wiederholt als »Vernichtungskompanie« zu auswärtigen Einsätzen kommandiert wurde.138

Die 4. Kompanie wurde seinerzeit wohl von dem SS-Scharführer Reinhold Feix geführt und ausgebildet139, einem notorischen Gewalttäter, der ab Spätsommer 1942 das Lager II (die eigentliche Tötungseinrichtung) im Vernichtungslager Bełżec kommandierte.

Ferner gab es in Trawniki einen Unterführerlehrgang, der anscheinend in Personalunion von Willi Franz geführt wurde und mit der 8. Kompanie identisch gewesen sein könnte. Dort wurden vorzugsweise Russlanddeutsche zu Zugwachmännern herangebildet.140 Es scheint also ein Selbstrekrutierungssystem zur Schaffung einer Unterführerreserve gegeben haben, an dem anscheinend vor allem die 1. und die 8. Kompanie beteiligt waren.141

In sowjetischen Vernehmungen werden die Namen einiger Zugführer immer wieder genannt: die Russlanddeutschen Christian Schmidt, Friedrich Schneider, Heinrich Schütz, Franz Bienemann, Samuel Kunz und Friedrich Siebert sowie Wolodja Budziak und Aleksandr Zel'man, bei denen es sich um Ukrainer gehandelt haben dürfte. Die drei Russlanddeutschen sollen während ihres Aufenthalts in Trawniki 1941 noch den Rang eines Oberwachmann gehabt haben, scheinen also erst im Vernichtungslager die nächste und seinerzeit höchste Beförderungsstufe des Zugwachmanns erreicht zu haben. Das spricht für ›Bewährung‹ im deutschen Sinn, also beim Judenmord.

Alle Genannten waren über mehr oder weniger lange Zeiträume hinweg in Bełżec, wobei Schmidt, Schneider, Kunz und Bienemann um Weihnachten 1941 in das entstehende Vernichtungslager versetzt wurden, Budziak und Zel'man möglicherweise zur selben Zeit. Auch Schütz kam nach Bełżec.142 Dort fungierten Schmidt, Schneider und Siebert als Zugführer. Die sowjetdeutsche Kernmannschaft der späteren Wachkompanie von Bełżec wurde anscheinend aus den Unterführern ein und derselben Kompanie in Trawniki (möglicherweise der 1. Kompanie) rekrutiert.

Da die Schulung der Sowjetdeutschen anfänglich im Vordergrund stand, wurden viele Rekruten, die ab Oktober 1941 nach Trawniki kamen, zunächst gar nicht ausgebildet. Eine größere Gruppe war wochenlang mit der Anfertigung von Bastschuhen in Lublin beschäftigt, bevor die Ausbildung begann.143 Teilweise war der körperliche Zustand der Gefangenen so schlecht, dass sie in einer längeren Seuchenquarantäne ›aufgepäppelt‹ werden mussten. Der Kontrast zwischen dem erlittenen Hunger und der »guten Verpflegung«, die in Trawniki verabreicht wurde, erhöhte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Loyalität der Rekruten.144

Die künftigen Wachmänner erhielten eine militärische Grund- und Waffenausbildung, mussten die deutsche Kommandosprache und das Singen deutscher Lieder erlernen. Die Ausbildung war »sehr hart«. Die Kriegsgefangenen wurden scharf gedrillt und mit Ochsenziemern geschlagen.145 Während ihrer Ausbildung waren die Trawniki-Männer mit sowjetischen Beutegewehren und einer begrenzten Anzahl Patronen bewaffnet, die sie bei Dienstschluss abliefern mussten. Bei auswärtigen Einsätzen verteilte man Karabiner und sogar automatische Waffen und gab den Trawniki-Männern ausreichend Beutemunition mit146, aber auch dort mussten sie zumindest ihre Patronen nach Dienstschluss abliefern.147

Die Ausbildung der Trawniki-Männer umfasste auch »politische[n] Unterricht«. Ein ehemaliger Wachmann berichtete wie folgt über den Lehrstoff:

»Wir lernten alle Waffenarten, beschäftigten uns täglich mit dem Exerzieren, lernten die Lieder in der deutschen Sprache […], hauptsächlich lernten wir den Begleit- und Wachdienst. Die deutsche Leitung räumte dafür eine hohe Anzahl an Stunden ein. Damals wurde uns gesagt, dass wir nach Beendigung der Ausbildung als Wachmänner in den Lagern arbeiten sollten. Abgesehen von den angegebenen Fächern wurden uns die Vorlesungen über das arische Volk vorgetragen und der Lebenslauf von Hitler erzählt, es wurden die Juden und Zigeuner verleumdet, indem gesagt wurde, die beiden Nationalitäten seien die Schmarotzer, sie möchten keine körperliche Arbeit verrichten, sondern nur Handel betreiben und sich mit Schieberei beschäftigen und insbesondere die Juden würden die Deutschen, die höhere Rasse, anschwärzen und dabei deren Ansehen schädigen. Zum Schluss sagte der Vorleser immer, man solle die Juden hassen.«148

Die antisemitische und antiziganistische Indoktrination der Rekruten wurde spätetens ab Anfang 1942 durch praktische Übungen flankiert: Sie führten Razzien durch, in den Worten ehemaliger Wachmänner: »Methoden der Strafkommandos«, »die Regeln des Geleitschutzes«, die »Bewachung der Juden« und die Methode, »wie man Streifzüge in den Wohnorten, Festnahmen und Durchsuchungen durchführt.«149 Gelegenheit zur Anwendung des Gelernten erhielten die Rekruten im »Kommando Lublin«, das zunächst von Johannes Schwarzenbacher, später von dem Schutzpolizisten Karl Basener geführt wurde.150 Schwarzenbacher stellte im Juni 1943 ein ähnliches Kommando im Zwangsarbeitslager Poniatowa auf, wo nach dem Warschauer Ghettoaufstand überlebende Juden inhaftiert wurden. Kommandant dieses Lagers war der ehemalige Kriminalpolizist, SS-Obersturmführer und Gewaltmensch Gottlieb Hering, der zuvor das Vernichtungslager Bełżec geleitet hatte.151

Trawniki-Rekruten wurde in unregelmäßigen Abständen sogar die Erschießung von Juden zu Übungszwecken zur Aufgabe gemacht.152 Ivan Volosgin sagte dazu aus:

»Während der Ausbildung hatten die SS-Männer [Trawniki-Männer] praktischen Unterricht im Töten von Menschen. Dazu wurden in das Lager nach Trawniki Juden gebracht, die von den Auszubildenden während ihrer praktischen Schießübungen erschossen wurden.«153

Aleksander Moskalenko gab 1947 zu Protokoll:

»Es gab neben der Trawniki-Schule ein Ghetto-Lager. Die Wachmänner brachten Juden aus anderen Lagern zu diesem Lager unter dem Vorwand, dass sie zur Arbeitsleistung benötigt würden. […] Später wurden sie im Zuge des ›praktischen Unterrichts‹ [practical training] erschossen. Der ›praktische Unterricht‹ wurde in der folgenden Weise durchgeführt – eine Kompanie Wachmänner ging von der Schule [dem Ausbildungslager] zu einem Graben. Man brachte eine Gruppe von fünf bis vierzehn Juden dorthin. Die Letztgenannten wurden mit dem Gesicht zum Graben und dem Rücken zu uns aufgereiht. Anschließend rief der Kompaniechef Wachmänner aus der [Trawniki-] Gruppe auf, deren Anzahl derjenigen der Juden entsprach. […] Danach verteilte er Kugeln, eine für jeden Wachmann – und zwang sie, die Juden vor dem Rest der Kompanie zu erschießen. Während meiner Ausbildungszeit wurden ungefähr fünfzig Leute von den Wachmännern meiner Kompanie hingerichtet, und ich erschoss einen Juden während des ›praktischen Unterrichts.‹«154

Solche makabren Schulungen fanden nicht immer nahe beim Lager Trawniki statt. Einer der Ausbilder, Jakob Reimer, soll etwa dreißig jüdische Männer, Frauen und Kinder während der Lubliner Ghettoräumung in einem Wald außerhalb der Stadt eigenhändig erschossen haben – um seine Untergebenen im Morden zu schulen.155

Das Fußvolk der

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