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4. Korruptionsbekämpfungsstellen

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Das GMG hat mit § 81a SGB V den KV einschließlich der KBV ein weiteres obrigkeitliches Überwachungsinstrument beschert.[22] Danach mussten, als verselbstständigte organisatorische Einheiten,[23] sogenannte Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen eingerichtet werden. Diese haben die Aufgabe, entsprechenden Hinweisen auf Fälle und Sachverhalte, die auf Unregelmäßigkeiten, rechtswidrige oder zweckwidrige Nutzung von Finanzmitteln im Zusammenhang mit den Aufgaben der jeweiligen KV hindeuten, nachzugehen.[24] Zu diesem Zweck sieht § 81a Abs. 2 SGB V ein anonymes Denunziationsrecht für jedermann vor. Der Vorstand der KV hat der Vertreterversammlung nach § 81a Abs. 5 SGB V alle zwei Jahre einen Bericht über die Arbeit und Ergebnisse der organisatorischen Einheiten vorzulegen. Gem. § 81a Abs. 6 SGB V hat die KBV in „Bestimmungen“ die geforderten organisatorischen Vorgaben festzulegen.[25] Diese Bestimmungen gehen inhaltlich kaum über die Regelungen des § 81a Abs. 1 bis 5 SGB V hinaus, was die Frage nach deren Sinn aufwirft.

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Ein Fremdkörper im Gesetz ist die in § 81a Abs. 4 SGB V angeordnete Pflicht, die Staatsanwaltschaft unverzüglich vom Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung mit nicht nur geringfügiger Bedeutung für die gesetzliche Krankenversicherung zu unterrichten.[26] Kommen die KV dieser Aufgabe nicht nach, droht laut Gesetzesbegründung eine Verurteilung wegen Strafvereitelung nach § 258 StGB.[27] Der Tatbestand der Vorschrift besteht überwiegend aus unbestimmten Rechtsbegriffen, was zu zahlreichen ungelösten Rechtsfragen führt.[28] In der Regel sind die Korruptionsbekämpfungsstellen nicht in der Lage, einen Anfangsverdacht auf eine strafbare Handlung zu prüfen. Dazu fehlt in der Praxis neben dem Ermittlungsinstrumentarium auch die Erfahrung im Umgang mit dem Strafrecht. Der Gesetzgeber hat aus gutem Grunde die Prüfung eines Anfangsverdachts auf strafbare Handlungen in § 160 StPO grundsätzlich den Staatsanwaltschaften zugewiesen, wo diese Zuständigkeit auch bleiben muss.

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Die rechtspolitisch fragwürdige Vorschrift beinhaltet die Gefahr der Kriminalisierung eines ganzen Berufsstandes und birgt für die Praxis erhebliche Unwägbarkeiten.[29] Zunächst bedürfen die Tatbestandsmerkmale der Unverzüglichkeit und der nicht nur geringfügigen Bedeutung für die GKV einer Auslegung, welche aus rechtsstaatlichen Gründen eigentlich einschränkend restriktiv sein müsste, aber wegen der Gefahr des Vorwurfs einer Strafvereitelung tatsächlich extensiv sein wird.[30]

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Praxishinweis

Bei strafrechtlicher Relevanz des Verhaltens eines Vertragsarztes ist mit einer Strafanzeige zu rechnen. Die Akten der „§ 81a-Stelle“ werden gewöhnlich außerhalb der Akten der sonstigen Verwaltungsverfahren geführt. Die Einsicht der Akten z.B. der Prüfabteilung nach § 106d SGB V, lässt daher nicht unbedingt erkennen, ob diese Stelle eingeschaltet ist. Zusätzlich ist auch mit Strafanzeigen seitens der Krankenkassen zu rechnen. Ein Indiz ist die Durchführung einer Patientenbefragung durch eine Krankenkasse, die meist im Praxisbetrieb auffällt. Jede weitere Einlassung des Arztes im laufenden Verwaltungsverfahren wird Eingang in das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren finden. Das muss hinsichtlich einer möglichen Verteidigungsstrategie bedacht werden. Ein Recht zum Schweigen besteht im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Im Verwaltungsverfahren bestehen Mitwirkungspflichten. Daher ist Schweigen regelmäßig ein Nachteil.

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