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K. Spezielle Optionsvarianten

I. Merkmale und Arten

Die Grundformen der Derivate sind in den Jahren vor der Finanzkrise um spezielle Optionsvarianten ergänzt worden, die mit anderen Finanzinstrumenten kombiniert werden können. Wenn solche Optionen in die bisher beschriebenen Finanzinstrumente hineinstrukturiert werden, erhalten diese dadurch ein mehr oder minder stark ausgeprägtes asymmetrisches Risikoprofil. An dieser Stelle soll ein knapper Überblick über Optionsprodukte zur Zinsbegrenzung und exotische Optionen gegeben werden, die jeweils eine möglichst passgenaue Anpassung an Marktschwankungen erlauben.

1. Zinsbegrenzungsprodukte

Zinsbegrenzungsprodukte sind eine besonders variantenreiche Gruppe von Derivaten. In der Grundform wird ein optional ausgestaltetes Zinsderivat mit einem anderen Finanzinstrument verbunden, um entstehende Zahlungspflichten durch einen Höchst- bzw. Mindestbetrag zu begrenzen (cap bzw. floor). Eine solche Verbindung liegt z.B. vor, wenn bei Anleihen mit variabler Verzinsung (Floating Rate Notes – FRN) eine Maximalverzinsung vereinbart wird. Die Umsetzung der Vereinbarung erfolgt durch eine vertragliche Ausgleichsverpflichtung. Der Verkäufer (Überschusszahler) übernimmt bei einem cap gegen Prämienzahlung die Pflicht, an den Käufer einen betragsmäßig nicht vorab fixierten Ausgleichsbetrag zu zahlen, falls der Referenzzinssatz (Basissatz) am Ende des jeweiligen Berechnungszeitraums oberhalb eines vertraglich festgelegten Höchstsatzes (cap rate) liegt. Dagegen entsteht die Zahlungspflicht bei einem floor, wenn der Referenzzinssatz unterhalb eines vertraglich festgelegten Mindestsatzes (floor rate) liegt.393 Ein cap bzw. floor kann isoliert gehandelt werden. Die zuletzt genannten Produkte können als eigenständige Abrede zur Risikoübernahme sogar ohne vorherige Anleiheemission vereinbart werden.394 Zinscaps und -floors werden im Rahmen von Zinsspannenstrategien (Spread-Strategien) wie z.B. dem corridor oder dem collar miteinander kombiniert.395 Bei einem corridor kauft der Erwerber einen cap mit einem vereinbarten Höchstsatz und verkauft gleichzeitig einen auf den gleichen Referenzbetrag lautenden cap mit höherem Höchstsatz (sog. Passivsatz). Eine entsprechende Gestaltung ist es, wenn der Erwerber einen floor mit einem vereinbarten Mindestsatz kauft und gleichzeitig einen auf den gleichen Bezugsbetrag lautenden floor mit niedrigerem Mindestsatz verkauft (sog. Aktivsatz).396 Ein collar ist dagegen ein Kombinationsprodukt, das sich aus einem gekauften cap und einem verkauften floor (passiver collar) oder einem gekauften floor und einem verkauften cap (aktiver collar) zusammensetzt, wobei auch hier der Referenzbetrag jeweils identisch ist.397 Beim corridor reduziert der Verkauf der zweiten (billigeren) Option die vom Käufer des corridors aufzuwendende Prämie, während er beim collar der Teilfinanzierung der für den Erwerb des gegenläufigen Zinsbegrenzungsgeschäfts aufzuwendenden Prämie dient.398 Bei einem so genannten participating cap bzw. floor handelt es sich um entsprechende Geschäfte mit unterschiedlichen Referenzbeträgen.399

2. Exotische Optionen

Eine weitere große Gruppe von Derivaten bilden die so genannten „exotischen Optionen“. Der Begriff „exotische Optionen“ bezeichnet Instrumente, die von einem Standard-Derivat abweichen (z.B. weil sie Simulationen erfordern).400 Die Parteien vereinbaren also, dass das Optionsrecht nur dann (knock-in) oder nicht mehr (knock-out) ausgeübt werden kann, wenn der Kurs des Referenzwerts ein bestimmtes Kassenniveau (barrier knock-in/knock-out level; in- bzw. outstrike) erreicht oder unter- bzw. überschreitet. Eine Variante ist der so genannte fade-in, wobei die Überschreitung einer relevanten Kursgröße zur Änderung des geschuldeten Betrags bis zu einem Maximalbetrag führt.401

Bei einer digitalen Devisen-/Zinsoption (digital/binary option räumt der Optionsverkäufer dem Käufer gegen eine Prämie einen Anspruch auf Zahlung eines festen Geldbetrags ein für den Fall, dass der Kurs des Referenzwerts einen vereinbarten Basispreis erreicht/überschreitet (digitaler call) bzw. erreicht/unterschreitet (digitaler put). In der Knock-out-Variante kann auch eine Spanne (range) vereinbart werden, d.h. der Referenzwert muss innerhalb bestimmter Schwellen notieren.402 Davon abgesehen wird eine Vielzahl weiterer exotischer Optionen unterschieden, bei denen qualifizierte Bedingungen für die Ausübung des Optionsrechts bestehen, bei denen der Optionskäufer die Art oder die Ausgestaltung des Optionsrechts bei der Ausübung wählen oder den Umfang des aus der Option folgenden Anspruchs bestimmen kann. Andere exotische Optionen gestatten eine Änderung des Referenzwertes oder der Berechnung der Optionsprämie.403 Bei so genannten Basketoptionen ist die Auszahlung vom Wert eines Portfolios von zwei oder mehr Vermögenswerten abhängig.404 Performanceoptionen beziehen sich auf mehr als einen Referenzwert, indem sie z.B. den Austausch des Referenzwerts auf Basis einer Entscheidung des Optionskäufers erlauben.405

Der Referenzwert kann schließlich auch selbst eine Option sein (Compound-Option).406 Insofern sind vier Kombinationen möglich (call auf call, call auf put usw.). Solche Optionen sind durch zwei Referenzpreise und zwei Ausübungstermine gekennzeichnet. Dennoch handelt es sich dabei um ein einheitliches Finanzinstrument.

II. Wirtschaftliche Funktionen

Zinsbegrenzungsprodukte dienen entweder der Absicherung gegen Zinsänderungsrisiken oder auch der Erwirtschaftung von Zinsgewinnen. Das zugrunde liegende Geschäft muss kein Handelsgeschäft sein. Exotische Optionen werden ebenfalls zur Zinsbegrenzung sowie zu beliebigen anderen Zwecken im Rahmen optionsbasierter Handelsstrategien eingesetzt. Daneben können derartige Optionen mit handelbaren Finanzinstrumenten verbunden werden.407

III. Risiken beim Einsatz

Die Risikoeinschätzung ist bei Zinsbegrenzungsgeschäften und Transaktionen mit exotischen Optionen im Grundsatz ähnlich wie beim Einsatz von Standardoptionen. Eine Herausforderung stellt im bilateralen Verhältnis die Risikobewertung dar. Denn der Verkäufer muss hier nicht nur die Möglichkeit berücksichtigen, dass die Option ausgeübt oder eben nicht ausgeübt wird (asymmetrisches Risikoprofil). Daneben muss er gegebenenfalls auch Marktveränderungen berücksichtigen, die Einfluss auf die optional eingeräumten Ansprüche haben. Dem steht für den Käufer der Vorteil gegenüber, durch den hintereinander geschalteten Einsatz solcher Instrumente Marktpreisschwankungen berücksichtigen und hieraus folgende Absicherungsmöglichkeiten bzw. Kurschancen nutzen zu können (dynamisches hedging).408 Ein erhöhtes Risiko kann mit exotischen Optionen einhergehen, die in Fremdkapitalprodukte hineinstrukturiert sind, sodass sich für den Investor, abhängig von den Ausübungsbedingungen, die Möglichkeit des Verlusts seines Anlagebetrags eröffnet. Dies ist bei bestimmten strukturierten Anleihen der Fall, die in Abschnitt L (S. 122) näher betrachtet werden (sog. Zertifikaten).409

Ein signifikanter Beitrag der genannten Instrumente zur Erhöhung makroökonomischer Risiken (z.B. durch Risikoexternalisierung) wird üblicherweise nicht diskutiert. Dies mag sich bei Zinsbegrenzungsgeschäften daraus erklären, dass der Optionskäufer typischerweise ein eng definiertes Interesse zur Absicherung gegen Kursschwankungen verfolgt. Exotische Optionen sind dagegen oft Teil komplexerer Finanzprodukte, deren Risiko sich durch die Option durchaus erhöhen kann.

393 Clouth (Fn. 98), S. 50. 394 Henssler (Fn. 58), S. 630. 395 Diese Strategien gelten zumindest nach dem U.S.-Recht ebenfalls als Finanzinstrumente (swaps); siehe § 1a des Commodity Exchange Act (7 U.S.C. § 1a(47)(A)); § 2(a)(17) des Securities Act (15 U.S.C. § 77b(a)(17)); § 3(a)(68)-(69) des Securities Exchange Act (15 U.S.C. § 78c(a)(68)-(69)). Die Definitionen des Finanzinstruments im EU-Recht sind insofern offen; siehe z.B. Anhang I Abschn. C der RL 2014/65/EU; Anhang I Abschn. C der Richtlinie 2004/39/EG. 396 Clouth (Fn. 98), S. 57. 397 Clouth (Fn. 98), S. 58. 398 Clouth (Fn. 98), S. 57f. 399 Clouth (Fn. 98), S. 59. 400 Monopolkommission, XX. Hauptgutachten (Fn. 64), Tz. 1428 m. Fn. 124. 401 Clouth (Fn. 98), S. 62, 67. 402 Clouth (Fn. 98), S. 69. 403 Auer/Schuster, Wi. S.t 2013, 497 (498ff.). 404 Auer/Schuster, Wi. S.t 2013, 497 (500). 405 Auer/Schuster, Wi. S.t 2013, 497 (500). 406 Auer/Schuster, Wi. S.t 2013, 497 (498). 407 Siehe nachfolgend Abschn. L.I.2 (S. 123) zu Zertifikaten. 408 Sernetz (Fn. 8), S. 96; Clouth (Fn. 98), S. 111 (mit Beispiel); siehe auch unten Abschn. P (S. 156) mit einem eigenen Beispiel für ein dynamisches hedging. Der Begriff ist hier übrigens nicht mit dem „dynamischen Hedging“ im bilanzrechtlichen Sinne gleichzusetzen; dazu unten Kap. 6.B.II.2.b) (S. 787). 409 Siehe insb. Abschn. L.I.2, II und III.1 (S. 123ff.).

Die Regulierung innovativer Finanzinstrumente

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