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5. Kapitel Infektionsschutzrecht › VI. Entschädigung

VI. Entschädigung

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Die zentrale Entschädigungsnorm ist § 56 IfSG .[1] Sie gilt für Arbeitnehmer, Selbstständige und Betriebe. Voraussetzung ist, dass der Betroffene als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern gem. § 31 S. 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt und dadurch einen Verdienstausfall erleidet.[2] Keinen Anspruch hat, wer sich „freiwillig“ in häusliche Quarantäne begibt. Keinen Anspruch hat auch derjenige, der die behördliche Maßnahme durch eine Schutzimpfung (z.B. Masern) oder andere empfohlene Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe hätte vermeiden können. Die zeitliche Dauer des Entschädigungsanspruchs richtet sich nach § 56 Abs. 2 IfSG, die Höhe nach § 56 Abs. 3 IfSG. Die Auszahlung erfolgt über den Arbeitgeber, der seinerseits dann den Erstattungsanspruch geltend machen kann. Bei Selbstständigen richtet sich die Höhe nach einem Zwölftel des angemeldeten Vorjahreseinkommens aus beruflicher Tätigkeit pro Monat (§ 56 Abs. 3 S. 4 IfSG). Unterstützungsansprüche bei Existenzgefährdung für Betriebe und Praxen von Selbstständigen richten sich nach § 56 Abs. 4 IfSG. Nach h.M. sind die Entschädigungsregelungen im IfSG abschließend.[3] Sie entfalten gegenüber anderen Ansprüchen z.B. aus enteignendem oder enteignungsgleichen Eingriffen eine Sperrwirkung. Ausgenommen hiervon sind Ansprüche wegen Amtshaftung.

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Entschädigungspflichtig ist grundsätzlich das (Bundes-)Land, in dessen Bereich die Anordnung erfolgte; in Fällen § 34 Abs. 1–3 und § 42 IfSG hiervon abweichend allerdings das Land, in dem die untersagte Tätigkeit ausgeübt wurde (§ 66 Abs. 1 S. 1 2. Hs. IfSG). Diese Unterscheidung ist weitgehend unbekannt und kann zum Anspruchsverlust führen, wenn z.B. die Anmeldefrist deshalb verpasst wird. Diese Anmeldefrist betrug für Erstattungsansprüche des Arbeitgebers (§ 56 Abs. 5 IfSG) drei Monate nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder Beendigung der Absonderung (§ 56 Abs. 11 IfSG). Durch das zweite Pandemiegesetz v. 14.5.2020 wurde diese Frist auf zwölf Monate verlängert. Hinsichtlich der Verjährung enthält das IfSG keine eigenen Regelungen, so dass nach Auffassung des BVerwG auf die Vorschriften des BGB verwiesen wird,[4] Daneben können landesrechtliche Regelungen eine Rolle spielen.[5] Ein Problem bestand bisher für diejenigen Eltern oder Alleinerziehenden, die für die Kinderbetreuung zuhause bleiben mussten und deshalb jenseits der hierfür zur Verfügung stehenden fünf Arbeitstage mit Verdienstausfällen rechnen mussten. Deshalb wurde § 56 IfSG am 27.3.2020 um einen neuen Abs. 1 Buchst. a ergänzt:

1Werden Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten auf Grund dieses Gesetzes vorübergehend geschlossen oder deren Betreten untersagt und müssen erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind, in diesem Zeitraum die Kinder selbst betreuen, weil sie keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sicherstellen können, und erleiden sie dadurch einen Verdienstausfall, erhalten sie eine Entschädigung in Geld. 2Anspruchsberechtigte haben gegenüber der zuständigen Behörde, auf Verlangen des Arbeitgebers auch diesem gegenüber, darzulegen, dass sie in diesem Zeitraum keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherstellen können. 3Ein Anspruch besteht nicht, soweit eine Schließung ohnehin wegen der Schulferien erfolgen würde. 4Im Fall, dass das Kind in Vollzeitpflege nach § 33 des Achten Buches Sozialgesetzbuch in den Haushalt aufgenommen wurde, steht der Anspruch auf Entschädigung anstelle der Sorgeberechtigten den Pflegeeltern zu.“

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Diese Regelung gilt zunächst vom 30.3.2020 bis zum 31.12.2020. Der Anspruch ist auf die Dauer von sechs Wochen befristet und der Höhe nach auf 67 % des Verdienstausfalls beschränkt und auf maximal 2016 € monatlich gedeckelt. Gem. § 56 Abs. 3 S. 4 IfSG gilt der Anspruch auch für Selbstständige.

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Die §§ 60, 61 IfSG enthalten gesonderte Entschädigungsregelungen für solche Personen, die durch öffentlich empfohlene oder gesetzlich angeordnete Schutzimpfungen oder Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe, eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Die Höhe der Ansprüche richtet sich nach den Regeln des Bundesversorgungsgesetzes. Gem. § 61 IfSG genügt zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schutzimpfung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Dies ist eine deutliche Beweiserleichterung. Die Impfkomplikation und auch der Impfschaden selbst unterliegen allerdings nach wie vor dem Vollbeweis (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit).[6]

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