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Es war mitten in der Nacht, als Lucie aufwachte. Etwas hatte sie in ihrem Schlaf heimgesucht. Ein Geräusch, ein Blick, ein böser Gedanke … Mit pochendem Herzen sah sie sich um.

Sie saß auf ihrer Schlafmatte, die braune Wolldecke bis zu den Schultern hochgezogen. Ein Traum! Es war nur ein Traum gewesen. Aber was für einer.

Irgendetwas war hinter ihr her gewesen. Etwas mit scharfen Klauen und noch schärferen Zähnen. In seinen Augen hatte ein böses Funkeln gelegen. Lucie hatte versucht zu entfliehen, aber sie war einfach nicht vom Fleck gekommen. Als wäre sie über weichen Sand gelaufen und permanent eingesunken. Ekelhaft!

Und das Ding war nicht alleine gewesen. Sie erinnerte sich an mindestens vier oder fünf dieser bedrohlichen Wesen, die sie unbarmherzig eingekreist und ihr den Fluchtweg abgeschnitten hatten. Gerade in dem Moment, als die Angreifer nahe genug herangekommen waren, um sie zu erkennen, war sie erwacht. Langsam beruhigte sie sich wieder, doch an weiterschlafen war nicht zu denken.

Der Vollmond schien durch die übergroße Fensterfront und spann ein silbernes Netz aus Licht auf dem Boden. Wie üblich hatte der Regen sich verzogen und war einer herrlichen Nacht gewichen.

Nicht weit von ihr entfernt lag Jem auf dem Rücken. Leises Schnarchen drang aus seinem Mund. Er sah so friedlich aus, dass Lucie es nicht übers Herz brachte, ihn zu wecken. Sie schaute auf ihre Uhr.

Halb drei.

Vielleicht würde sie ja wieder einschlafen, wenn sie sich ein bisschen die Beine vertrat. Das wirkte oft Wunder bei ihr.

Rasch streifte sie die Decke zur Seite, schlüpfte in die Schuhe und stand auf. Auf Zehenspitzen schlich sie an dem überwucherten Springbrunnen vorbei in Richtung Haupteingang. Der Vollmond übte eine magische Anziehungskraft auf sie aus. Sie wollte sehen, wie die Welt im Schein der Nacht aussah.

Sie spürte, wie ihre Nerven vor Aufregung förmlich summten – wie die zu straff gespannten Saiten einer Geige.

Das Rollfeld wirkte wie mit Chrom übergossen. Wann hatte sie jemals eine solche Mondnacht erlebt?

Ohne groß nachzudenken, drückte sie den Riegel nach unten und verließ das Gebäude.

Ein kühler, feuchter Windhauch schlug ihr entgegen.

Diese Nacht war von einem Zauber erfüllt, den man erst spüren konnte, wenn man wirklich draußen war. Die Wolken hatten sich fast vollständig verzogen und ein überwältigender Sternenhimmel spannte sich über das Firmament. Lucie hatte das Gefühl, tiefer ins Universum blicken zu können als jemals zuvor. Sie war so fasziniert, dass sie die Bewegung drüben am Rollfeld erst nach einer Weile bemerkte.

Zuerst dachte sie, es wäre der Wind in den Büschen, doch dann sah sie, dass dort etwas stand und sie beobachtete.

Sie kniff die Augen zusammen.

Das Ding mochte hundert oder hundertfünfzig Meter entfernt sein und befand sich an einer Stelle, die dicht bewachsen war. Die Bäume und Büsche kamen dort besonders nah an das Flughafengelände heran. Sie glaubte, eine dunkelrote Aura zu spüren, fast schon auf dem Weg zum Violetten. Ein dunkler Schatten vor einem noch dunkleren Hintergrund.

Jetzt bewegte er sich wieder.

Sie hielt den Atem an.

»He, Lucie.«

Um ein Haar hätte sie laut aufgeschrien. Wie aus dem Nichts war Jem neben ihr aufgetaucht. Wie hatte er sich nur so lautlos nähern können?

»Mann, hast du mich erschreckt«, stöhnte sie. »Willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?«

»Ich bin wach geworden, als du aufgestanden bist«, sagte er. »Was gibt es denn da zu sehen?«

»Sssch.« Sie legte den Finger auf ihre Lippen und deutete auf die andere Seite des Rollfeldes. »Siehst du das?«

Das Ding hatte sich in Bewegung gesetzt. Es lief von links nach rechts und wieder zurück, ohne dabei jemals den Schutz der Dunkelheit zu verlassen.

»Ist das ein Hund?« Jem starrte angestrengt in die Dunkelheit. Lucie war beeindruckt. »Du hast ziemlich gute Augen«, flüsterte sie. »Sieht tatsächlich aus wie ein Hund. Ein ziemlich großer. Ich habe das Gefühl, er beobachtet uns.«

»Das Gefühl habe ich auch«, sagte Jem. »Abgesehen davon, ist er nicht allein.«

»Was?«

Er deutete nach links und rechts. »Dort und dort, siehst du? Sie stehen vor dem dichten Blattwerk.«

Lucie war wie versteinert. Schlagartig fiel ihr der Traum wieder ein. Mein Gott! Das war es, was sie verfolgt hatte. »Wölfe«, flüsterte sie.

»Glaubst du?«

Sie bekam eine Gänsehaut. Wie konnte es sein, dass ihr Traum plötzlich Realität wurde? »Ich bin mir fast sicher«, sagte sie. »Die Art, wie sie sich bewegen. Siehst du, wie ihre Augen im Mondlicht schimmern? Und diese spitzen Ohren. Es können nur Wölfe sein.«

Jem schwieg.

»Vermutlich sind sie auf der Jagd.« Lucie ergriff seine Hand. Seine Haut fühlte sich warm und trocken an. Beruhigend.

»Wir gehen jetzt lieber zurück«, stammelte sie. »Rein ins Gebäude, da sind wir sicher.«

»Ich glaube nicht, dass uns gerade Gefahr droht«, flüsterte Jem. »Sie beobachten uns nur.«

»Trotzdem. Ich würde es lieber nicht darauf ankommen lassen.«

»Na gut, verdrücken wir uns.« Doch anstatt ihr zu folgen, ließ Jem ihre Hand los und blieb stehen. »Warte kurz.«

»Was ist denn?«

Er beschirmte seine Augen vor dem hellen Mondlicht und starrte angestrengt in die Nacht. »Ich bin mir nicht ganz sicher …«

»Bitte komm«, flehte sie.

»Da ist noch etwas anderes«, stieß er aus. »Hinter den Wölfen, in den Bäumen.«

»In den Bäumen?« Sie reckte den Hals und kniff die Augen zusammen, konnte aber nichts erkennen. Was meinte er? Da war doch nichts. Nur diese Wölfe. Und die schienen jetzt langsam näher zu kommen.

»Mir reicht’s jetzt, ich gehe«, sagte sie bestimmt. »Wenn du unbedingt willst, bleib hier, aber ich bin jetzt weg.«

»Na gut, lass uns gehen. Aber wir sollten den Vorfall morgen unbedingt melden.«

»Muss das sein?«

»Die Leute müssen doch wissen, dass sich hier Wölfe herumtreiben! Immerhin sind auch kleine Kinder dabei.«

Im Moment war ihr alles egal. Hauptsache, sie durfte wieder rein. Sie seufzte. »Also schön. Versuchen wir, noch ein bisschen Schlaf zu bekommen. Obwohl ich nicht glaube, dass ich heute Nacht noch ein Auge zubekommen werde.«

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